So will der Bundesrat die Kosten im Asylbereich senken
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Politik
Schweiz

So will der Bundesrat die Kosten im Asylbereich senken

08.05.2024 14:01 - update 08.05.2024 17:06

Baseljetzt

Mit einer stärkeren Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten sowie einer schnelleren Behandlung von Asylgesuchen will der Bundesrat bis Ende 2028 rund 700 Millionen Franken einsparen.

Die wichtigsten Fragen und Antworten dazu:

Wie haben sich die Kosten im Asylwesen entwickelt?

Die Ausgaben im Asylbereich sind in den vergangenen Jahren gestiegen. Auch in den nächsten Jahren sind laut dem Bundesrat höhere Ausgaben zu erwarten, insbesondere im Sozialhilfe- und Integrationsbereich. Die Zahl der Asyl- und Schutzgesuche dürfte aufgrund der vielen weltweiten Krisenherde weiter zunehmen.

Wie soll das Kostenwachstum eingedämmt werden?

Damit die Kosten nicht aus dem Ruder laufen, hat der Bundesrat ein Massnahmenpaket verabschiedet. Netto 54 Millionen Franken will der Bundesrat bis Ende 2026 mit dem schnelleren Abbau von Asylgesuchen einsparen. Das Ziel sei es, die Zahl der erstinstanzlich pendenten Asylgesuche von rund 14’000 auf 5800 bis Ende 2026 zu reduzieren. Dafür hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) laut dem Bundesrat im laufenden Jahr sechzig neue Vollzeitstellen geschaffen.

Wo liegt das grösste Sparpotenzial?

Substanzielle Einsparungen erwartet der Bundesrat von der verstärkten Arbeitsintegration – insbesondere von Personen mit Schutzstatus S. Er rechnet mit Minderausgaben von insgesamt rund 650 Millionen Franken bis 2028, indem die Erwerbsquote bei Schutzsuchenden aus der Ukraine gesteigert wird und so die Sozialhilfeausgaben gesenkt werden.

Wie viele Ukraine-Geflüchtete arbeiten heute in der Schweiz?

Fast 65’000 Menschen mit Status S leben in der Schweiz, rund 40’000 davon sind im arbeitsfähigen Alter. Heute beträgt die Erwerbsquote 24 Prozent. Ohne Massnahmen rechnet das SEM mit einer Erhöhung der Quote auf 32 Prozent bis Ende Jahr. Das Ziel ist jedoch eine Erwerbsquote von 40 Prozent.

Wie soll die Erwerbsquote gesteigert werden?

Um das ambitionierte Ziel doch noch zu erreichen, setzt der Bund auf die Zusammenarbeit mit den Kantonen, Gemeinden, Sozialpartnern und den Geflüchteten selbst. Kurz gesagt geht es darum, die Integrationshilfe auszubauen und die existierenden kantonalen Integrationsprogramme umzusetzen.

Wer ist gefordert?

Justizminister Beat Jans nahm verschiedene Akteure in die Pflicht. Beispielsweise appellierte er an die Unternehmen, das inländische Arbeitskräftepotenzial zu nutzen: «Ich erwarte, dass Chefs und Personalverantwortliche sich hier umsehen, bevor sie Leute aus dem Ausland holen.» An die Adresse der Ukraine-Geflüchteten sagte er: «Suchen Sie sich einen Job, auch wenn die Arbeit nicht Ihren Wunschvorstellungen entspricht.» Arbeit bedeute, dass man dazugehöre. Die Kantone sollen laut Jans ihrerseits dafür sorgen, dass genügend Möglichkeiten für Sprachkurse und Kinderbetreuungsangebote bestehen.

Welche Schritte werden umgesetzt?

Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) hat einen Beauftragten für Arbeitsmarktintegration ernannt mit dem Auftrag, Unternehmen für die berufliche Integration von Personen mit Schutzstatus S zu gewinnen. Zudem will der Bundesrat die Anerkennung von Qualifikationen vereinfachen und die Vermittlung durch die Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) verbessern. Heute ist nur ein kleiner Teil der Personen mit Schutzstatus S bei den RAV gemeldet. Künftig sollen Asylsozialhilfe und Integrationsförderung sowie die öffentliche Arbeitsvermittlung enger zusammenarbeiten. Weiter ist für den 20. Juni 2024 eine nationale Impulstagung geplant, um die Akteure für die Arbeitsmarktintegration zu sensibilisieren. Schliesslich sollen Unternehmen im Lauf des Jahres Zugang zu einer von der ETH Zürich und der Universität Lausanne betriebenen Stellenplattform erhalten, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Geflüchteten ausgerichtet ist.

Welche weiteren Massnahmen plant der Bundesrat?

Das EJPD prüft, ob kantonale Sozialhilfebehörden künftig gesetzlich verpflichtet werden sollen, arbeitsmarktfähige Personen mit Schutzstatus S bei der öffentlichen Arbeitsvermittlung zu melden. Auch soll geprüft werden, ob arbeitstätigen Personen nach Beendigung des Schutzstatus S längere Ausreisefristen gewährt werden sollen.

Wie sieht der Fahrplan aus?

Das EJPD legt dem Bundesrat bis Herbst 2024 einen Antrag über das weitere Vorgehen vor. Für 2025 sieht der Bundesrat eine weitere Steigerung der Erwerbsquote auf 45 Prozent vor. Das EJPD prüft bis Ende Mai 2025 Anpassungen am Programm S, um den finanziellen Anreiz für die Kantone zu erhöhen, diese Zielvorgabe zu erreichen.

Was sagen die Kantone dazu?

Der Berner Regierungsrat und Wirtschaftsdirektor Christoph Ammann hielt im Namen der Kantone fest, dass diese sich weiterhin für eine bessere Integration von Geflüchteten einsetzen würden. «Der Bundesrat wünscht sich ein Jobwunder – wir beten nicht, sondern arbeiten daran.» Die staatliche Förderung laufe jedoch ins Leere, wenn sich die Geflüchtete selber nicht engagierten. Kritisch äusserte sich Ammann über den Prüfauftrag des Bundesrats, künftig weniger vorbildlichen Kantonen einen Teil der Integrationsgelder zu streichen.

Bis wann bleibt der Status S in Kraft?

Der Status S zuerkannt wird Geflüchteten aus der Ukraine und deren engen Angehörigen. Er gewährt ihnen ohne Durchführung eines Asylverfahrens ein Aufenthaltsrecht. Erwachsene dürfen sofort eine Erwerbsarbeit aufnehmen. Im vergangenen November hatte der Bundesrat entschieden, den Status S nicht vor dem 4. März 2025 aufzuheben. Bis im Herbst werden Erkenntnisse einer Arbeitsgruppe vorliegen, die Anpassungen beim Schutzstatus S diskutiert. Der Bundesrat wird anschliessend darüber befinden. (sda/lab)

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09.05.2024 11:40

mil1977

Pushbacks, Pushbacks und nochmals Pushbacks. Das ist inzwischen schiere Notwehr in Europa, USA und sogar aktuell in Ägypten.

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