160’000 demonstrieren in Tel Aviv gegen Justizreform
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Israel
International

160’000 demonstrieren in Tel Aviv gegen Justizreform

04.03.2023 20:35 - update 05.03.2023 08:44

Baseljetzt

In Israel gab es auch am Samstag wieder grosse Proteste gegen die umstrittene Justizreform. In Tel Aviv wurde eine zentrale Verbindungsstrasse blockiert.

Die heftigen Proteste in Israel gegen die umstrittene Justizreform gehen weiter. Zehntausende von Menschen sind in mehreren Städten Israels als Protest gegen die umstrittene Justizreform auf die Strasse gegangen.

160'000 demonstrieren in Tel Aviv gegen Justizreform
Tausende sind am Samstag in Israel auf die Strassen gegangen.Bild: Keystone

In der Küstenmetropole Tel Aviv kam es den neunten Samstagabend zu einer Grosskundgebung, nach Medienberichten nahmen daran rund 160’000 Demonstranten teil. Auch in anderen Städten wie Haifa und Netanja kam es zu Protesten.

Zentrale Verbindungsstrasse blockiert

Rund 200 Demonstranten durchbrachen nach Polizeiangaben in Tel Aviv eine Sperre und blockierten die zentrale Verbindungsstrasse nach Jerusalem. Es sei ein Wasserwerfer eingesetzt worden. Laut Medienberichten kam es zu Festnahmen. Bei einem Protest in Tel Aviv am Mittwoch war es bereits zu heftigen Konfrontationen gekommen, mehrere Demonstranten erlitten Verletzungen. Es gab Beschwerden über übertriebene Polizeigewalt.

Justizreform schreitet voran

Die Justizreform schreitet trotz heftiger Proteste grosser Teile der Bevölkerung immer weiter voran. Nach Plänen der rechts-religiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll es dem Parlament künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Ausserdem sollen Politiker bei der Ernennung von Richtern mehr Einfluss erhalten.

160'000 demonstrieren in Tel Aviv gegen Justizreform
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ist in Israel umstritten. Bild: Keystone

Das Gesetzesvorhaben könnte dem Regierungschef auch in einem Korruptionsprozess in die Hände spielen, der bereits seit längerer Zeit gegen Netanjahu läuft. Netanjahu hatte am Mittwoch für Empörung gesorgt, als er einen Vergleich zwischen den Demonstranten gegen die Reform und gewalttätigen Siedlern zog, die nach einem Anschlag in der palästinensischen Stadt Huwara schwere Zerstörungen angerichtet hatten.

Gewaltenteilung in Gefahr

Kritiker sehen durch die Reform die Gewaltenteilung in Gefahr und warnen, dass sich Israel in eine Diktatur verwandeln könnte. Die Regierung argumentiert dagegen, das Höchste Gericht übe derzeit zuviel politischen Einfluss aus.

Bei den Demonstrationen gegen die Reform sind immer wieder Frauen in langen roten Mänteln und weissen Hauben zu sehen, die sich als Figuren aus der Fernsehserie «The Handmaid’s Tale» verkleidet haben.

160'000 demonstrieren in Tel Aviv gegen Justizreform
Frauen tragen Kostüme aus der Fernsehserie «The Handmaid’s Tale» um gegen die Justizreform zu protestieren. Bild: Keystone

Das erstmals 1985 veröffentlichte Buch «Der Report der Magd» von Margaret Atwood ist eine dystopische Geschichte über eine Diktatur, in der vor allem Frauen unterdrückt werden. Die Demonstrantinnen drücken mit der Verkleidung ihre Angst davor aus, Israel könnte im Zuge der Schwächung der Justiz politisch in eine solche Richtung gehen. (sda/fra)

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05.03.2023 23:36

mil1977

Es sieht nicht so aus, als ob die Proteste von Erfolg gekrönt sein werden. B. Netanjahu wird sein Projekt durchziehen.
Es genügt eben nicht, “Mehrheiten” auf der Strasse hinter sich zu bringen, die Mehrheit muss man ins Parlament bringen.

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