25-jähriger Sohn gesteht Tötungsdelikt an seinem Vater in Lampenberg
©Bild: Archiv
Strafgericht
Baselland

25-jähriger Sohn gesteht Tötungsdelikt an seinem Vater in Lampenberg

08.08.2024 08:06 - update 08.08.2024 16:49
Pascal Kamber

Pascal Kamber

Am 27. Dezember 2021 soll ein damals 23-Jähriger in Lampenberg seinen Vater aus nächster Distanz erschossen haben. Dem Beschuldigten wird zudem der illegale Besitz mehrerer Waffen vorgeworfen – darunter auch die mutmassliche Tatwaffe.

Am Donnerstag muss sich ein 25-Jähriger wegen Mordes vor dem Baselbieter Strafgericht verantworten. Er soll am 27. Dezember 2021 seinen Vater im Einfamilienhaus der Eltern in Lampenberg getötet haben. Aus der Anklageschrift geht hervor, dass der Beschuldigte mit seiner Familie aufgrund seiner instabilen psychischen Verfassung in einem schwierigen Verhältnis stand. Die Staatsanwaltschaft geht nämlich davon aus, dass den tödlichen Schussabgaben im Keller ein innerfamiliärer Konflikt vorausging.

Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, seinem Vater im Obergeschoss mit einer Schusswaffe aus fünf bis sechs Metern Entfernung Verletzungen zugefügt zu haben, an deren Folgen das 54-jährige Opfer vor Ort verstarb. Zwei Tage vor dieser Tat soll es im gleichen Haus bereits zu einem heftigen Streit zwischen dem 25-Jährigen und seinen Eltern sowie seiner Schwester gekommen sein. Dabei soll er seinem Vater eine Taschenlampe gegen den Kopf geschlagen und seine Mutter mit dem Schaft eines Gewehres attackiert haben.

Nach der Tat flüchtete er

Seine Eltern versteckten gemäss Anklage darauf alle Waffen ihres Sohnes. Darauf reagierte dieser mit Suiziddrohungen und setzte seine Eltern unter Druck, ihm die Waffen wieder zu geben. Zwei Tage nach dem Disput bedrohte er seine Mutter und seine Schwester erneut mehrfach mit der Pistole, bis die verängstigten Frauen in den Keller des Hauses flüchteten und sich dort einschlossen.

Nach der blutigen Tat flüchtete der damals 23-Jährige. Während die Polizei, die bei der Fahndung auch einen Helikopter einsetzte, am nächsten Tag die Medien über den Fall orientierte, wurde der Tatverdächtige nur wenige Hundert Meter vom Tatort entfernt verhaftet. Dabei war er bewaffnet.

Bei der anschliessenden Hausdurchsuchung fand die Polizei gleich 20 Waffen. Diese gelangten in Besitz des Beschuldigten, ohne dass dieser über die dafür notwendigen Waffenerwerbsscheine verfügt hatte.

Der Prozesstag

Zum Auftakt in den Prozesstag am Strafgericht in Muttenz wird der Beschuldigte vom Richter befragt. Er sei in Lampenberg aufgewachsen, Mitglied der freiwilligen Feuerwehr und im Schiessverein gewesen. Nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit schloss er eine Ausbildung als Produktionsmechaniker ab. Ein Jahr nach dem Ende der Lehre habe er sich psychisch schlecht gefühlt, in Behandlung habe er sich deswegen aber nicht begeben. Dies führte mitunter zu Problemen mit dem Vorgesetzten, worauf der Beschuldigte die Kündigung erhielt.

Der 25-Jährige gibt dem Richter ruhig und unaufgeregt Auskunft. Auf die Frage des Richters nach dem Verhältnis zur Familie meinte er, dass ihm der kleine Bruder und die Schwester «sehr am Herzen liegt». Und auch die Eltern seien immer für ihn da gewesen.

Aktuell gehe es ihm besser, auch dank der Therapie und der medikamentösen Behandlung in der universitären Klinik Basel. Die Psychiaterin stellte in ihrem Gutachten ein «akutes warnhaftes Syndrom» fest. Er sei aber vor dem Delikt nicht auffällig gewesen und habe die «veränderte Realitätswahrnehmung» nicht bemerkt. Unklar sei jedoch, ob der Angeklagte an einer Verhaltensstörung leide, die durch den früheren täglichen Cannabiskonsum verstärkt wurde, oder ob eine schizophrene Störung vorliege.

Seit Beginn der Behandlung seien die Symptome zurückgegangen. Der Angeklagte zeige sich einsichtig und erkenne, dass er in einem veränderten psychischen Zustand gehandelt habe. Seine Pflegerin, die als Zeugin auftritt, bestätigt diese Erkenntnis und betont die «hohe Motivation», die der Beschuldigte an den Tag lege. «Er möchte auf keinen Fall nochmals so etwas erleben», sagt die Pflegerin. Gemäss ihrer Auffassung befinde sich der Beschuldigte im Rahmen der Behandlung auf einem guten Weg.

Er fühlte sich vom Vater bedroht

Nun liest der Gerichtspräsident die Anklageschrift vor. Der 25-Jährige stimmt dieser zu, gibt aber an, sich nicht mehr an alle Details erinnern zu können. Wahnvorstellungen hätten den 25-Jährigen dazu bewogen, auf seinen Vater zu schiessen. «Ich fühlte mich bedroht und hatte Angst vor allem Möglichen, und dass mich mein Vater vergiften wollte», erklärte er. Dabei sei der Tag zuvor sehr harmonisch verlaufen, «bis ich vor dem Essen wieder in eine psychische Phase geriet, weil ich Cannabis konsumiert habe».

Auch der Besitz von zahlreichen Waffen gab der Beschuldigte ohne Umschweife zu. Er sei fasziniert gewesen von deren Technik und Präzision. «Viele Waffen habe ich geschenkt bekommen, sie funktionierten aber nicht mehr», so der 25-Jährige. Die beschlagnahmen Waffen will er nicht zurück, sondern verkaufen – weil sich seine Einstellung heute grundlegend geändert habe. «An Waffen habe ich nur noch schlechte Erinnerungen.»

Staatsanwältin fordert Freispruch

In ihrem Plädoyer sieht die Staatsanwältin zwar die Tatbestände der Nötigung, der mehrfachen Gefährdung des Lebens und des Mordes erfüllt. Wegen der psychischen Verfassung sei beim Beschuldigten die Schuldfähigkeit aber komplett aufgehoben, weshalb sie auf einen Freispruch plädiert. Anders präsentiere sich die Ausgangslage beim Waffenbesitz und dem Drogenkonsum: Wegen der mehrfachen Widerhandlung gegen das Waffengesetz fordert die Staatsanwaltschaft eine unbedingte Busse von 40 Tagessätzen à 30 Franken, für den Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Busse von insgesamt 900 Franken. Ausserdem beantragt die Staatsanwaltschaft, für den Angeklagten eine stationäre Massnahme anzuordnen, da bereits erste Fortschritte in der Behandlung erkennbar seien. «Er zeigt echte Reue und will alles dafür tun, um nie wieder in eine solche Situation zu geraten», sagt die Staatsanwältin.

Ähnlich sieht die Sache der Anwalt des 25-Jährigen. Weil das psychische Gutachten eine vollständige Schuldunfähigkeit attestiere, plädiert er ebenfalls auf Freispruch und eine stationäre Massnahme. Für den Verstoss gegen das Waffengesetz fordert er eine bedingte Geldstrafe von 30 Tagessätzen à 20 Franken, für den Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz eine Busse von insgesamt 200 Franken.

Der Beschuldigte selbst schliesst sich zum Ende der Verhandlung den Worten seines Anwaltes an. «Ich bedauere das, was passiert ist, zutiefst», sagt er. Die Urteilseröffnung ist für morgen Freitagnachmittag geplant.

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

08.08.2024 07:53

spalen

schreckliche tat innerhalb der familie. ich hoffe, die mutter und die geschwister können sich irgendwie von diesem trauma erholen. mir geht es nämlich bisschen wenig um die oper, als um den täter.

1 0
08.08.2024 08:35

Sonnenliebe

oper?

2 0
08.08.2024 11:22

spalen

opfer – wobei aus dieser tragischen geschichte könnte man gut eine oper erschaffen! ähnliche beispiele in der musikgeschichte mit mord & totschlag gibt es ja zur genüge.

zudem, eine editierfunktion für kommentare wäre manchmal nicht schlecht.

1 0

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.