Ab 2024 müssen sich Täter vor Kirchengericht verantworten
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Sexueller Missbrauch
Basel-Stadt

Ab 2024 müssen sich Täter vor Kirchengericht verantworten

24.11.2023 12:03 - update 24.11.2023 17:29

Karoline Edrich

Nach dem Missbrauchsskandal steigt der Druck auf die katholische Kirche: Nächstes Jahr soll ein schweizweites kirchliches Gericht realisiert werden. Damit will man Täter intern zur Rechenschaft ziehen.

Eine Schweizer Studie, in der die Archive der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz untersucht wurden, schlug im September hohe Wellen: Von 1950 bis heute wurden 1002 Missbrauchsfälle identifiziert. Am Freitag informierte das Bistum Basel: Jetzt werde schweizweit grünes Licht für ein kirchliches Straf- und Disziplinargericht gegeben, verkündete Bischof Felix Gmür an einer Medienkonferenz.

Das kirchliche, schweizweite Gericht soll es ab 2024 geben. Demnach müssten sich Täter im Falle eines Missbrauchs neben einem staatlichen Gerichtsverfahren auch vor einem kirchlichen Gremium verantworten. «Den Staat interessiert es nicht, ob ein Täter weiterhin Priester sein darf, oder aus dem Orden austreten muss», so Gmür. Über diese Themen müsse demnach ein kirchliches Gericht entscheiden.

Mehr Professionalität

Ab 2024 müssen sich Täter vor Kirchengericht verantworten
Laut Felix Gmür wird ein schweizweites, kirchliches Gericht im 2024 realisiert. Bild: Karoline Edrich

«Momentan hat jedes Bistum sein eigenes Gericht», so Gmür. Eine schweizweite Instanz solle dadurch, dass es mehr Fälle zu bearbeiten gibt, für mehr Professionalität sorgen. «Wenn jedes Bistum ein eigenes Gericht hat, dann gibt es alle paar Jahre mal ein Verfahren. So haben die Richterinnen und Richter nur wenig Routine», erklärt Gmür.

Ob das Projekt in der ersten oder zweiten Jahreshälfte realisiert wird, sei noch unklar. Die einzelnen Bistumsgerichte sollen für Fälle bestehen bleiben, die nicht in den Straf- und Disziplinarbereich fallen.

Luzern hält Gelder zurück

Auch unter den Gläubigen war der Schock über die zahlreichen Missbrauchsfälle gross. Das Luzerner Kirchenparlament hat am 8. November entschieden, dem Bistum Basel teilweise den Geldhahn zuzudrehen, bis konkrete Forderungen umgesetzt werden. Wie SRF berichtete, wurde die Hälfte des Beitrages, rund 440’000 Franken, zurückgehalten. Dieser soll erst im Herbst 2024 überwiesen werden, wenn das Bistum die geforderten Massnahmen ergriffen hat.

Ab 2024 müssen sich Täter vor Kirchengericht verantworten
Das Bistum Basel ist das grösste Bistum der Schweiz und umfasst unter anderem das Territorium der Kantone Luzern und Bern. Grafik: Baseljetzt

Bistum Basel

Das Bistum Basel ist eine Diözese der römisch-katholischen Kirche in der Schweiz. Sowohl nach Anzahl Katholiken als auch flächenmässig ist es das grösste Schweizer Bistum. Das Bistum Basel umfasst den Bereich der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern, Jura, Luzern, Schaffhausen, Solothurn Thurgau und Zug. Seinen Sitz hat es im Kanton Solothurn. Ausserdem ist es wie alle Schweizer Bistümer immediat. Das bedeutet, es untersteht direkt dem Heiligen Stuhl in Rom. (kae)

Bischof Gmür ging am Freitag auf diese Forderungen ein. «Es wäre besser gewesen, vorher miteinander zu sprechen, statt einseitige Forderungen zu stellen.» Man verstehe jedoch auch, dass sich die Luzerner Parlament «Gehör für seine Anliegen verschaffen wolle». Konkret gefordert wurde unter anderem eine unabhängige Untersuchungs- und Meldestelle. Man sei diesbezüglich dabei, Vorlagen auszuarbeiten, sagt Gmür. Neben einer schweizweiten Meldestelle sei auch eine Ombudsstelle für das Bistum Basel in Planung, an die Betroffene mit verschiedenen Anliegen treten können.

Weiter forderte die Luzerner Synode, dass keine Akten mehr vernichtet werden. Dazu sagte Felix Gmür am Freitag: «Das Bistum Basel vernichtet keine Akten.» Ausserdem sei der heilige Stuhl ein Völkerrechtssubjekt und halte sich daher an völkerrechtliche Verträge.

Luzern befürwortet Massnahmen

In Luzern sind die Reaktionen auf die geplanten Massnahmen grundsätzlich positiv. «Wir begrüssen sämtliche Massnahmen zur Prävention und Bekämpfung von sexuellem Missbrauch», so Annegreth Bienz-Geisseler, Synodalratspräsidentin der katholischen Kirche des Kantons Luzern. Wichtig sei nur, dass die Massnahmen dazu dienen, den Opfern Genugtuung zu verschaffen.

Die Luzerner Synode soll nun eine Sonderkommission bilden, welche dafür zuständig ist, zu Überprüfung, ob das Bistum Basel die Forderungen bis Herbst 2024 umsetzt. Das Bistum sei bereit für Gespräche, so Felix Gmür, und würde nun auf eine Kontaktaufnahme der Sonderkommission warten. Ob es das Bistum Basel schaffen wird, vor Herbst 2024 mit der Luzerner Synode auf einen grünen Zweig zu kommen? Davon sei er überzeugt.

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Kommentare

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25.11.2023 08:32

Tschuegge

Wärs glaubt…. nach all diesen Verlogenheiten und Missbräuchen. Pfui..!!!

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24.11.2023 16:16

lixi

Die Täter gehören vor ein ordentliches Gericht. Kirchengericht? Geht es zurück ins Mittelalter? Kommt dann die Inquisition?

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