Absolute Positionen helfen nicht
Pro-Palästina-Aktion
Basel-Stadt

Absolute Positionen helfen nicht

15.05.2024 17:44 - update 15.05.2024 18:48
Philippe Chappuis

Philippe Chappuis

Die Pro-Palästina-Besetzung am Bernoullianum ist aufgelöst. Wir dürfen gespannt sein auf das politische Nachspiel. Leider ist anzunehmen, dass diese Nachbearbeitung an der Kernfrage vorbeizielt.

Hat die Uni Basel richtig gehandelt? War sie zu zögerlich? Hätte sie die Bernoullianum-Besetzung schon früher auflösen sollen? Darauf wird sich voraussichtlich die politische Diskussion in Basel in den kommenden Tagen konzentrieren. Immerhin hatte die Uni derartige Proteste erwartet und Vorkehrungen getroffen (Zutritt nur noch mit der Unicard), um ebendies zu verhindern. Und sie war damit nicht erfolgreich. Die Frage, ob sie richtig reagiert hat oder nicht, ist also eine wichtige Frage.

Aber es ist nicht die entscheidende.

Die entscheidende Frage ist: Wie kommen wir endlich aus dieser Falle eines absoluten Nicht-Dialogs wieder heraus? Eine inhaltliche Debatte haben die Proteste an der Uni (und auch an den anderen Unis in der Schweiz) nicht ausgelöst.

Stattdessen verstiegen sich die Demonstrierenden in absolute Positionen: Stoppt den Genozid! Mit der Definition des Genozids haben sich wahrscheinlich die wenigsten Demo-Teilnehmenden je auseinandergesetzt, sondern sie haben einfach das Wording übernommen (Spoiler: Es gibt keine eindeutige Antwort auf die Frage Genozid ja/nein. Unsere Kollegen von der bz haben eine gute Auslegeordnung gemacht).

Auf der anderen Seite waren da die Bürgerlichen, die schon am Morgen – nachdem auch das zweite Ultimatum der Uni an die Demonstrierenden verstrichen war – die umgehende Räumung des Bernoullianums gefordert haben. Ein Grossrat twitterte sinngemäss sogar, die Uni würde sich zur Komplizin machen, weil sie die Besetzung zu lange dulde… Selbstverständlich liegt hier vermutlich Hausfriedensbruch vor. Aber mit juristischen Argumenten allein kommen wir hier nicht weiter.

Was also ist die Lösung in diesem Spiel von «Wenn du für die anderen bist, bist du gegen uns. Wenn du keine Meinung hast, bist du gegen uns»?Bürgergespräche? Vortragsreihen? Die Antwort ist schwierig. Sicher ist nur: Es ist absolut in Ordnung, ergebnisoffen zu diskutieren. Und vor allem: die Seite der Menschlichkeit bzw. der Menschenrechte zu wählen. Denn Opfer gibt es in diesem unendlich komplizierten Konflikt auf beiden Seiten.

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