Aromat wird 70: Kulinarische Todeszone oder Kulturgut?
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Kochen
Schweiz

Aromat wird 70: Kulinarische Todeszone oder Kulturgut?

30.01.2023 15:17
Lea Meister

Lea Meister

Salz, Pfeffer und das gelbe Dösli. In fast jeder Schweizer Beiz ein Muss auf dem Tisch. Meistens in einem metallenen Behälter. Ein Gewürz, das viele Erinnerungen weckt. Gute und schlechte.

Wir müssen reden. Der Anlass: Aromat feiert den 70. Geburtstag. Zu Beginn bitte eine ehrliche Antwort: Wer hat noch nie darüber diskutiert, ob Aromat gut oder schlecht ist? Was heisst hier gut oder schlecht: kultiviert oder unkultiviert.

Dutzende Male habe ich dieses Gespräch schon geführt. Meist mit Menschen, die Aromat auch regelmässig nutzen. Aber nicht nur. Auch Menschen, die sich selber als kulinarisch gewandt bezeichnen, stehen hinter dem Universalwürzmittel, wie es vom Hersteller liebevoll genannt wird.

Mit oder ohne?

Die Debatte verhält sich ein wenig wie die Migros-Coop-Frage in der Schweiz. Bist du ein Migros- oder ein Coop-Kind? Die Antwort steht oft, aber nicht immer, im Zusammenhang mit der eigenen Herkunft, der eigenen Vergangenheit. Wo haben die Eltern oder die wichtigsten Bezugspersonen eingekauft? Welche Produkte wecken also eher heimelige Gefühle in einem?

Selbiges gilt wohl für die Aromat-Frage. Wer in seiner gesamten Kindheit und Jugend nie Aromat gesehen, geschweige denn gekostet hat, wird wohl auch als erwachsene Person problemlos ohne leben können und, vice versa.

Wenn plötzlich das Migros-Produkt fehlt

Trotzdem: Die Eisenkörbchen in gutbürgerlichen Restaurants in der Schweiz wirken irgendwie seelenlos, wenn der Aromat-Streuer zwischen dem Salz und der Pfeffermühle fehlt. Oder nicht?

Aromat wird 70: Kulinarische Todeszone oder Kulturgut?
Das berühmte Eisenkörbchen in Schweizer Restaurants. Bild: Keystone

Auch, wenn viele das gelbe Döschen vielleicht nie anfassen – ist es nicht da, fehlt es. Wahrscheinlich ist es, wie wenn es plötzlich keine Migros-Filialen mehr geben würde – manche Coop-Kinder würden plötzlich den Migros-Ice-Tea vermissen.

Es existiert auch eine Bio-Variante

Kommen wir zur Geschichte des gelben Würzmittels: 1953 wurde es entwickelt und soll seither den deftigen Geschmack verschiedenster Speisen verstärken. Es enthält den Geschmacksverstärker Natriumglutamat (aha!) und Speisesalz, Palmöl (ui!) und verschiedene Gewürzextrakte.

Populär ist Aromat nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Südafrika, wo man in verschiedensten Restaurants und Take Aways die gelben Streuer stehen sieht. Seit fünf Jahren gibt es eine Bio-Variante ohne Glutamat, die frei von jeglichen Aroma- und Farbstoffen sein soll. Zu 100 Prozent Bio also.

Aromat spaltet die Schweizer Gemüter

2020 führte der Blick eine Umfrage zur Aromat-Debatte durch. Das Resultat: 40 Prozent der Blick-Community gaben an, Aromat immer und überall dabei zu haben. Jede fünfte Schweizer:in aber hasse das Streugewürz.

Aromat spaltet also die Schweizer Gemüter. In den Kommentaren fanden sich beim Blick damals ein paar richtige Leckerbissen: «Wer mit Glutamat kocht, hat die Kontrolle über sein Leben verloren», so eine Leserin. «Es gibt vieles, das besser und gesünder ist. Aber ein Osterei ohne Aromat? Never!»

Kulinarische Todeszone?

«Natürlich gehört Aromat in jede Schweizer Küche», schrieb ein anderer Leser, «und zwar unter das Spülbecken in einen schwarzen Behälter, in dem ein schwarzer Sack eingespannt ist.» Als «kulinarische Todeszone» bezeichnete es ein anderer. In einem Restaurant, in welchem Aromat auf dem Tisch stehe, bleibe er höchstens zum Bier.

Bei anderen kommt das gelbe Döschen gar mit in die Ferien oder ins Militär. Halten wir fest: Viele können nicht ohne, andere könnten niemals mit. Wie so oft gilt: Jedem das Seine. Sind wir aber ehrlich: Kaum ein Produkt hat denselben Wiedererkennungswert wie das gelbe Döschen von Knorr. Oder würdest du nicht leicht grinsen und tief seufzen, wenn du es weit weg von zuhause auf einem Tisch finden würdest? Eben.

*Anmerkung der Redaktion: Die Verfasserin dieses Textes ist ohne Aromat aufgewachsen und hat auch noch nie damit gekocht. Vielleicht sollte sie es einmal ausprobieren.

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Kommentare

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01.02.2023 11:30

Coralie

Aromat ist der Todesstoss eines jeden Gerichts – es gibt so viele feine Gewürze! Warum kann man/frau nicht einfach diese benutzen? Ich verstehe das nicht.

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