Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev schockiert Weltklimakonferenz
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Fossile Energien
International

Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev schockiert Weltklimakonferenz

13.11.2024 09:58

Baseljetzt

Gastgeber schockiert Klimagipfel – Trotz globaler Klimaziele verteidigte Aserbaidschans Präsident Ilham Aliyev die Förderung fossiler Energien.

Trotz aller Appelle auf der Weltklimakonferenz scheint die Macht der klimaschädlichen fossilen Industrie kaum zu bröckeln. Konzerne fördern Öl und Gas in historischem Ausmass, und der Präsident des Klimagipfel-Gastgeberlandes Aserbaidschan, Ilham Aliyev, preist die fossilen Energieträger gar als «Geschenk Gottes». Keinem Land sollte vorgeworfen werden, Öl und Gas zu haben und es auf den Markt zu bringen, betonte Aliyev vor der im Kampf gegen die Klimakrise versammelten Weltgemeinschaft. «Uns anzuklagen, dass wir Öl haben ist so, als wenn man uns anklagt, dass Baku mehr als 250 Sonnentage im Jahr hat.»

Aussage zu Öl und Gas ein «Schlag ins Gesicht»

Der Chef von Greenpeace Deutschland, Martin Kaiser, reagierte nach dieser Aussage entsetzt: «Sie ist ein Schlag ins Gesicht all jener Menschen und der Länder, denen das Wasser bereits buchstäblich bis zum Hals steht» – wie etwa den pazifischen Inselstaaten. In der Wissenschaft gibt es einen klaren Konsens: Sollen die katastrophalsten Folgen der Erderwärmung verhindert werden, dürfen keine neuen Projekte zur Förderung von Kohle, Öl und Gas mehr entstehen. Auf der letztjährigen UN-Klimakonferenz in Dubai hatten sich alle Staaten erstmals grundsätzlich auf eine Abkehr von diesen klimaschädlichen Energieträgern verpflichtet.

Historische Förderung von Öl und Gas

Die Realität ist von diesem Ziel weit entfernt: Die Öl- und Gasproduktion der grossen Förderunternehmen weltweit hat einer Analyse von Umweltorganisationen zufolge 2023 einen Höchststand erreicht. Das geht aus der «Global Oil & Gas Exit List» hervor, die die Organisation Urgewald gemeinsam mit mehr als 30 Partnern jährlich aktualisiert. Demnach förderten die erfassten Unternehmen – die 95 Prozent der weltweiten Öl- und Gasproduktion ausmachen – im vergangenen Jahr 55,5 Milliarden Barrel Öl-Äquivalent. Dies lag den Angaben zufolge über den bisherigen Höchstwerten, die vor der Corona-Pandemie erreicht wurden. 2019 entsprach dieser Wert 55,01 Milliarden Barrel Öl-Äquivalent. Mit der Einheit werden Energieträger vergleichbar gemacht: Es geht um die Energiemenge, die beim Verbrennen von einem Barrel Erdöl freigesetzt wird.

«Absurd», noch auf fossile Energie zu setzen

UN-Generalsekretär António Guterres nannte es «absurd», noch auf fossile Energie zu setzen. «Die Reichen verursachen das Problem, die Ärmsten zahlen den höchsten Preis.» Er rief die Staaten der Welt dazu auf, ihre Versprechen einzulösen und aus den klimaschädlichen fossilen Energien auszusteigen. Besonders die Industriestaaten der G20-Gruppe sieht er dabei in der Verantwortung.

Scholz und Kollegen lassen Klimagipfel aus

Aus diesen Staaten fehlten gleich mehrere Staats- und Regierungschefs auf der Bühne in Baku. Neben Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz fehlten auch US-Präsident Joe Biden, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Am Tag, für den eigentlich sein Besuch in Baku geplant war, äusserte sich der im Regierungschaos gefangene Scholz lediglich schriftlich zu einem von ihm in den vergangenen Jahren angestossenen Klima-Club aus einigen Dutzend Staaten. Stattdessen äusserten sich vor dem Plenum in Baku Politikerinnen und Politiker aus Staaten, die die Klimakrise besonders heftig zu spüren bekommen: Die Präsidentin der vom steigenden Meeresspiegel bedrohten Marshallinseln, Hilda Heine, fragte etwa, ob und wann Staaten und Firmen zur Rechenschaft gezogen würden, die immer noch auf die Förderung von Kohle, Öl und Gas setzen. «Die Geschichte wird über diejenigen urteilen, die bei dem Übergang versagen.»

(sda/alr)

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13.11.2024 09:22

mil1977

1950 gab es etwa 2,5 Milliarden Menschen auf der Erde.
Jetzt sind es über acht Milliarden.
Dieses grundlegende Problem wird auch in Baku nicht angesprochen werden.

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13.11.2024 09:37

skywings2

Bereits 1992 war das Artensterben und der Klimawandel an einer UNO Versammlung Thema, wo viele Politgrössen teilnahmen. In den einzelnen Staaten ist aber, bis heute, die Privatwirtschaft zu stark, es passiert kaum was. Viele Akteure in der Privatwirtschaft machen riesige Gewinne auf Kosten der Umwelt. Die wollen hier nichts verändern. Es gibt extrem viele mit extrem grosser Macht und Einfluss, die dafür sorgen dass PolitikerInnen nicht handeln. Wenn es eine gerechtere Verteilung von Ressourcen, Lebensmittel, Chancen etc. gäbe wären auch 10 Milliarden Menschen kein Problem. Das obige System verhindert dies aufgrund der Gewinne für Einzelne.

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