Basler Forscher zur Wirkung von Hustensaft gegen Brustkrebs: «Wir hätten das Gegenteil erwartet»
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Forschung
Basel-Stadt

Basler Forscher zur Wirkung von Hustensaft gegen Brustkrebs: «Wir hätten das Gegenteil erwartet»

13.04.2023 11:30 - update 13.04.2023 18:17

Lars Franzelli

Ein Forschungsteam der Uni Basel machte per Zufall eine sensationelle Entdeckung: Hustensaft kann gegen Brustkrebs helfen. Im Interview erklärt der leitende Professor Mohamed Bentires-Alj die Hintergründe.

Hustensaft soll gegen Brustkrebs helfen – was wie ein schlechter Witz klingt, ist tatsächlich wahr. Forschende der Universität Basel haben zufällig herausgefunden, dass ein Bestandteil von Hustensaft bei einer Brustkrebs-Therapie hilft.

Der leitende Professor Mohamed Bentires-Alj erklärt im Interview mit Baseljetzt, wie es dazu kam und was das genau bedeutet.

Mohamed Bentires-Alj, was haben Sie herausgefunden?

Mohamed Bentires-Alj: Wir haben entdeckt, dass N-Acetylcystein, ein Antioxydationsmittel und Bestandteil von Hustensaft, die Wirkung des Krebsmedikaments Alpelisib in Brustkrebszellen verstärken kann, die eigentlich durch den Verlust eines Proteins namens NF1 resistent gegen das Medikament geworden sind.

Inwieweit war es Zufall, dass Sie diese Entdeckung gemacht haben?

Diese Ergebnisse waren sehr überraschend. Wir haben zuerst festgestellt, dass die gegen das Krebsmedikament Alpelisib resistenten Brustkrebszellen, welche das Protein verloren haben, einen reduzierten Redoxzustand aufweisen. Deshalb haben wir erwartet, dass ein Antioxydationsmittel wie N-Acetylcystein empfindliche Brustkrebszellen, die das Protein haben, ebenfalls resistent gegen dieses Medikament macht. Bei der Durchführung eines solchen Experiments verglich Dr. Priska Auf der Maur, eine ehemalige Doktorandin in meinem Labor und Erstautorin unserer Veröffentlichung, die Wirkung des Antioxydationsmittels sowohl auf Krebszellen mit, als auch auf solche ohne NF1-Protein. Überraschenderweise stellte sie fest, dass das Antioxydationsmittel N-Acetylcystein die Wirksamkeit des Krebsmedikaments Alpelisib in den resistenten Zellen ohne NF1-Protein verstärkt! Wir hätten das Gegenteil erwartet.

Wie oft passiert es, dass eine solche Entdeckung in Ihrem Forschungsbereich zufällig gemacht wird?

In der Forschung sollte man den Daten, den Ergebnissen der Experimente gegenüber immer aufgeschlossen bleiben, auch wenn sie unerwartet sind. Man sollte das Experiment mehrmals wiederholen und die entsprechenden Kontrollen verwenden, um die Ergebnisse zu bestätigen. Eine gute Entdeckung ist es dann, wenn sie völlig unerwartet und unvorhersehbar ist. Da kann der Zufall mitspielen – aber man muss offen und bereit sein, ihn zu nutzen. Das erinnert mich an ein Zitat aus einem Vortrag von Pasteur aus dem Jahr 1854, in dem er sagte: «Auf den Gebieten der Beobachtung begünstigt der Zufall nur den vorbereiteten Geist.»

Welche Bedeutung könnte diese Entdeckung für Krebspatientinnen haben?

Man muss klarstellen, dass unsere Resultate erst in Patientinnen im Rahmen klinischer Studien bestätigt werden müssen. Sollten sich die Ergebnisse da bewahrheiten, dann könnten Brustkrebs-Patientinnen die mit Alpelisib behandelt werden und wenig NF1-Protein in den Krebszellen aufweisen zusätzlich mit N-Acetylcystein behandelt werden. Wir haben auch Anhaltspunkte, dass N-Acetylcystein ähnliche Effekte zeigt, wenn es mit anderen Medikamenten, welche in der Brustkrebsbehandlung eingesetzt werden, kombiniert wird. Dies muss aber noch weiter untersucht werden.

Der nächste Schritt besteht darin, die im Labor beobachteten positiven Auswirkungen in klinischen Studien mit Brustkrebspatientinnen zu bestätigen. Wann können Sie mit den ersten Ergebnissen rechnen?

Wir prüfen derzeit, wie eine solche klinische Studie durchgeführt und wie sie finanziert werden kann. Zur Unterstützung der präklinischen Arbeit im Labor kann beispielsweise auf der Website der Universität Basel für unsere Forschung gespendet werden.

Wie muss man sich diese klinischen Tests vorstellen? Würden diese Menschen zusätzlich zu dem Medikament das Antioxidationsmittel N-Acetylcystein einnehmen?

Ja, und wir werden eine Kontrollgruppe brauchen, die das nicht tut, und dann werden wir die Wirkung der Behandlung überwachen, während sie verabreicht wird.

Wie zuversichtlich sind Sie, dass sich diese Ergebnisse in klinischen Studien wiederholen werden?

Wir haben unsere Ergebnisse bereits an einem «Avatar» eines Tumors einer Brustkrebspatientin getestet und festgestellt, dass N-Acetylcystein die Wirksamkeit von Alpelisib in den resistenten Zellen, die das Protein verloren haben, erhöht. Daraus schliessen wir, dass auch klinische Tests vielversprechend sein könnten.

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