Basler Journalistin im Erdbebengebiet: «Ich realisierte das Ganze erst auf dem Heimweg»
©Bild: Benjamin Fisch
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Basler Journalistin im Erdbebengebiet: «Ich realisierte das Ganze erst auf dem Heimweg»

15.02.2023 05:23 - update 15.02.2023 10:59
David Frische

David Frische

Lena Wilczek reiste ins Katastrophengebiet, um über das verheerende Erdbeben in der Türkei und Syrien zu berichten. Zurück in Basel, spricht sie von apokalyptischen Zuständen.

Diese Eindrücke wird Lena Wilczek nie mehr vergessen. In sich zusammengestürzte Gebäude, verschüttete Menschen, die um ihr Leben schreien. Die Basler Journalistin reiste am Tag nach dem schweren Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet in die Türkei, wo sie für «20 Minuten» über die Katastrophe berichtete. Vier Tage verbrachte sie in Schutt und Trümmern.

Es gehe ihr gut, sagt Wilczek zurück in Basel. Aber es steht ihr ins Gesicht geschrieben, dass die Bilder und Erfahrungen aus der Türkei sie nachhaltig prägen werden. «So richtig realisiert habe ich das Ganze erst auf dem Weg nach Hause», erzählt sie im Telebasel-Talk.

Ausser einem grossen runden Hotelgebäude sei in der türkischen Stadt Antakya, wo sich Wilczek aufhielt, alles mehr oder weniger dem Erdboden gleichgemacht worden, erzählt sie. «Von einer Stadt kann man nicht mehr sprechen.» Überall habe man Rauch und Trümmer gesehen. «Es war apokalyptisch.»

Babys mit Müttern gerettet

Wilczek war mit einer Schweizer Rettungsdelegation des Bundes vor Ort. Das 80-köpfige Team, bestehend aus verschiedensten Fachleuten, habe elf Menschen aus den Trümmern retten können, so Wilczek. «Darunter waren zwei Babys, beide konnten mit ihren Müttern gerettet werden.» Es sei «unglaublich, was dieses Rettungsteam geleistet hat». Die Rettungskräfte seien rund um die Uhr im Einsatz gestanden.

Überlebende zu finden war gar nicht schwierig, wie die Journalistin erzählt. «Sehr viele Menschen hörte man.» Zu den Überlebenden mussten die Rettungskräfte teils Schächte bauen, um zu ihnen zu gelangen.

«Stell dir vor, Basel fällt in sich zusammen»

Gerettete Menschen seien dann von den Schweizer Einsatzkräften erstversorgt und anschliessend an die lokale Bevölkerung übergeben worden. Mehr sei schlichtweg nicht möglich gewesen, erklärt Wilczek. «Es hat keine Ambulanz vor Ort. Das ganze Erdbebengebiet ist so gross wie die Schweiz.» Es sei unmöglich, alle Menschen in Spitälern zu versorgen – die seien ebenfalls zerstört.

Die ganze Situation sei unvorstellbar. «Stell dir vor, Basel fällt in sich zusammen. Deine Nachbarn sind tot, dein Vater, deine Mutter, dein Bruder … Und du hoffst, dass vielleicht noch deine zweite Schwester lebt und du hörst sie in den Trümmern, aber niemand kommt, um sie herauszuholen.» Dazu komme «eisige Kälte», kein Wasser, kein Strom. Und die ersten Tage nichts zu essen. «Ich kann mir nicht vorstellen, was da in einem vorgeht», sagt Wilczek.

Menschen hier sollen spüren, was passiert ist

Zurück in der Schweiz, müsse sie alles erst einmal etwas einordnen, so die Journalistin. Sie will mit ihrer Arbeit bei den Menschen hierzulande die «Sensibilität erwecken» für das, was in der Türkei und Syrien passiert ist. «Damit die Menschen Mitgefühl haben für die Menschen dort, wenn sie dann vielleicht später in der Schweiz ankommen, oder auch dass man jetzt vor Ort den Menschen helfen kann.»

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