Basler Vize-Weltmeisterin will noch höher hinaus
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Roundnet
Sport

Basler Vize-Weltmeisterin will noch höher hinaus

20.01.2023 11:53 - update 20.01.2023 18:53
Florian Metzger

Florian Metzger

Sie ist bereits an der Weltspitze angekommen, obwohl sie erst seit gut zwei Jahren eine noch junge Sportart ausübt. Die Rede ist von Laura Kunzelmann und ihrer Leidenschaft zu Roundnet. Ein Portrait über die 24-jährige Vize-Weltmeisterin.

An den ersten Weltmeisterschaften der aufkommenden Sportart Roundnet, auch Spikeball genannt, gewinnt Laura Kunzelmann im September für die Schweiz einmal Silber und einmal Bronze. Es ist der Lohn für die harte Arbeit für ihre grosse Leidenschaft. Nicht nur viel Zeit sondern auch viel Geld muss die Baslerin dafür investieren. In den Semesterferien geht die Sportwissenschaft-Studentin arbeiten, um ihre Reisen um den Globus überhaupt finanzieren zu können.

So kann sie sich ihren Traum verwirklichen, an grossen Turnieren teilzunehmen. «Es ist eine grosse Herausforderung. Ich schaue darauf, dass ich möglichst günstig reisen und bei Bekannten die Nacht verbringen kann, damit ich kein Hotelzimmer bezahlen muss. Dass alle Wettkämpfe möglich sind, muss ich alles auf einem Minimum halten», so Kunzelmann.

«Auf Turniere zu verzichten, wäre sinnvoller gewesen»

An diesen Wettkämpfen spielt die 24-Jährige äusserst erfolgreich. Wenn sie das Turnier nicht gerade gewinnt, platziert sie sich meist unter den ersten drei Plätzen. Bei nur wenigen Turnieren erhält sie dafür ein Preisgeld, welches dann auch nicht sonderlich hoch ist. Dennoch kann sie diesen Zustupf für nächste Turniere gut gebrauchen.  

So lebt sie bescheiden und gibt auch den letzten Franken für eine Turnierteilnahme aus, wenn es sein muss. «Teilweise wäre es finanziell wohl sinnvoller gewesen, auf Turniere zu verzichten. Aber dann habe ich nebenbei doch noch etwas gemacht, damit alles finanziell aufging.»

Um Roundnet auf diesem Niveau zu spielen, braucht es auch gute Mitspielende. Es ist nämlich keine Einzelsportart. Zwei Teams mit zwei Personen spielen gegeneinander. Männer und Frauen spielen getrennt, aber es gibt auch eine sogenannte Mixed-Kategorie, in der ein Mann und eine Frau zusammen ein Team bilden.

Faszination Roundnet

In Langnau wird Kunzelmann geboren und schon bald darauf zieht es ihre Familie zurück in die Heimat der Eltern nach Basel. Schon immer spielt der Sport eine grosse Rolle in ihrem Leben. Vom Fussball, über Basketball bis hin zu Ultimate Frisbee. Sieben Jahre lang war Letzteres ein grosser Bestandteil ihres Lebens. Auch in dieser Sportart konnte die Baslerin an den Weltmeisterschaften teilnehmen. «Ultimate Frisbee hat gute Voraussetzungen geschaffen. Dort kam ich auch das erste Mal in Kontakt mit Roundnet.» So fand sie den Weg zu ihrer neuen Sportart.

Basler Vize-Weltmeisterin will noch höher hinaus
Foto: zVg

In dieser hat sie nun ihr Glück gefunden. Trotzdem gibt es auch Zeiten, in denen sie es bereut, nicht länger Fussball gespielt zu haben. So hätte sie nun vielleicht vom Sport leben können. Aber die bodenständige Baslerin kritisiert auch die Kommerzialisierung des heutigen Fussballs und, wie dort miteinander umgegangen wird. Deshalb ist sie sich nicht sicher, ob sie das Fussballbusiness so glücklich gemacht hätte, wie es im Moment Roundnet macht.

«Die technischen Möglichkeiten mit diesem kleinen Ball sind endlos. Für diesen Sport braucht es auch enorme Schnellkraft, Reaktionsfähigkeit und Kreativität.» Neben dem Spielerischen verbindet die gemeinsame Leidenschaft für den Sport auch Menschen und bringt viele Leute zusammen, so Kunzelmann weiter.

So wird gespielt

Offizielle Unparteiische gibt es nicht. Ehrlichkeit und Respekt werden im Roundnet gross geschrieben. «Egal, in was für einer Situation sich das Spiel befindet. Alle versuchen fair und respektvoll gegenüber den Mitspielenden zu bleiben. Dass das in dieser Sportart wirklich gut funktioniert, fasziniert mich sehr.» Falls zwei Teams nicht gleicher Meinung sind, wird der Punkt einfach wiederholt. Das kann schon einmal vorkommen, da eine Situation aus verschiedenen Blickwinkeln gesehen und interpretiert werden kann.

Gespielt wird Roundnet mit einem trampolinähnlichen Netz, einem kleinen gelbschwarzen Ball und vier Personen, die sich 360 Grad um das Netz bewegen. Von den Regeln her ähnelt die Sportart dem Beachvolleyball. Anders, als beim Beachvolleyball, muss der Ball aber nach maximal drei Ballberührungen innerhalb des Zweierteams nicht übers, sondern aufs Netz gespielt werden. Dabei darf der Ball nur das Netz berühren. Geht der Ball vom Netz auf den Boden, erhält das angreifende Team einen Punkt.

In der Coronapandemie entdeckt Kunzelmann ihre neue Leidenschaft. Im Winter 2020 verbringt sie viel Zeit auf Basler Wiesen. Trotz eisiger Kälte, hartem Boden und schmerzenden Händen, spielt sie mit drei befreundeten Mitspielenden Tag für Tag Roundet.

Entstehung Schweizer Vereine

Zunächst haben sie einfach Spass am Spiel. Als sie ihre ersten Turniere bestreiten und der Erfolg sofort einsetzt, werden auch die Trainings immer professioneller. Mittlerweile gibt es konkrete Details, welche angeschaut und trainiert werden. Sogar Videoanalysen von Wettkampfspielen kommen zum Einsatz, um ihr Spiel zu verbessern.

In jüngster Vergangenheit sind in der Schweiz ein Verband und zwölf Vereine entstanden. Dienstags und Donnerstags trainiert Kunzelmann im Roundnet Club Basel. «Daneben konnte ich mir auch noch eine Halle organisieren, in die ich immer hineingehen kann.» Wenn es wieder wärmer wird und es länger hell bleibt, kann dann wieder auf jeder beliebigen Rasenfläche gespielt werden.

Bereit für den nächsten Schritt

Der grosse Trainings- und Wettkampfaufwand bringt sie an die Weltspitze. Dort sind vor allem Amerikaner:innen dominierend, da diese Sportart in den USA bereits seit zehn Jahren in Wettkampfform gespielt wird. Auch Kunzelmann wurde bereits für zwei amerikanische Turniere eingeladen und war dort auf dem Fernsehsender ESPN für ein grosses Publikum zu sehen.

Auf heimischen Strassen wird sie zwar (noch) nicht erkannt, in den Sozialen Medien oder an Wettkämpfen wird sie aber von vielen Menschen kontaktiert und angesprochen. Dank der wachsenden Fanbase kann sie nun den nächsten Schritt wagen. Sie hat sich in der Roundnet-Community einen Namen gemacht und kann somit auf Sponsorensuche gehen. Etwas, vor dem sie sich lange Zeit drückte: «Ich traute mich nicht, weil ich nicht glaubte, dass jemand Interesse daran hat, mich zu unterstützen.»

Mit ihrer amerikanischen Spielpartnerin hat sie bereits einen Trikotsponsor an Land ziehen können. Und, wenn sich diese Sportart weiterhin so rasant entwickelt, kann Kunzelmann vielleicht eines Tages doch noch mit ihrer Leidenschaft den Lebensunterhalt verdienen. Die 24-Jährige hat noch reichlich Zeit, diesen Traum zu erfüllen. Ihre Roundnet-Karriere hat gerade erst begonnen.

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