Eveline Siegenthaler wollte an einem kalten Novemberabend einem gestürzten, betrunkenem Mann helfen – aus Angst, er könnte erfrieren. Die Sanität wies sie ab und rückte nicht zur Markthalle aus. Jetzt wird die Politik aktiv.

«Ich kann das überhaupt nicht nachvollziehen.» Eveline Siegenthaler ist von der Basler Sanität bitter enttäuscht. An einem kalten Novemberabend kurz nach 21 Uhr fährt sie bei der Markthalle vorbei und sieht, wie auf der gegenüberliegenden Strassenseite ein Mann stürzt. Sie will helfen. «Der Mann war schwer alkoholisiert.» Auf Spanisch habe er stets nur «No, no, no!» geantwortet. Er habe weder aufstehen können, noch habe er sagen können, wie er heisse, wo er sei und wo er wohne. «Er war orientierungslos», so Siegenthaler. Sie hat Angst, dass der Mann bei den herrschenden Minustemperaturen erfriert.

Sie ruft die Polizei an, dort verweist man sie an den Sanitätsnotruf 144. Dort sagt man ihr, eine Ambulanz komme nur, wenn der Mann dies ausdrücklich will. «Ich versuchte vergeblich zu erklären, dass der Mann nicht in der Lage ist zu entscheiden, ob er eine Ambulanz braucht.» Der Sanitäts-Mitarbeitende habe ihr dann gesagt, sie müsse für den Einsatz aufkommen. Sie habe abgelehnt, so Siegenthaler. Auf Wunsch des Operateurs habe sie dem Mann in Notlage dann das Telefon ans Ohr gehalten, «er brabbelte aber weiter nur ‹No, no, no!› vor sich her». Die Sanität rückt schliesslich nicht zur Markthalle aus.

Zwei weitere Passanten kommt zu Hilfe. Gemeinsam mit einem der beiden Helfenden kann Siegenthaler den Mann aufrichten und ihn zum Bahnhof begleiten. Er sei dann langsam ansprechbar geworden. Es habe sich herausgestellt, dass er in Aarau wohnt und ein gültiges Billett besitzt. Gemeinsam bringen sie den Mann zum Zug.

Sanität entschuldigt sich

Aus ihrer Enttäuschung heraus beschwert sich Siegenthaler in der Folge bei der Sanität. Dort räumt man Fehler ein und entschuldigt sich, wie aus einem Schreiben hervorgeht, das Baseljetzt vorliegt. Man habe den Vorfall intern abgeklärt und sei zum Schluss gekommen, dass das Verhalten des Mitarbeitenden an jenem Abend nicht den Vorgaben und Qualitätsstandards der Sanität entsprochen habe. Man bedauere den Vorfall sehr. Es seien intern Massnahmen ergriffen worden, damit solche Vorfälle künftig nicht mehr passieren.

Politik will Antworten

Was für Massnahmen das sind, sagt das zuständige Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement (JSD) am Dienstag auf Anfrage nicht. Der Grund: Eveline Siegenthaler ist auch anderweitig aktiv geworden und hat SVP-Grossrätin Daniela Stumpf über den Vorfall informiert. Stumpf reichte bei der Basler Regierung eine Interpellation ein und will wissen, wieso die Sanität an jenem Abend nur auf Kosten der Anruferin ausrücken wollte und was die Richtlinien beim Notruf 144 für das Aufbieten von Ambulanzen sind. Solange die Fragen bei der Regierung hängig sind, will sich das JSD nicht dazu äussern, da man der Beantwortung im Grossen Rat nicht vorgreifen wolle.

Siegenthaler hat zudem mit der IG Integration Jetzt eine Petition lanciert. Diese fordert eine Anlaufstelle, wo sich bedürftige Menschen melden können und diesen Hilfe organisiert wird. Als Vorbild dient dabei die Sozialambulanz «Sip Züri», die sich um Menschen in sozialen Notsituationen kümmert.