Berner Gericht spricht Chinesen wegen Menschenhandels schuldig
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Kriminalität
Schweiz

Berner Gericht spricht Chinesen wegen Menschenhandels schuldig

21.11.2025 15:27 - update 21.11.2025 16:21

Baseljetzt

Das Regionalgericht Bern-Mittelland hat am Freitag einen 39-jährigen Chinesen wegen Menschenhandels und Förderung der Prostitution zu einer Freiheitsstrafe von 7,5 Jahren verurteilt. Der Mann wird ausserdem 13 Jahre des Landes verwiesen.

Angeklagt waren 10 Fälle und über 60 Versuche, chinesische Wanderarbeiterinnen für Sexarbeit in die Schweiz zu locken. Teilweise beging der Angeklagte die Taten mit seiner Frau, die bereits verurteilt worden ist.

Die angelockten Frauen hätten sich illegal in der Schweiz aufgehalten, die Sprache nicht gekonnt und dringend Geld gebraucht, kam das Gericht zum Schluss. Ohne Prostitution hätten sie weder Geld noch Obdach gehabt. Sie hätten sich alle in einer verletzlichen Lage befunden und seien abhängig vom Angeklagten gewesen.

Der Angeklagte hingegen sei in dem Geschäft die zentrale Figur gewesen. Das gehe glasklar aus den sichergestellten Chats hervor, erläuterte der Gerichtspräsident.

Chinese war der Chef

Der Chinese habe die Wohnungen für die Frauen angemietet, Werbung auf einschlägigen Portalen geschaltet, mit den Freiern kommuniziert, die Bedingungen festgelegt, die Frauen kontrolliert und ihnen die Hälfte der Einkünfte abgenommen.

Der Angeklagte hatte vor Gericht gesagt, er habe die Frauen nur zu den Wohnungen begleitet. Dort hätten sie entscheiden können, wie sie mit den Freiern verfahren wollten. Er habe die Frauen nicht als Ware angesehen, sondern als Geschäftspartnerinnen.

«Die Mär der selbständigen Prostituierten» nahm ihm das Gericht nicht ab, wie dessen Präsident am Freitag bei der Urteilseröffnung klar machte.

Den Frauen sei durchaus klar gewesen, dass es um Sexarbeit gehe, insofern habe der Angeklagte sie nicht wirklich getäuscht. Doch die Frauen hätten überhaupt nicht selbst entscheiden können, welche Freier sie zu welchen Bedingungen bedienten. Von gleicher Augenhöhe könne keine Rede sein.

Vielmehr hätten sie Freier im Akkord bedienen müssen. Teilweise seien auch risikoreichen Sexualpraktiken zur Anwendung gekommen. Gesundheitliche Probleme der Frauen hätten den Angeklagten überhaupt nicht gekümmert.

Wer nicht spurte, wurde ausgewechselt

Wer von den Frauen nicht spurte, sei einfach ausgewechselt worden, kam das Gericht zum Schluss. Die Frauen seien «als Fleischware» angeboten worden und hätten in sehr hoher Kadenz arbeiten müssen, brachte es der Gerichtspräsident auf den Punkt. Da nütze es auch nichts, dass der Angeklagte keine physische Gewalt gegen die Frauen ausgeübt oder sie eingesperrt habe.

Der Angeklagte habe sich im Prozess als Opfer dargestellt und als derjenige, der den Frauen zu einem Geschäft verholfen habe, sagte der Gerichtspräsident. «Das Urteil soll ein Zeichen sein, dass er im Unrecht ist», führte er aus. Die Frauen seien die Opfer und er der Täter.

Der Angeklagte wurde auch wegen weiterer Delikte verurteilt, unter anderem hatte er Dokumente gefälscht, um eine Spielsperre beim Casino zu umgehen.

Mit seinem Strafmass liegt das Regionalgericht Bern-Mittelland auf der Linie der Staatsanwaltschaft. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es kann noch an die nächst höhere Instanz weitergezogen werden. (sda/ana)

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