
Brian Keller nach Angriff zu langer Freiheitsstrafe verurteilt
Baseljetzt
Das Bezirksgericht Zürich hat Brian Keller am Freitag zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Der Boxer und einst «bekannteste Häftling der Schweiz» hatte einen Kontrahenten niedergeschlagen.
Das Bezirksgericht Zürich hat Brian Keller am Freitag zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Sein Verteidiger machte sich Sorgen um die Zukunft des einst «bekanntesten Häftlings der Schweiz». Selbst der Staatsanwalt lobte den 29-Jährigen.
Die Anwältin des Geschädigten fühlte sich am Freitag offenbar im falschen Film. Zu unterschiedlich erschienen ihr die lobenden Worte des Staatsanwalts und dessen geforderte Strafe von 4 Jahren und 4 Monaten Gefängnis.
Doch der Staatsanwalt attestierte dem 29-Jährigen, auf dem richtigen Weg zu sein. Kurz nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis eskalierte zwar ein Konflikt, der nun zum Prozess führte. Aber seither seien die Prognosen einer Psychologin und eines Sozialarbeiters gut ausgefallen, sagte Kellers Verteidiger.
Tätlicher Angriff auf Kontrahenten
Am Prozess ging es in erster Linie um einen tätlichen Angriff. Keller schlug seinen Kontrahenten «Skorp» nieder, davon gibt es auch Videoaufnahmen. Sechs Schläge gegen den Kopf zählte der Staatsanwalt, der die Tat als versuchte schwere Körperverletzung einschätzte. Als Boxer wisse der Beschuldigte, welche Wirkung seine Schläge hätten. Ein «bedachtes» Vorgehen erkannte der Staatsanwalt nicht.
Ganz anders sah es der Verteidiger: Keller habe die meisten Schläge gegen den Oberkörper ausgeführt und kontrolliert zugeschlagen. Er forderte eine bedingte Freiheitsstrafe wegen einfacher Körperverletzung.
Die Anwältin des Kontrahenten «Skorp» brachte vollendete schwere Körperverletzung ins Spiel. Ihr Mandant sei als Influencer und Model von den Verletzungen auch beruflich betroffen.
«Macho-Gehabe» auf Tiktok
Die Vorgeschichte zum Angriff war ebenfalls Gegenstand der Anklage. Keller soll auf Tiktok andere zu Angriffen auf «Skorp» angestachelt haben. Für den Verteidiger nur «Show» und «Macho-Gehabe», das niemand ernst genommen habe.
Dass es am Ende zum tätlichen Angriff gekommen war, soll laut Verteidiger an Drohungen gegen Kellers Familie liegen. Der Staatsanwalt zitierte Aussagen aus der Untersuchung. Der 29-Jährige sagte etwa, dass er für seine Familie sterben würde. Reue habe Keller nicht gezeigt.
«Schläge gingen gegen Kopf»
Das Gericht blieb mit der verhängten Freiheitsstrafe acht Monate unter der Forderunge der Anklage. Den Angriff wertete es aber ähnlich. «Die Videoaufnahmen zeigen, dass sämtliche sechs Schläge gegen den Kopf des Opfers gingen», sagte der Richter bei der Urteilseröffnung. Das Gericht verurteilte Keller wegen versuchter schwerer Körperverletzung und öffentlicher Aufforderung zu Verbrechen.
Keller muss sich an die Weisungen halten, die ihn «auf den richtigen Weg» bringen sollen. Darunter regelmässige Therapie und Treffen mit dem Sozialarbeiter. Ins Gefängnis muss er vorerst nicht, das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Der Richter stellte klar, dass die Vorgeschichte mit dem langen Gefängnisaufenthalt keine Entschuldigung für die Tat sei. «Der Beschuldigte war in Freiheit, weigerte sich aber, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen», sagte der Richter.
Der Prozess fand ohne den Beschuldigten statt, der sich dispensieren liess. Dennoch waren mehrere Polizisten vor Ort, welche die Besucher kontrollierten. Kellers Kontrahent war an der Verhandlung als Privatkläger anwesend. Er kam direkt aus dem Gefängnis, wo er seit einem Jahr sitzt – ebenfalls im Zusammenhang mit der Tiktok-Fehde mit Keller.
Wichtiges Verfahren am Obergericht
Entscheidend für Kellers Zukunft wird der kommende Prozess am Obergericht sein. Voraussichtlich werden alle offenen Verfahren zusammengelegt. Es ist davon auszugehen, dass auch das Urteil vom Freitag weitergezogen wird.
Zwar droht Keller eine mehrjährige Freiheitsstrafe. Je nach verhängter Dauer könnte es aber sein, dass er diese bereits abgesessen hat.
Der 29-Jährige sass im Gefängnis, seit er 20 war. Erst als 28-Jähriger kam er auf freien Fuss. Lange Zeit sass er hinter Gittern zudem in Isolationshaft. Bekannt wurde Keller durch einen Dok-Film von Schweizer Radio und Fernsehen SRF über jugendliche Straftäter, damals noch als «Carlos».
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