
Bundesrat will klarere Regeln bei Tempo 30 auf Hauptstrassen
Baseljetzt
Für die Einführung von Tempo 30 auf Hauptstrassen in Städten und Dörfern soll es klarere Regelungen geben, aber kein Verbot. Das hat der Bundesrat am Mittwoch kommuniziert.
Mit Anpassungen von Verordnungen will der Bundesrat einen Parlamentsauftrag erfüllen. Bei der Umsetzung kann das Parlament nicht mitreden.
Der Bundesrat hat am Mittwoch Änderungen der Signalisationsverordnung und der Lärmschutzverordnung bis zum 5. Dezember in eine Vernehmlassung gegeben. Dabei geht es um verkehrsorientierte Strassen oder eben Hauptverkehrsachsen. Siedlungsorientierte Strassen sind nicht betroffen.
Innerorts Flüsterbelag
Konkret plant er, dass vor der Einführung von Tempo 30 auf Durchgangsstrassen nachgewiesen werden muss, dass die Massnahme keinen unerwünschten Ausweichverkehr durch die Quartiere verursacht. Tempo 30 auf Hauptstrassen zu untersagen, würde laut Bundesrat den Bemühungen für die Verkehrssicherheit zuwiderlaufen.
Festhalten will der Bundesrat, dass die Hierarchie im Strassennetz auch bei Tempo 30 auf Hauptstrassen gewahrt bleiben muss. Entsprechend muss im Gutachten geprüft werden, ob diese Voraussetzung erfüllt ist. An der Kompetenz der für die Planung zuständigen Behörden wird nicht gerüttelt.
Geht es um das Vermeiden von zu viel Verkehrslärm auf Hauptstrassen, will der Bundesrat in erster Linie auf sogenannte Flüster-Strassenbeläge setzen. Eigentümer der Strassen sollen bei einem Neubau innerorts lärmarme Beläge einbauen müssen.
Bei überschrittenen Umweltbelastungs-Grenzwerten soll Tempo 30 aber möglich bleiben, bei Bedarf auch vorübergehend. Das soll beispielsweise gelten, wenn ein lärmarmer Belag erst bei einer späteren Sanierung eingebaut wird oder nicht eingebaut werden kann.
Wegen der Vorgabe für lärmarme Strassenbeläge dürften höhere Kosten entstehen, weil diese Beläge teurer sind. Auch müssen sie, damit sie den Strassenlärm auch wirklich senken, öfter ausgetauscht werden als konventionelle Beläge.
Gesetzesänderungen verlangt
Für siedlungsorientierte Strassen, etwa Quartierstrassen, plant der Bundesrat keine Änderung. Temporeduktionen auf 30 Kilometer pro Stunde sind dort seit 2023 ohne Gutachten möglich. Tempo 30 darf auch gelten, wenn es ausschliesslich der höheren Lebensqualität dient, also auch ohne Gründe der Sicherheit oder der Umweltbelastung.
Verlangt hatte die Neuregelung das Parlament, indem es eine Motion von Nationalrat Peter Schilliger (FDP/LU) überwies. Im Vorstoss war die Rede von Gesetzesanpassungen. Auf Hauptachsen innerorts sollte demnach Tempo 50 vorgeschrieben sein, und es sollte möglich werden, Tempo 30 auf Siedlungsstrassen zu reduzieren.
Indem der Bundesrat nun aber Verordnungsänderungen vorschlägt, nimmt er dem Parlament die Möglichkeit, bei den neuen Regeln mitzureden. Auch eine allfällige Referendumsabstimmung ist so nicht möglich. Die Reaktionen auf die Pläne fielen unterschiedlich aus.
«Das ist undemokratisch»
Der Touring Club Schweiz (TCS) begrüsste das Vorgehen. Mit ihren Vorschlägen werde eine allgemeine Geschwindigkeitslimite von 30 Kilometern pro Stunde in der Stadt nicht möglich sein, schrieb er. Das komme dem Verkehrsfluss, dem öffentlichen Verkehr, den Rettungsdiensten und schnellen E-Bikes zugute.
Der TCS erinnerte an die 2001 an der Urne abgelehnte Volksinitiative «Strassen für alle», die die flächendeckend Tempo 30 innerorts verlangt hatte. Repräsentative Umfragen seither hätten diese Haltung in der Bevölkerung bestätigt, so der TCS.
Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) kritisierte, dass mit der Verordnungsänderung die Kantone und Gemeinden bevormundet würden. Die neue Regelung würde Tempo 30 auf Hauptstrassen innerorts erschweren, auf Kosten der Sicherheit und an den Stimmberechtigten vorbei. «Das ist undemokratisch.»
Eingriff in Organisationsautonomie
«Bundesrat Albert Rösti hat Angst vor einem Referendum, bei dem die Bevölkerung der schädlichen Auto-Ideologie, wie bereits beim Autobahnausbau, einen erneuten Korb gibt», kommentierte Grünen-Parteipräsidentin Lisa Mazzone das Vorgehen.
Dem Gemeinde- und Städteverband reagierte ebenfalls ablehnend. Es gehe zu weit, Gemeinden und Städte in ihrer Hoheit über Temporeduktionen auf ihren Strassen einzuschränken, schrieben sie in einer gemeinsamen Mitteilung.
Auch die Städte und Gemeinden stört es, dass der Eingriff auf Verordnungsebene geschehen soll und der Bevölkerung das Mitspracherecht verwehrt werden soll. Ohne Not greife der Bund in die innerkantonale Organisationsautonomie ein, schreiben der Städte- und der Gemeindeverband in einer gemeinsamen Mitteilung. Auch eine Pflicht, lärmarme Strassenbeläge einzubauen, lehnen die Verbände ab. (sda/daf)
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spalen
innerorts sollte schlicht überall tempo 30 gelten – wäre sicherer und besser für kinder, für senioren – eigentlich für alle fussgänger – ebenfalls wäre es für velofahrer (die sich auch an ALLE regeln halten sollen!) sicherer, und zu guter letzt wäre es wegen des lärms und der umwelt besser!
dass sich rösti da quer stellt, ist unverständlich und peinlich!
Hoschi
Auch für Tiere, nicht nur für Senioren und Kinder, für jede/r.