«Das Finanzsystem ist am Ende»: Ist eine erneute Krise unvermeidlich?
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Basel-Stadt

«Das Finanzsystem ist am Ende»: Ist eine erneute Krise unvermeidlich?

28.03.2023 05:46 - update 28.03.2023 16:02
Larissa Bucher

Larissa Bucher

Über eine Woche nach der CS-Übernahme durch die UBS wird immer noch heftig über die Rettungsaktion diskutiert. Auch an der Wirtschaftsfakultät der Uni Basel, die zu einer Podiumsdiskussion einlud.

Die Rolle des Finanzmarktes, dessen Regulierung, das geldpolitische Umfeld und der historische Kontext der Übernahme: Das waren die drei Hauptpunkte, die vier Wirtschaftsexperten am Montagabend an der Uni Basel besprochen haben. Vor vollen Rängen ging es in der Aula hauptsächlich darum, zwei Frage zu klären: Wurde im Fall Credit Suisse die richtige Entscheidung getroffen und, wie geht es jetzt weiter?

Keine Bank ohne Vertrauen

«Für die Wissenschaft ist dieser Fall sehr relevant», sagt Yvan Lengwiler, Professor für Nationalökonomie an der Uni Basel. «Wir dachten immer, dass eine solvente Bank nicht plötzlich untergehen kann. Die Credit Suisse hat jetzt das Gegenteil bewiesen.» So habe die Bank Liquiditätsvorschriften bis zum Schluss erfüllt, aber trotzdem das Vertrauen der Kund:innen verloren. Das sei der Hauptgrund für den Untergang der Bank gewesen. «Einfach gesagt: Man ist auf das Geld der Kunden angewiesen und das braucht Vertrauen», sagt Lengwiler weiter. Wer dieses Vertrauen nach dutzenden Skandalen auch über Jahre nicht mehr aufbauen kann, ist schlicht keine Bank mehr.

Too big to save?

Ob die Übernahme der UBS nun die beste Lösung in diesem Fall war, dessen ist er sich nicht sicher: «Ich hätte mir gewünscht, dass man den Notfallplan, der Teil des Too Big To Fail-Gesetzes ist, umgesetzt hätte. Ausserdem wäre eine Verstaatlichung sicherlich eine sauberere Lösung gewesen.» So hätte man eine sehr grosse einzelne Bank vermieden. Das Problem dabei: «Wenn die UBS selbst Probleme hat, steht dieselbe Lösung nicht wieder zur Verfügung, da es schlicht keine Bank mehr gibt, die zur Rettung eilt. Weiter hatte die Bank schon immer einen grossen politischen Einfluss und dieser wird jetzt weiter wachsen. Das stellt die Finma vor weitere Herausforderungen.» So ist es die Finma, die neben dem Kundenschutz auch dafür sorgen muss, dass man die UBS stets im Griff hat. Denn bei einem Untergang der UBS, hätte die Schweiz ein noch viel grösseres Problem. Unmöglich sei dieses Szenario laut Lengwiler nämlich nicht: «Vor 15 Jahren hatte die UBS Probleme. Man kann nicht ernsthaft davon ausgehen, dass sie nicht wieder Probleme haben wird.»

«Wir wissen, dass sich Krisen oftmals wiederholen», sagt auch Heinz Zimmermann, Professor für Finanzmarkttheorie an der Uni Basel. So sei die Lösung der einen Krise häufig die Ursache der nächsten. Für ihn ist wichtig, dass diese Bank nun in mehrere Teile zerlegt wird. Oder: «Vielleicht kommen die Aktionäre selbst zur Einsicht, dass solche Monster-Banken ein Risiko sind für die Schweiz und dieses auf ein Mass reduziert werden muss.» Ziel müsse es sein, dass man einen Konkurs im Krisenfall abwickeln könne ohne Kosten und Risiko für die Steuerzahler:innen. «Es darf in 15 Jahren nicht zu einem weiteren Fall wie jenem der Credit Suisse kommen. Die UBS ist zu gross für ein kleines Land wie die Schweiz. Hier müssen alle zusammenarbeiten, um eine Lösung zu finden.»

Eine Zukunft ohne Vertrauen?

Die grosse Frage ist also: Wie geht es nun weiter? «Der profitable Schweizer Teil der Credit Suisse wird in den Schweizer Teil der UBS integriert werden, was viel Arbeit erfordert», sagt Lengwiler. «Das alles wird für die Arbeitnehmer:innen der CS und der UBS nicht bequem.» So wird es wahrscheinlich zu einigen Entlassungen kommen, da das Unternehmen nun doppelspurig unterwegs ist.

Berentsen blickt da schon etwas weiter in die Zukunft und spielt mit einem Gedanken, der den Finanzplatz Schweiz komplett verändern würde. «Die aktuelle Frage ist: Ist das Finanzsystem überhaupt reformierbar? Und meine Antwort ist ganz klar nein. Das System ist am Ende.» Es gäbe jedoch eine Alternative, die viele Probleme lösen könnte. «Finance, die auf Smart Contracts, also auf Blockchains basiert», erklärt Berentsen. Der Unterschied hierbei sei, dass man dabei keinen Menschen mehr vertrauen muss. «Vertrauen ist extrem teuer, die ganzen Regulierungen sind teuer aber genau diese benötigen wir wiederum, denn Vertrauen existiert nicht in der Finanzwelt.»

Bei dieser Alternative würde mit unveränderbarer Software gearbeitet werden. Das heisst: Als Kund:in interagiert man nur mit einem Code. «Bei Menschen wissen wir nie, wie sie funktionieren, aber bei Code gibt es keine Unsicherheiten mehr, denn wir wissen genau, wie er funktioniert und sich verhält. Darauf müssen wir unser Finanzsystem aufbauen.» Das sei viel stabiler und auch viel günstiger. Berentsen ist sich auf jeden Fall sicher, dass dieses Szenario eintreten wird: «Es ist unstoppable.»

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