
Das grosse Regierungsratspodium: Elf Kandidierende im Check
David Sieber
Nicht weniger als elf Kandidatinnen und Kandidaten streben am 20. Oktober einen der sieben Sitze in der basel-städtischen Regierung an. Am grossen Wahlpodium von Telebasel und dem Regionaljournal Basel/Baselland trafen sie aufeinander.
Telebasel-Chefredaktor Philippe Chappuis und Regionaljournal-Redaktorin Nina Gygax hatten am Donnerstagabend im Helvetia-Auditorium ein ambitioniertes Programm zu orchestrieren. Elf Kandidatinnen und Kandidaten in 90 Minuten so auf den Zahn fühlen, sodass sich die Wählerinnen und Wählern ein Bild ihrer künftigen Wunschregierung machen konnten.
Und so haben sich die Kandidatinnen und Kandidaten präsentiert:
Conradin Cramer (LDP)
Der Regierungspräsident, der eben den ESC nach Basel gebracht hat, hat keine Zeit für Tanzkurse. Und auch nicht zum Bücherschreiben, weil frühmorgens jetzt Kinderzeit ist. Es bestehe keine Gefahr, dass er abhebe. Denn es gebe viel zu tun. Beim Wohnschutz etwa, damit in Basel wieder investiert und saniert werde. Da könne man nicht auf die Evaluation der bisherigen Wohnschutzpolitik warten. Hingegen werde die Fachstelle Klima überprüft, die «richtig gepowert» habe. Aber jetzt müsse man schauen, wo Schnittstellen verbessert werden können.
Annina Ineichen (Grüne)
Cramers Herausforderin, die in Oberwil auf einem Bauernhof aufgewachsen ist, fährt Cargo-Velo und hat das Traktor-Billett nie gemacht. Sie möge das laute Leben, wie am Tellplatz. Auf dem Bauernhof sei es als Teenager einsam gewesen. Auch darum sei sie in die Stadt gezogen. Sie wolle Regierungspräsidentin werden, weil sie einem Querschnittsdepartement vorstünde, wo so wichtige Themen wie Kultur und Klima angesiedelt seien. Sie wolle den Job wirklich und kandidiere nicht einfach aus taktischen Gründen. Cramer mache das gut, aber «mit meinen politischen Schwerpunkten wärs mir wohler». Es brauche sozialen Wohnschutz, man müsse überprüfen, ob das Problem mit Sanierungsstau wirklich so gross sei. Aber auch investieren müsse man können. Klimaziel 2037 ist erreichbar, wenn Strategie nicht torpediert wird.
Kaspar Sutter (SP)
Der Wirtschaftsminister nimmt alle zwei Wochen Gesangsstunden. Er singe weiterhin gerne, nun aber halt nicht mehr in seiner Acapella-Gruppe und als Schnitzelbank. Es sei gut, wenn verschiedene Erfahrungen in der Regierung versammelt seien. Er sei dankbar für die Zeit im Finanzdepartement unter Eva Herzog. Zum Parkkartenstreit meint er: «Mobility ist viel effizienter. Ich hatte nie eigenes Auto. Würden das alle so machen, hätten wir sehr viel mehr Platz.» Bei uns gebe es so viele Parkkarten, weil sie günstig seien – im Gegensatz zu Luzern. Zuhause habe er noch keine Solarzellen, was aber komme, weil das Dach saniert werde. Den Vorschlag, das Hausbesitzer eine Ersatzabgabebezahlen müssen, wenn sie der Solarpflicht nicht innerhalb von 15 Jahre nachkämen, hält er für vertretbar. Investition in Solaranlagen sollen nicht auf Mieter überwälzt werden, zumal es sich rentiere für die Besitzer.
Esther Keller (GLP)
Die Baudirektorin lebt in einer WG, wo ihre MitbewohnerInnen zu den Topfpflanzen schauen müssen. «Bei mir würden sie nicht überleben.» Sie sei zu wenig daheim. Nach bald vier Jahren Verwaltung habe sie, die Ungeduldige, noch immer mit den Prozessen zu kämpfen. Das Schöne als Grünliberale: «Wir können mit allen zusammenarbeiten.» Als ehemalige Besitzerin eines VW-Busses hätte sie die höheren, nach Grösse des Fahrzeuges gestaffelten Parkkartengebühren gerne bezahlt. Grössere Wohnungen kosten ja auch mehr. Man sei intensiv dran, zu schauen, wo man Solaranlagen installieren kann auf kantonalen Bauten. «Das Volk hat uns das Ziel Netto-Null 2037 vorgegeben. Es reicht nicht, zu sagen, was nicht geht.»
Eva Biland (FDP)
Die Ärztin aus Bettingen, die einen Sitz in der Regierung anstrebt, Hat immer sechs verschiedene Schmerzmittel, aber kein einziges Schlafmittel in der in Hausapotheke. Sie fährt einen Mini Cooper S und hält die Lange Erlen für den schönsten Ort Basels. Sie ist Präsidentin des Taekwondo-Clubs Riehen. Dieser Kampfsport fasziniert sie, weil er völlig autark ist. Es sei nicht volksnah, dass die Regierung bei den Parkkarten nicht auf den Preisüberwacher gehört habe. 41 Prozent der Basler Autobesitzer hätten Parkkarten. Andere Städte würden es besser machen und Parkhäuser bauen. Zuhause hat sie eine Solaranlage, die aber derzeit defekt sei, weil beim Nachbarn der Blitz eingeschlagen habe. Sie ist gegen Solarzwang mit so kurzer Vorlaufzeit. Man sollte besser mit Anreizen schaffen.
Mustafa Atici (SP)
Der erst im Frühjahr für Beat Jans gewählte Erziehungsdirektor liest die Lokalteile der Zeitungen, hört das Regionaljournal, schaut aber kaum Telebasel. Seinen Dönerstand im Stadion vermisst er nicht. Geblieben ist ihm sein Lieblingsort, der Tellplatz. Im Kleinbasel sei man jetzt gut unterwegs. Die Sicherheit konnte erhöht werden Die Massnahmen der Regierung hätten gegriffen. Der kurdisch-stämmige Politiker findet es richtig, dass man härter durchgreift. «Auch meine Community ist sich grossenteils einig, dass man nicht akzeptiert, wenn Menschen sich nicht an die Regeln halten und zum Beispiel dealen.» In Sachen Behebung des Lehrermangels komme man vorwärts. Integrative Schule sei eine gute Idee, «aber wir haben Probleme in den Klassen». Deshalb unterstütze er die Schaffung von Förderklassen. «Das ist eine Chance für schwächere Kinder, den Anschluss zu finden.»
Stephanie Eymann (LDP)
Die Verkehrsdirektorin ist vor allem zu Fuss in der Stadt unterwegs. Da sei ist es einfach, sich an Verkehrsregeln zu halten, aber sie sei auch schon bei Rot über die Strasse gelaufen. Die Regierungsrätin, die unter anderem wegen der Zustände bei der Polizei seit Monaten im Krisenmodus läuft, werde oft auf ihre Augenringe angesprochen. «Die Leute sind aber sehr nett zu mir.» Sie habe nicht den Eindruck, zu lange gewartet zu haben mit Entscheiden bezüglich Polizei. Es brauchte erst den Bericht Schefer, um einen Überblick zu erhalten, wo überall Handlungsbedarf bestehe. Zu den Personenkontrollen, die häufig Migranten treffe, meint sie: «Man muss die Verhältnismässigkeit nicht immer in Frage stellen.» Was oft untergehe: Die Polizei mache auch viel Prävention: häusliche Gewalt, sichere Schulwege. Und in Sachen Schulsystem findet sie, dass es ein wenig Druck brauchte.
Oliver Bolliger (Basta)
Der Herausforderer von ganz Links fährt vor allem nach Sardinien in die Ferien. Mit dem Velo, zumindest einen Teil des Weges. Der Kleinbasler, der im St. Johann wohnt, würde sich bei der Wasserschlacht auf der Dreirosenbrücke für sein Wohnquartier ins Getümmel stürzen. Die Grösse der Wasserpistole wäre ihm egal, weil die Kleinbasler sowieso immer behaupten würde, gewonnen zu haben. Sein Jugendidol war im übrigen Che, den er heute nicht mehr nennen würde. Der Sozialarbeiter ist nicht gegen Regeln. Diese müssten aber erklär- und durchsetzbar sein. Die Kultur bei der Polizei führe zu einem schlechten Klima und dieses wiederum zum Unterbestand. Eymann hätte früher eingreifen müssen. Kontrollen am Brennpunkt Dreirosen seien wichtig. «Die Frage ist, wie sie durchgeführt werden». Er sei gegen die Förderklasseninitiative. Denn: «Inklusion muss unser Ziel, unser Ideal sein.»
Tanja Soland (SP)
Im Finanzdepartement duzt man sich seit April. Sie wolle so Hürden abbauen, aber vor allem «konnte mir auch nicht mehr merken, mit wem ich per Du und mit wem per Sie bin». Die Finanzdirektorin ist rund um Uhr erreichbar, selbst auf dem Hundespaziergang, dank ihrer Apple-Watch. Ihr Credo als Regierungsmitglied: «Erst kommt der Kanton, dann die Partei.» Zur ewigen Diskussion um die Uni-Finanzierung gibt sie sich optimistisch: «Wir werden einen Weg finden, so dass beide Basel Trägerkantone bleiben können und die Uni genug Geld hat.» Das heisse aber nicht, dass Basel-Stadt einfach die Kasse aufmache, «wir machen bloss die Türe nicht zu». Es laufe hinter verschlossenen Türen viel in der Sache. Die ausserordentlich hohen Steuereinnahmen möchte sie weiterhin am liebsten für den Schuldenabbau verwenden. Die Idee, der Gewinn den Einwohnerinnen und Einwohnern einmalig zurückzuerstatten, findet sie aber besser, als die Steuern dauerhaft zu senken. Denn man wisse nie, wie es den Grosskonzernen in Zukunft gehen werde.
Stefan Suter (SVP)
Der Anwalt, der aufgrund der Schnittmenge auch bei der FDP oder gar der Mitte hätte landen können, hält sich zum Ausgleich Schafe. Das stelle einen Bezug zur Natur her. Er lebe sehr gut ohne Social Media und mache auch für die Wahlen keinen Account. Wenn er zeitreisen könnte, würde er ins 18. Jahrhundert reisen. Die Uni sei sehr wichtig für BS und die ganze Region und darüber hinaus. «Dass wir aber ein paritätisches Prinzip mit dem Nachbarkanton haben, dieser aber weniger bezahlt, ist schwer verständlich.» Es sei ein unglaubliches Luxusproblem, diese Diskussion, was man mit dem (zu) vielen Geld mache. Eigentlich müsste man Steuern senken. Den Vorschlag, den Überschuss zurückzuzahlen, unterstütze er aber. Das gehe aber nicht jedes Jahr. Bei weiteren Überschüssen müssten die Steuern runter.
Lukas Engelberger (Mitte)
Der Gesundheitsdirektor schreibt den Blog «Wochendiagnose». Das liege ihm besser als auf Social Media Kurzfutter zu posten. Ihn, den man immer sehr kontrolliert erlebt, versucht sich in der Regierung «mit Bestimmtheit, nicht mit Lautstärke durchzusetzen». Das gelinge ihm aber auch nicht immer. Der Margarethenstich diene der Basler Verkehrspolitik. Deshalb sei es in Ordnung, wenn der Stadtkanton mehr bezahle als Baselland. Zur Uni meint er: «Die Partnerschaft muss zuverlässig sein.» Es sei problematisch, alle vier Jahre den Vertrag ändern zu wollen. Auch beim UKBB sei man gemeinsam Träger. Auch hier wird immer wieder neu verhandelt, aber aufgrund der Herkunft der Patienten. Es gebe ab und zu anspruchsvolle Diskussionen mit Baselland, aber es finde sich immer eine Lösung. Und zur vollen Kantonskasse sagt er: «Ich traue der Wohlfühldebatte nicht. Wir können nicht daraufsetzen, dass unsere Weltkonzerne immer so erfolgreich sind.» Den Menschen die Krankenkassen-Prämien bezahlen, wie das Zug macht, wäre eine machbare Lösung. Aber es wäre auch ein Anreiz für die stationäre Behandlung, die man aus Kostengründen runterfahren möchte.
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Hans_67
Und wo ist Eric Weber?
pserratore
👍