Das Märchen hinter Zeal & Ardor
©Bild: Marco von Allmen
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Das Märchen hinter Zeal & Ardor

22.01.2023 13:27 - update 22.01.2023 13:31
Michael Kempf

Michael Kempf

Die Entstehungsgeschichte um die Basler Band klingt wie ein modernes Märchen. Am Freitag feierte der Dokfilm über Zeal & Ardor Premiere an den Solothurner Filmtagen.

Ein rustikaler Keller, ein wackliger Tisch, darauf ein Macbook und ein Mischpult und dahinter Manuel Gagneux, der Kopf von Zeal & Ardor. So startet der Dokumentarfilm «Play with the Devil – Becoming Zeal & Ardor» von Olivier Joliat und Matthias Willi.

Am Freitag feierte dieser seine Premiere auf der Grossleinwand an den Solothurner Filmtagen. Sowohl die beiden Filmemacher als auch die sechsköpfige Band waren vor Ort.

Das Märchen hinter Zeal & Ardor
Zeal & Ardor mit den beiden Filmemachern an den Solothurner Filmtagen. Bild: zVg

Die bekannteste unbekannte Band aus Basel

International gefeiert, Tourneen quer über den Globus und dennoch eine Nischenband in der Schweiz. Hinter Zeal & Ardor steckt mehr als nur eine Band. Hinter Zeal & Ardor steckt eine Erfolgsgeschichte, die man kaum glauben mag.

Angefangen mit Manuel Gagneux, der auf verschiedenen Foren im Netz nach Musikinspirationen fragte. Eine Provokation, er solle doch Black Metal mit Sklavenmusik mischen, nahm er als Herausforderung. Der Grundstein für Zeal & Ardor war gelegt.

Wegen eines Artikels des amerikanischen Musikmagazin «Rolling Stone» wurde die Musik von Zeal & Ardor plötzlich weltbekannt. Dies fiel auch den beiden Filmemachern Matthias Willi und Olivier Joliat auf.

Für die beiden Filmemacher war klar, dass sich da eine einmalige Musikgeschichte vor ihrer Haustür entwickelte, die sie nicht verpassen wollten. «Ein virtueller Hype hievt einen jungen Künstler ins Scheinwerferlicht des internationalen Musikbusiness. Einen Menschen, der sich bisher ohne Label oder Management im öffentlichkeitsscheuen und antikapitalistischen Umfeld der subversiven Off-Bar bewegte», so Joliat.

Auch Matthias Willi, wollte diese Musikgeschichte unbedingt begleiten. «Mein Interesse war geweckt, ich nahm den Job an und lernte Manuel und seine Geschichte näher kennen. Im Austausch mit Olivier war schnell klar, dass wir diese Band begleiten wollen. Ein Musik-Märchen vor unserer Haustür!», so Willi. Anfang 2017 starteten die Dreharbeiten zu «Play with the Devil».

Vom Surrealen zum Ungewissen

Plötzlich hagelte es Konzertanfragen für Zeal & Ardor aus der ganzen Welt. Manuel Gangeux brauchte dringend eine Band. Zusammengewürfelt aus Freunden, nicht wissend, ob diese Combo überhaupt funktionieren würde, ging die Liveband auf Welttournee. Ungewissheit, Unsicherheit, Unbehagen – wird man den Wünschen der Fans gerecht? All das in Begleitung von Willi und Joliat und ihrer Kamera.

Die Sorgen waren unberechtigt. Die Basler Band wurde von den internationalen Fans bejubelt, wie auch Olivier Joliat feststellte. «In den USA werden die Texte nicht nur verstanden und mitgesungen wie in anderen englischsprachigen Ländern. Der theoretische Unterbau: Was wäre gewesen, wenn die Sklaven damals gegen die Religion ihrer Unterdrücker revoltiert und Satanisten geworden wären – das wird dort sehr politisch aufgefasst.»

Doch wie bei jedem Hype folgt irgendwann die Realität. Die Länder waren bereist, die Konzerte gespielt, die Fans unterhalten. Manuel Gagneux glückte zwar auch ein weiteres Album, es folgten weitere Tourneen und Konzerte, doch dann kam die Ernüchterung. Wie geht es weiter? War das Märchen Zeal & Ardor schon zu Ende erzählt?

Diese Frage mussten sich auch die beiden Filmemacher inmitten ihrer Doku stellen. «Hätte Manuel aufgehört, hätte ich das persönlich sehr schade gefunden. Aber die Gründe, weshalb ein Künstler so ein Märchen beendet, wären für einen Coming-of-age-Film auch spannend gewesen. Doch war der Wunsch nach Anonymität bei Manu zeitweise schon sehr gross. Und dann ist eine Dok-Crew das letzte, was du willst. Das hat uns schon Sorgen bereitet», so Joliat.

Das Märchen hinter Zeal & Ardor
Die Köpfe hinter «Play with the Devil»: Olivier Joliat und Matthias Willi. Bild: Marco von Allmen

Doch das Märchen war nicht zu Ende erzählt und die Geschichte ging weiter. Dies zeigt auch der Dokfilm «Play with the Devil» in einem berührenden Moment, als die Band im Sommer 2020 durch die Black-Lives-Matter-Bewegung einen neuen Anschub erhielt.

Mehr Schweizer Relevanz durch den Dokfilm?

International nach wie vor gefeiert und dennoch in der Schweiz immer noch eine Nischenband. Könnte sich das durch den Dokfilm «Play with the Devil – Becoming Zeal & Ardor» ändern?

«Hoffentlich. Zeal & Ardor braucht die Schweizer Aufmerksamkeit zwar kaum, weil der Markt schlicht nicht reicht, damit eine Band wie sie davon leben könnte. Umgekehrt tut es der Schweiz aber durchaus gut, wenn mal eine Band Aufmerksamkeit bekommt, die nicht irgendwelche kommerziellen Klischees bedient. Zeitgenössische Popkultur hat in der Schweiz leider keine Relevanz – besonders in der Musik», meint Joliat.

Das Märchen hinter Zeal & Ardor
Manuel Gagneux, Matthias Willi und Olivier Joliat auf der Bühne. Bild: Marco von Allmen

An den Solothurner Filmtagen sorgte der Film jedenfalls bereits für Begeisterung. Ganz zur Erleichterung der beiden Filmemacher, hatten sie doch bis zur Premiere ein leicht mulmiges Gefühl. «Ich war trotz positivem Bauchgefühl und viel Studieren und Probieren mit dem ganzen Team nicht sicher, ob der Film wirklich funktioniert», so Joliat. Doch spätestens nach der Vorführung war dieses Gefühl verflogen, wie Joliat gegenüber Baseljetzt bestätigt: «Was wir nach dem Film im Foyer und auf dem Trottoir hören durften, war Balsam für die Nervosität.»

Der Dokumentarfilm «Play with the Devil – Becoming Zeal & Ardor» kommt im März in die Basler Kinos. Wie es dann mit dem Märchen Zeal & Ardor weitergeht, wird sich zeigen.

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