Das spricht für den kantonalen Mindestlohn – und das dagegen
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Das spricht für den kantonalen Mindestlohn – und das dagegen

21.01.2025 18:28 - update 25.03.2025 14:16
David Frische

David Frische

Das Baselbieter Stimmvolk entscheidet am 9. Februar, ob der Kanton in der Wirtschaft einen Mindestlohn von 22 Franken einführen soll. Ein Überblick über die Argumente der Befürworter und über jene der Gegner.

Basel-Stadt hat ihn bereits, Baselland stimmt über ihn ab: den Mindestlohn. 22 Franken pro Stunde sollen alle Arbeitnehmenden im Kanton Baselland branchenübergreifend erhalten, so die Forderung der Gewerkschaft Unia. Unterstützt werden sie von der SP und den Grünen. Die anderen Parteien – GLP, Mitte, FDP und SVP – sind dagegen.

Im Landrat wurde die Vorlage im vergangenen Oktober mit 54 zu 29 Stimmen klar abgelehnt. Die Regierung empfiehlt ebenfalls ein Nein zur Initiative, einen Gegenvorschlag legt sie nicht vor.

Befürworter: Geringverdiener und Gemeinden entlasten

Gemäss der Gewerkschaft Unia, die hinter der Initiative steht, verdienen im Kanton Basel-Landschaft rund 12’000 Menschen weniger als 22 Franken pro Stunde. Das sind vier Prozent der Bevölkerung. «Viele Arbeitnehmende können trotz einer 100-Prozent-Stelle nicht von ihrem Lohn leben. Sie sind auf Sozial- und Ergänzungsleistungen angewiesen», so Lucien Robischon von der Gewerkschaft. Da schaffe der Mindestlohn Abhilfe.

Zudem würden davon auch die Gemeinden profitieren, da sie die Sozialleistungen an Bedürftige ausrichten. Das komme somit auch den Steuerzahler:innen zugute, die wiederum die Gemeindekasse finanzieren.

Gegner: Mehr Kosten für KMU und Konsumenten

Die Gegner des kantonalen Mindestlohns sehen in diesem eine Gefahr für die lokale Wirtschaft. Die Sozialpartner würden faire Löhne für die einzelnen Branchen ausarbeiten. «Es kann nicht sein, dass die Politik das übersteuert und meint, sie wisse besser, was pro Branche der richtige Lohn ist», argumentiert der Baselbieter FDP-Landrat Sven Inäbnit.

Dieses Argument lässt die Unia nicht gelten. «Es geht um eine Untergrenze», so Robischon. In den einzelnen Branchen könne man weiterhin Löhne aushandeln, beispielsweise im Rahmen eines Gesamtarbeitsvertrags (GAV). Das Eine schliesse das Andere nicht aus.

Was wiegt schwerer: Kosten oder Kaufkraft?

Für die Gegner ist zudem klar, dass ein Mindestlohn einen grossen bürokratischen Aufwand mit sich bringt, sowohl für die Unternehmen als auch für die Verwaltung. Das sei wichtiger als die Frage, ob die KMU einen Mindestlohn von 22 Franken pro Stunde stemmen können, so Inäbnit: «Es geht darum, dass die Bürokratie grösser wird. Das führt zu höheren Kosten für die Unternehmen». Diese würden abgewälzt auf die Produktion und die Dienstleistungen. «Letztendlich trifft es die Konsumenten. Gerade jene, die weniger hoch verdienen, werden durch die Preissteigerungen stärker belastet.»

Nach Einschätzung der Unia bewirkt ein Mindestlohn genau das Gegenteil: Er stärke die Kaufkraft der Arbeitnehmenden. Wer mehr im Portemonnaie habe, könne auch mehr Geld ausgeben.

«Ein Angriff auf die Berufslehre»

Ein weiterer Streitpunkt sind die Auswirkungen eines Mindesteinkommens auf die Berufsbildung. Für die bürgerlichen Parteien ist der Mindestlohn ein «Angriff auf die Berufslehre». Junge Menschen hätten weniger Anreiz, eine Lehre zu machen, da Ungelernte ein ähnliches Lohnniveau erreichen wie ausgebildete Arbeitnehmende. Mitte-Landrat Marc Scherrer argumentiert: «Gerade junge Menschen würden sich fragen, ob sich für sie eine Lehre überhaupt noch lohnt, wenn der Staat ihnen auch ohne Ausbildung einen Lohn von 22 Franken garantiert.»

Die Unia sieht die Berufslehre nicht bedroht, das zeige sich in anderen Kantonen, die den Mindestlohn bereits haben. «Für eine Lehre entscheidet man sich aus anderen Gründen: Weil man einen Beruf sehr gerne hat, weil man sich für einen Beruf entscheiden will. Weil man sich ein Fundament und eine Karriere aufbauen will», so Robischon.

Die Entscheidung über den Mindestlohn fällt am 9. Februar an der Urne.

Weitere Argumente für und gegen den Mindestlohn findest du in einem Streitgespräch in der Telebasel-Sendung «Punkt6 Thema». Diskutiert haben die Baselbieter Landrätinnen Saskia Schenker (FDP) und Ronja Jansen (SP).

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Kommentare

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22.01.2025 10:11

skywings2

Immer wenn es für das Fussvolk eine Verbesserung geben soll sind Rechtsbürgerliche dagegen. Ist langsam langweilig.

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22.01.2025 10:21

Sonnenliebe

Ich gebe Ihnen recht@skywings2, Sie bringen immer wieder gute Argumente in Ihren Kommentaren.

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22.01.2025 08:16

Noegi62

Mitte-Landrat Marc Scherrer argumentiert: «Gerade junge Menschen würden sich fragen, ob sich für sie eine Lehre überhaupt noch lohnt, wenn der Staat ihnen auch ohne Ausbildung einen Lohn von 22 Franken garantiert.»
Die Jugentliche sind ja auch nicht blöd. Die wissen auch, dass eine gute Lehre eben Freiheit bedeutet, wie einen Umzug in ein anderer Kanton. Die wollen nicht wegen dem Mindestlohn im Kanton hocken bleiben.

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