
Debatte um «Kriegsrausch»: Berset räumt falsche Wortwahl ein
Baseljetzt
Bundesrat Alain Berset sprach im Zusammenhang mit der Ukraine kürzlich von einem «Kriegsrausch in gewissen Kreisen» und sorgte damit für Empörung. Nun räumt er ein, sich bei der Wortwahl vergriffen zu haben.
Reaktionen hätten ihm gezeigt, dass das nicht die richtige Wortwahl war. Dies sagte Alain Berset in einem Interview mit der Online-Ausgabe des Tages-Anzeigers am Dienstagabend. Doch es sei klar, dass die Antwort auf diesen brutalen Angriffskrieg nicht nur Aufrüstung sein könne. Gerade die Schweiz müsse in der Logik des Friedens und der Diplomatie denken. Das sei die Stärke der Schweiz.
«Um es ganz klar zu machen», sagte Berset weiter: «Ich spreche von einem Klima der reinen Kriegslogik, das mich beunruhigt. Meine Absicht war nie, bestimmte Personen oder Staaten zu kritisieren, sondern zu zeigen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, die Ukraine zu unterstützen.»
Selbstverständlich müsse sich die Ukraine mit aller Kraft und Unterstützung verteidigen, sie habe «jedes Recht dazu angesichts der unglaublichen Aggression Russlands, sagte Berset.
Sofort verhandeln müssen wäre falsch
Offenbar sei auch der Eindruck entstanden, die Ukraine müsse sofort mit Russland verhandeln. Das sei falsch. Die Bedingungen dafür seien nicht gegeben. «Denn dafür muss Russland den Krieg stoppen, das Völkerrecht und die Menschenrechte respektieren und das ukrainische Territorium verlassen, wie der Bundesrat das auch nach der letzten Sitzung noch einmal gefordert hat», betonte Berset weiter.
Berset versuchte am Dienstagabend auch vor Publikum an der Universität (HSG) St. Gallen zu beschwichtigen. Bei vielen internationalen Kontakten habe er festgestellt, dass die Diskussion um das Geschehen in der Ukraine überwiegend in einer Kriegslogik geführt werde, sagte er in einem Gespräch, das in der Sendung 10vor10 des Deutschschweizer Fernsehens SRF ausgestrahlt wurde.
Es sei aber notwendig, breiter zu sehen, meinte der Bundespräsident. Er verwies auf den Schutz der Zivilbevölkerung und die Entminung in der kriegsversehrten Ukraine.
Co-Präsidentin der SP distanziert sich
Zuvor hatte sich SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer Bersets Ausdruck «Kriegsrausch» im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und den westlichen Waffenlieferungen distanziert.
Wenn überhaupt, dann sei der russische Präsident Wladimir Putin in einem solchen Rausch, sagte Meyer. «Ich spüre keinen solchen Kriegsrausch», sagte die SP-CO-Präsidentin am Dienstag in der Vorabend-Tagesschau von SRF.
Es handle sich um Bersets persönliche Meinung, so Meyer. Sie als Person und auch als Partei-Co-Präsidentin teile diese nicht. Das habe sie ihrem Parteikollegen Berset mitgeteilt.
Richtlinien zu Exporten wieder entschärfen?
Natürlich gebe das Kriegsgeschehen jenen Kräften Auftrieb, die grundsätzlich für eine Verstärkung der Armee eintreten, sagte Meyer. Und diese würden auch versuchen, sich die Situation zu Nutze zu machen und etwa Richtlinien zu Kriegsmaterialexporten wieder zu entschärfen.
Die Regierung agiere wenig kohärent und verstecke sich hinter der Neutralität, hatte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth am Montag gegenüber der “NZZ” gesagt. «Ich teile den Wunsch von Alain Berset nach einem Ende des Blutvergiessens, aber weder seine Analyse noch die Schlussfolgerungen», sagte der Aargauer Nationalrat der Online-Ausgabe.
Im Moment gebe es keine Perspektive für Verhandlungen. Putin habe andere Ziele, er sei das einzige Hindernis für Frieden, so Wermuth. (sda/mal)
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mil1977
Russland selbst treffen, das wird die neue Phase der Verteidigung sein.
Tatsächlich mal militärische Einrichtungrn und Stützpunke der russischen Armee treffen. Den Feind bereits ausserhalb des eigenen Hoheitsgebietes ausschalten, zumindest grenznah.
Das ist auch Verteidigung, Vorne-Verteidigung.