Staatsanwaltschaft fordert 3,5 Jahre Gefängnis für frühere Beyeler-Kassiererin
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Gerichtsprozess
Basel-Stadt

Staatsanwaltschaft fordert 3,5 Jahre Gefängnis für frühere Beyeler-Kassiererin

02.08.2023 09:00 - update 03.08.2023 11:19

Baseljetzt

Eine ehemalige Kassiererin der Fondation Beyeler soll über Jahre fast eine Million Franken in die eigene Tasche gesteckt haben. Nun steht sie vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft fordert mehrere Jahre Gefängnis.

Die Basler Staatsanwalt sah die aufgeführten Delikte des gewerbsmässigen Diebstahls, der mehrfachen Veruntreuung, mehrfachen Urkundenfälschung und gewerbsmässigen Geldwäscherei als klar erwiesen an. Zusätzlich zur Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren solle die beschuldigte Kassierin bedingt eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 80 Franken auferlegt werden. Dies die Forderung der Staatsanwaltschaft am ersten Prozesstag am Basler Strafgericht.

Einen Landesverweis erachtete der Staatsanwalt als unverhältnismässig, weil die Beschuldigte seit ihrem zweiten Lebensjahr in der Schweiz lebe und zu ihrem Heimatland Serbien keinen Bezug mehr habe.

Die Privatanklagevertreterin der Fondation Beyeler forderte ihrerseits einen Schadenersatz in der Höhe von 899’421 Franken zuzüglich Zins von 5 Prozent.

Anklage stützt sich auf Bareinzahlungen

Es sei nicht möglich, jeden einzelnen deliktmässigen Griff in die Kasse der Fondation Beyeler aufzuzählen, sagte der Staatsanwalt. Aber bei der Überprüfung der Kontobewegungen der Beschuldigten sei man auf nicht erklärte Bareinzahlungen in der Höhe von 25’000 bis 150’000 Franken pro Jahr gestossen, die sich nur auf diese Quelle zurückführen liessen, zumal diese Einzahlungen nach ihrer Entlassung im Juni 2019 schlagartig ausgeblieben seien.

Belastende Aussagen ehemaliger Arbeitskollegen

Bei der Zeugeneinvernahme hatte zuvor ein ehemaliger Kassenmitarbeiter ausgesagt, dass er 2019 unter seinem Namen abgebuchte Stornierungen von Billettverkäufen entdeckt habe, die er nicht veranlasst habe. Von der Schrift her habe er die Angeklagte im Verdacht gehabt.

Als zweiter Zeuge bestätigte der ehemalige Aufsichtsleiter des Museums, dass es wegen der Häufung von Notfalltickets weitere Verdachtsmomente gegeben habe. Das sei 2019 bei der Picasso-Ausstellung 20 bis 40 Mal pro Tag der Fall gewesen.

Vier Autos gekauft – ohne Führerausweis

Zu den hohen ungeklärten Bareinzahlungen auf ihr Konto und die hohen Ausgaben etwa für Reisen oder Kleider machte die Angeklagte keine oder nur marginale Aussagen. Auf den Kauf von vier Autos, den sie als Nichtbesitzerin eines Führerausweises getätigt habe, sagte sie, dass sie das Geld für andere vorgeschossen habe.

Die beschuldigte 54-jährige Frau, die als Angestellte der mit dem Billettverkauf beauftragten ISS Facility Services von 2008 bis 2019 an der Kasse der Fondation tätig war und diese ab 2010 auch leitete, steckte laut Anklageschrift mindestens 986’126 Franken in die eigene Tasche.

Dabei habe die Beschuldigte mit Hilfe von Tricksereien, die lange Zeit nicht entdeckt wurden, Eintrittskarten verkauft, ohne diese über die Kasse zu verbuchen. Des Weiteren habe die Beschuldigte Eintritte doppelt verkauft. Und schliesslich habe sie regulär erfolgte Ticketverkäufe nachträglich zum Teil über die Kassencodes ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern storniert und die Beträge der Kasse entnommen.

Verteidigung: Grossteil der Vorwürfe nicht erwiesen

Der Verteidiger sah die seiner Mandantin vorgeworfenen Tatbestände des Diebstahls, der Urkundenfälschung und der Geldwäscherei als nicht gegeben. Nur in den wenigen Fällen der Stornierung zum eigenen Nutzen könne von einer Veruntreuung die Rede sein, sagte er. Sofern beantragte er eine bedingte Freiheitsstrafe von 24 Monaten.

Der Staatsanwaltschaft warf er vor, die kolportierten Diebstahlhandlungen nicht genau abgeklärt zu haben. Sie habe sich in erster Linie auf die Bareinzahlungen auf das Konto der Beschuldigten gestützt, ohne nachweisen zu können, dass es sich um Geld aus der Kasse der Fondation handeln würde. Es sei nicht Sache der Kontobesitzerin, die Quelle der Gelder zu deklarieren – es könnten ja Zahlungen eines unbekannten Gönners sein.

Die Verhandlung am Basler Strafgericht ist auf drei Tage angesetzt. Das Urteil wird am Freitag verkündet. (sda/daf)

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Kommentare

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02.08.2023 18:38

PJPM

Immer wieder lustig, auf was für abschwächende Begründungen die Strafverteidiger kommen…
“Es könnten ja Zahlungen eines unbekannten Gönners sein”, Na, dann husch heraus mit der Sprache, der könnte doch entlastend sein… warum zitiert der Verteidiger diesen “Gönner” nicht als Zeugen? Ich wage eine Vermutung: Es gibt ihn nicht. Bin gespannt, wie das Gericht die Märchenstunde würdigt.
…à suivre

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02.08.2023 14:03

jetzt_aber

Die einfachsten Tricks sind immer die wirkungsvollsten…

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