
«Der Wahlkampf wurde nicht im Netz entschieden»
Shahed Staub
Anina Ineichen konnte sich im Wahlkampf gegen Esther Keller nicht durchsetzen. Trotz eines besseren Auftritts in den sozialen Medien, wie eine Expertin einschätzt. Die Grünen kennen die Gründe.
Anina Ineichen hat den Sprung in den Regierungsrat nicht geschafft. Rot-Grün hat zwar mobilisiert, und genau deshalb konnte sich Ineichen reale Chancen auf einen Sieg ausrechnen. Doch der rot-grüne Angriff auf den Sitz der GLP ist gescheitert. Es kam zu einem Erdrutschsieg für Esther Keller, die im zweiten Wahlgang ihren Sitz mit über 10’000 Stimmen Vorsprung verteidigte. Dabei war Ineichens Wahlkampf auf den sozialen Medien durchaus überzeugend.
«Der Auftritt von Anina Ineichen in den sozialen Medien wurde deutlich stärker verbreitet. Und war auch inhaltlich überzeugender», stellt Politikwissenschafts-Professorin Stefanie Bailer fest. Und ein erster Blick auf die Kurznachrichtenplattformen X und Bluesky bestätigt Bailers These: Während Keller auf Bluesky gar nicht vertreten war, sind die Posts von Ineichen deutlich, gezielt und mit konkreten Ansätzen gestaltet. Auch in puncto Reichweite geht der Punkt an Ineichen: Sowohl auf Instagram als auch auf TikTok wurden ihre Videos während des zweiten Wahlkampfes häufiger geklickt.
«Wir kämpften im Netz gegen bereits vorgefertigte Meinungen»
Davon kann sich Ineichen nichts mehr kaufen – ihr Mini-Sieg im Wahlkampf auf den sozialen Medien bleibt höchstens ein magerer Trostpreis. Ein Trostpreis, für den sich Ineichen regelrecht ins Zeug legte: Persönliche Einblicke, gewürzt mit einer guten Prise Humor, waren ihr Rezept für den Social-Media-Auftritt im zweiten Wahlgang. Dafür holte sich Ineichen sich Unterstützung von ihren Parteikolleg:innen Anouk Feurer und Laurin Hoppler. Beide sind erfahren im Umgang mit Social-Media-Auftritten. Gemeinsam erstellte das Trio Beiträge für TikTok, Instagram und Facebook – informativ, unterhaltsam, spontan, teils humorvoll, teils im modernen Sinne «cringe».
Dass die Videos dabei auch einmal gegen die ungeschriebenen Regeln der politischen Norm verstiessen, nutzten sie bewusst aus. «Am Ende gehst du den Menschen im Wahlkampf sowieso auf die Nerven», erklärt Hoppler gegenüber Baseljetzt. «Also entschieden wir uns für das kleinere Übel, indem wir den Leuten mit lustigen Videos zumindest ein bisschen Unterhaltung boten, wenn wir ihnen schon auf die Nerven gehen.» Mit den unterhaltsamen Wahlkampfvideos hoffte das Trio um Anina Ineichen, auch eine apolitische Zielgruppe auf den sozialen Medien zu erreichen. Diesmal jedoch ohne Erfolg.
Denn der Wahlkampf wurde am 24. November nicht im Netz entschieden, das weiss auch Hoppler: «Die Wahl fand gar nicht erst auf Social Media statt. Zu viele hatten bereits vorgefertigte Meinungen, da hatten wir keine Chance mehr, etwas daran zu rütteln.»
Feedback für die Redaktion
Hat dir dieser Artikel gefallen?
Kommentare lesen?
Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.
Kommentare
Dein Kommentar
Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise