Die Frauen demonstrierten im ganzen Land für Gleichstellung
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Schweiz

Die Frauen demonstrierten im ganzen Land für Gleichstellung

14.06.2023 21:15

Baseljetzt

Nicht nur in Basel, im ganzen Land gingen die Frauen am Mittwoch auf die Strasse. Dem feministischen Streik folgten Zigtausende.

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) schrieb in einer Mitteilung am Abend von über 300’000 Teilnehmenden in der ganzen Schweiz. Dies sei ein «starkes Zeichen für mehr Gleichstellung». Diese Mobilisierung zeige, dass es so nicht weitergehen könne: Es brauche jetzt konkrete Fortschritte.

In Bern gingen am Abend mindestens 20’000 Frauen auf die Strasse. Die Veranstalterinnen sprachen sogar von rund 50’000 Demonstrierenden. Auch SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider und ihre Parteikollegin, alt Bundesrätin Simonetta Sommaruga, mischten sich unter die Demonstrierenden.

Im Zentrum der Forderungen stand gleicher Lohn bei gleicher Arbeit sowie eine Rentenform, die auch Frauen ein Altern in Würde erlaube. Es brauche den Druck der Strasse für Fortschritte, hiess es. Die Bundesstadt war bereits den ganzen Mittwoch in violett getaucht. Insgesamt gingen rund 50 Aktionen, Veranstaltungen und Kundgebungen über die Bühne.

Umzugsroute in Zürich geändert

In Zürich blockierten Demonstrierende am Nachmittag den Paradeplatz. Die Polizei räumte die Blockade unter anderem mit Reizgas. Sie nahm eine Demonstrantin fest. Ein Polizist wurde verletzt.

Am Abend zogen mehrere zehntausend Demonstrantinnen durch die Stadt – unter ihnen einzelne Männer. Ein Brand am Limmatquai führte zu einer Änderung der Umzugsroute. Das Stadtparlament brach seine Sitzung aufgrund eines Ordnungsantrags der Ratslinken nach 30 Minuten zugunsten des Streiks ab.

20’000 Teilnehmende in Lausanne

In Lausanne zogen fast 20’000 Menschen durch die Stadt – vorab jüngere Frauen. Am Genfer Umzug nahmen 8’500 Personen teil. Der Demonstrationszug durch die Altstadt in Luzern wuchs auf mehrere tausend Frauen an. In Delsberg kamen etwa 1’500, in Bellinzona waren es gemäss Polizei ‘200.

In Sitten benannten Frauen mit violetten Schildern Strassen um, weil es im Wallis nur zwei Strassen mit Frauennamen gibt – mit jenen zweier Heiliger. Mehrere hundert Frauen forderten in Aarau mehr Gleichstellung, Lohn und Respekt. Etwa 400 versammelten sich in Chur.

Gefährdete Fortschritte

Alt Bundesrätin Ruth Dreifuss (SP), eine der Urheberinnen des ersten Frauenstreiks, sagte im Radio SRF, die Gleichstellungspolitik habe Fortschritte gemacht. Es gebe aber gewisse Parteien, welche diese Fortschritte wieder rückgängig machen wollten.

Bundespräsident Alain Berset (SP) prangerte bei der Eröffnung des Gipfels der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in Genf die Benachteiligung der Frauen an. Eine zentrale Forderung der Gewerkschaften galt Gesamtarbeitsverträgen in Frauenbranchen.

Einige Aktionen waren landesweit organisiert. So lief um 10;46 Uhr eine Manifestation gegen die Ungleichheit bei den Renten. Bei der zweiten Aktion um 13:33 Uhr protestieren die Frauen, weil sie ab dann wegen Pflege- und Erziehungsarbeit kein Einkommen mehr erzielen. Um 15:42 Uhr markierte eine weitere Aktion, dass Frauen ab diesem Zeitpunkt wegen der Lohnungleichheit von 18 Prozent gratis arbeiten.

Arbeitsniederlegungen und Protestaktionen

Gemäss der Gewerkschaft Unia gab es Arbeitsniederlegungen etwa von Reinigungskräften. So blockierten 25 Frauen die SOS-Reinigung in Luzern wegen unbezahlter Wegzeiten, verspäteter Lohnzahlungen sowie Mobbing und Diskriminierung. Der Betrieb willigte ein, den Forderungen nachzukommen.

In Zürich gingen Reinigerinnen von Luxushotels gegen tiefe Löhne und viel Stress auf die Strasse. An verschiedenen Orten protestierten Verkäuferinnen, Pharmaassistentinnen und Uhrenarbeiterinnen. Die Uhrenindustrie ist gemäss dem Bundesamt für Statistik die Branche mit den grössten Lohnunterschieden.

In Le Sentier versammelten sich 300 Uhrenarbeiterinnen. Sie trafen sich damit an dem Ort, von dem die Idee zum Frauenstreik 1991 ausging. Sie stammte von der Uhrenarbeiterin Liliane Valceschini, welche Christiane Brunner überzeugte, die damalige Vizepräsidentin des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds und Ikone des Frauenstreiks. (sda/mal)

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