
Die Madonna im Holunderstrauch: Meltingen als «Kraftort» vor der Haustür
Michel Schultheiss
Um diese Kirche im Schwarzbubenland ranken sich Sagen. Die «Maria im Hag» in Meltingen ist ein wenig bekannter Wallfahrtsort in der Region. Und ein Ausflugstipp für kunsthistorisch Interessierte.
«Eines Tages», so erzählt die Legende, «verlor Frau Agathe daselbst ihren Schleier, der vom Winde fortgetragen wurden. Alles Suchen war vergeblich. Über ein Jahr später, als sie in der Gegend von Meltingen luftwandelte, rief plötzlich ihre jugendliche Begleiterin aus: Seht da, edle Frau, euer Schleier! Und wirklich, er bedeckte ein liebliches Marienbild, das in einem Holunderstrauch verborgen lag.»
So schrieb Pfarrer Viktor Jäggi anno 1920 die Legende auf. Sie stammt aus dem 15. Jahrhundert und begründete den Wallfahrtsort in Meltingen. Agathe und ihr Gatte, Ritter Hans Imer von Gilgenberg, sollen nämlich nach diesem wundersamen Fund des Marienbildnisses einen Kirchenausbau gestiftet haben. Dieser entwickelte sich über die Jahrhunderte zu einem wichtigen regionalen Pilgerort – so etwas wie die kleine Schwester von Mariastein.
Lange Geschichte
Die Gnadenfigur mit dem kleinen Christus lockte so manche Hilfesuchende auf. So suchten etwa Bäuerinnen und Bauern die Madonna auf, wenn die Maul- und Klauenseuche im Schwarzbubenland wütete, sagt der Meltinger Kirchenratspräsident Lorenz Vögtlin gegenüber Baseljetzt. Manche verbanden die Reise mit einem Wellness-Aufenthalt – schliesslich war die Mineralquelle von Meltingen bekannt. Auch heute kämen immer wieder Pilgerinnen und Pilger hierher, sowohl ältere wie auch jüngere. Meltingen sei schlieslich ein «Kraftort», sagt Vögtlin.
Der Vorgängerbau der Kirche wurde bereits im Jahr 1375 in einer Urkunde erwähnt, wie die Solothurner Denkmalpflege schreibt. Der Sakralbau wurde im 18. und 20. Jahrhundert umgebaut und im Jahr 2015 zuletzt restauriert. Nebst der alten Marienfigur steht auch Johannes der Täufer als Schnitzwerk im Chor der denkmalgeschützten Kirche. Auch dieser hat eine interessante Geschichte: Vermutlich wurde er während der Zeit des Basler Bildersturms aus dem Steinenkloster gerettet.
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