Wahlen 2023
Baselland

Die Plakatflut im Baselbiet erhitzt die Gemüter

07.10.2023 07:32 - update 07.10.2023 11:56

Lars Franzelli

Im Baselbiet ist der Wahlkampf in vollem Gang. Tausende Plakate wurden im Kanton aufgehängt. Die Plakatflut sorgt sogar in Online-Foren für Diskussionen. Viele stellen die Sinnfrage.

«Find das nur ich übertriebe?» Diese Frage stellt ein Nutzer am Montag im Online-Forum Reddit. Es geht um einen Lampenpfosten in Muttenz. Bis oben voll mit Wahlkampf-Plakaten. Das höchste Plakat hängt rund 15 Meter über der Kantonsstrasse.

Die Plakatflut im Baselbiet erhitzt die Gemüter
Die Plakate werden zum Teil von den Kandidat:innen hochgeschoben. Dies führt zu solchen Plakat-Türmen.Bild: Baseljetzt

Damit scheint der Verfasser einen Nerv getroffen zu haben. Der Beitrag erhält viel Zuspruch in Form mehrerer hundert Upvotes – dem Reddit-Pendant eines Gefällt mir. In den Kommentaren wird die Sinnfrage gestellt: «Wer laht sich vo dem beihflusse?»

Plakatflut im Baselbiet

Und tatsächlich: in Muttenz hängen überall Plakate. An besagter Stelle gleich an zwei Lampen-Pfosten, gut sichtbar von der Kantonsstrasse. Muttenz ist aber nur einer von vielen Orten im Baselbiet, welcher mit Plakaten zugepflastert wurde.

Eine Umfrage von Baseljetzt bei den Parteien ergibt: rund 10’000 Plakate sind im Kanton aufgehängt. Und: Die Aussagen lassen darauf schliessen, dass es Tausende mehr als noch vor vier Jahren sein dürften. Es kann also tatsächlich von einer Plakatflut gesprochen werden. Solange die Gemeinden nichts anderes beschliessen, ist das erlaubt. Eine zahlenmässige Beschränkung gibt es nicht.

Interessant daran: Wissenschaftliche Beweise, dass die Plakate den individuellen Kandidat:innen helfen, gibt es wenige. Dies bestätigt Marc Bühlmann, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Bern: «Der Wunsch von politischer Werbung ist natürlich, dass man von seiner Meinung oder von seinem Produkt überzeugen kann. Wenn man das in der Wissenschaft etwas genauer anschaut, geht Überzeugen wahrscheinlich nicht so gut.»

Alle machen mit

Obwohl Plakate als altmodisch gelten und für die Parteien einer von vielen Kanälen sind, setzen praktisch alle konsequent darauf. Auch die Kommunikationsfirma Fadeout war in der Vergangenheit mit der Produktion von Plakaten beauftragt.

Darauf zu verzichten würde viel Mut benötigen, erklärt Alexander Meyer, Geschäftsführer von Fadeout. Es seien zwar neue Möglichkeiten wie etwa Social Media dazugekommen: «Der rote Faden ist aber, dass alle Plakatwerbung machen. Dann die Einzigen zu sein, die das nicht machen. Ich glaube das kann man sich heute nicht erlauben.»

Wirkungslos sind die Plakate ohnehin nicht, erklärt Bühlmann. Zwar sei es schwierig einen positiven Effekt für die individuellen Kandidat:innen zu messen, aber die Plakate hätten eine mobilisierende Wirkung: «Die Leute merken: Oh, hier ist etwas. Ich muss mich auch langsam informieren», erklärt Bühlmann. Zudem gebe es möglicherweise langfristige Effekte, die wenig erforscht sind. So etwa ob die Parteien auf lange Frist von den Investitionen in die Wahl-Werbung profitieren.

Wichtig für die Demokratie?

Auch wenn sich die Meisten einig sind, dass die Plakatwerbung an gewissen Orten ein Übermass angenommen hat: Der politische Willen, die Plakatwerbung im Baselbiet stärker einzuschränken, ist aktuell gering.

Bisher gilt kantonal: Plakate dürfen frühestens sechs Wochen vor den Wahlen angebracht werden und den Verkehr nicht gefährden. Ansonsten gelten die Vorgaben der jeweiligen Gemeinden.

Eine Beschränkung der Wahl-Werbung im öffentlichen Raum könnte auch unvorhergesehene Effekte haben, erklärt Bühlmann: «In diesem Fall würde die Werbung in den privaten Raum verdrängt. Dieser ist in der Regel teurer.» Mit einem Verbot würden kleinere, weniger finanzstarke Parteien bestraft.

Zudem hätten Plakate auch ihre Rolle in einer Demokratie: «Wenn man es aus einer demokratietheoretischen Perspektive anschaut, ist mobilisierende Werbung ja eigentlich gut», sagt Bühlmann. Wenn man diesen Standpunkt einnimmt, könne man also sogar sagen: «Es gibt gar nicht genug Werbung, sondern es müsste noch mehr geben. Damit noch mehr Leute auf die Wahlen aufmerksam werden.»

Klar ist: Mit Wahlplakaten alleine gewinnt man noch keinen Sitz. Ob sich die Investitionen für die Kandidat:innen auszahlen, zeigen die Wahlen am 22. Oktober.

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Kommentare

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07.10.2023 11:01

Hans51

Z’Basel isch gli Herbstmäss und mir im Baselbiet hän halt vor de Wahle in jedem Dorf e Geisterbahn uffgstellt.

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07.10.2023 08:13

rosmarie54

Es heisst immer, man darf sich beim Auto fahren nicht ablenken lassen. Diese Plakate sind die besten Anlässe, genau das zu tun: vom Auto fahren ablenken. Merkwürdigerweise ist diese Ablenkung geduldet

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