Die Seelsorgerin der Gefangenen
Michael Kempf
Seit dem 1. April 2024 ist die Pfarrerin Marion Klee als Gefängnisseelsorgerin in vier Baselbieter Haftanstalten tätig. Was sie in dieser Zeit alles erlebt hat, erzählt sie in der Telebasel-Sendung «Punkt6 Thema».
«Ein bisschen nervös war ich schon», gibt Marion Klee zu, bevor sie ihre Stelle als Gefängnisseelsorgerin antrat. «Aber ich wusste von meiner Vorgängerin, wie wichtig die Seelsorge für die Menschen im Gefängnis ist.»
Die grösste Herausforderung, mit der die Gefangenen zu kämpfen haben, ist laut Klee das Eingesperrtsein. Vor allem in der Einzelhaft, wenn die Gefangenen längere Zeit alleine sind. «Dann kreisen die Gedanken viel um einen selbst. Und in so einem Moment kann es helfen, wenn jemand da ist, der einem auch einen Blick von aussen auf sich selbst geben kann», sagt Klee. Sie arbeitet seit April 2024 als Seelsorgerin in vier Haftanstalten im Baselbiet.
Religion steht nicht im Vordergrund
Auch wenn Marion Klee als Pfarrerin einen klaren christlichen Hintergrund hat, geht es bei der Seelsorge nicht in erster Linie um Religion. «Wir sind für alle Gefangenen da», erklärt Klee. «Es geht um alle Lebensthemen, und dazu gehört auch die Religion. Aber wenn jemand keine religiösen Themen hat, bringe ich sie von meiner Seite aus nicht ein.» Oft helfe es aber, wenn sie eine Geschichte aus der Bibel erzählen könne, die zur Situation passe, sagt Klee.
Als Gefängnisseelsorgerin unterliegt Marion Klee der Schweigepflicht, darf also nichts nach aussen tragen, auch wenn bestimmte Straftaten erwähnt werden. «Ich lese aber auch nie die Akten der Gefangenen», sagt Klee. So begegne sie den Gefangenen völlig unvoreingenommen. Das führe auch dazu, dass die Gefangenen ihr – einer für sie fremden Person – schneller vertrauen. Was gerade für Menschen im Gefängnis wichtig sei: Mit jemandem zu sprechen, dem sie vertrauen können.
Weihnachten im Gefängnis
In ihren acht Monaten als Gefängnisseelsorgerin hat Marion Klee einen Moment erlebt, der sie besonders berührt hat. «Jetzt kurz vor Weihnachten hat mir ein Mann – er ist etwas älter als ich – erzählt, dass er noch nie Weihnachten ohne seine Familie gefeiert hat.» Jetzt, durch den Gefängnisaufenthalt, sei das zum ersten Mal anders. «Das ist nicht einfach», fügt Marion Klee hinzu.
Deshalb ist es ihr wichtig, dass auch im Gefängnis Weihnachten gefeiert werden kann. «Nächste Woche feiern wir Weihnachten im Gefängnis. Ich bin mit meinem katholischen Teamkollegen da. In jedem Gang wird es dann eine ganz kleine Feier geben.» So scheint auch an einem sonst eher dunklen Ort ein wenig Licht.
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Sonnenliebe
EIne wertvolle Arbeit, vielen Dank.
Tarantinoo
wpw das ist heftig