Ein Jahr der Tiefschläge: Der etwas andere FCB-Jahresrückblick
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Ein Jahr der Tiefschläge: Der etwas andere FCB-Jahresrückblick

31.12.2023 15:33 - update 01.01.2024 10:05

Rotblau

Von einem Undercover-Trainer in der Coachingzone, über den Materialwart als Aussenverteidiger, bis hin zum Steinegrill als Hauptsponsor – das vergangene FCB-Jahr hatte einiges zu bieten. Ein Rückblick.

Kapitel 1, Januar 2023: «Hey Ref, you want a yellow shirt?»

Stellen Sie sich vor, der FC Basel spielt im sonnigen Marbella. Nachdem er wenige Tage zuvor das Testspiel gegen den SC Freiburg zwar verloren, aber trotzdem positiv gestalten konnte, freut man sich zum Abschluss des Trainingslagers auf das Spiel gegen den BVB. Vier mal dreissig Minuten, viele Wechsel, freundschaftliche Stimmung – könnte man zumindest annehmen.

Doch einer wird von der entspannten Stimmung wohl nicht angesteckt: Ein Gewinnertyp. Einer, der jeden Morgen aufsteht und die beste Version seiner Selbst sein möchte: David Degen. Da reicht ein umstrittener Elfer in einem Testspiel und man hört ihn im Livestream «hey ref, you want a yellow shirt?» schreien, womit er auf die gelben Shirts von Borussia Dortmund anspielt.

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Kapitel 2, Februar 2023: «Trainer-Crashkurs mit SRF»

April, April! – im Februar. Da guckten sie alle blöd aus der Wäsche, als in der Basler Coachingzone des Joggeli plötzlich ein bisher unbekannter Trainer stand. Nur wenige Meter hinter Heiko Vogel gab er den Auswechslungsspielern munter Anweisungen.

Der Witzbold? Ein Mitarbeiter vom SRF. Während eines Spiels in der Trainerzone den Takt angeben: das hört sich nach einer wochenlang geplanten List an. Oder man holt sich einfach eine offizielle FCB-Jacke im Fanshop.

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Kapitel 3, März 2023: «Nid dr Gring la hange»

125 Jahre BSC Young Boys: das muss gefeiert werden! Am besten mit einer schönen grossen Choreografie im gesamten Stadion Wankdorf. Nur blöd, wenn sich zuvor ein paar Leute aus einem anderen Fanlager Zugang zur Choreohalle geschafft haben.

In einer Nacht-und-Nebel-Aktion dringen Basler Anhänger in die Produktionshalle der Berner ein und entwenden einen Teil der Jubiläumschoreo. Nebenbei entsteht eine ironische Webseite inklusive 3D-Rundgang der Berner Choreohalle. Ein empfehlenswerter digitaler Ausflug für Jung und Alt.

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Kapitel 4, April 2023: «Alli uf Sanremo»

In Frankreich wird demonstriert: eine fast schon nationale Tradition. Und dann gibt es auch noch die illegale Einwanderung. Dazu irgendwas mit Köln gegen Nizza. Auf jeden Fall bleibt der Basler Gästesektor in Nizza zu. Wieso? Das genau bleibt undurchsichtig.

«Der Akt der Willkür» wird schlussendlich im Conseil d’État in Paris, dem obersten Verwaltungsgericht in Frankreich, entschieden. Und zwar zugunsten des «Lust-und-Laune-Spielchen» von Bürgermeister Christian Estrosi. Wer übrigens die Reisekosten der Auswärtsfahrt zurückerstattet haben wollte, musste juristisch klagen. Gegen den Staat Frankreich. 

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Kapitel 5, Mai 2023: «Klopf, klopf, wer ist da?»

«Ich hoffe, ich werde Sie nie mehr sehen!» – mit diesen Worten verabschiedet sich Heiko Vogel nach dem Spiel gegen den FC Lugano von Schiedsrichter Lukas Fähndrich. Einmal mehr wird so die schlechte Leistung des FCB durch das Verhalten des Interimstrainers kaschiert. Und ja, erneut wird Vogel ein Spiel von der Tribüne aus verfolgen müssen.

Doch damit nicht genug, denn nach dem Spiel poltert Vogel weiter: «Ich finde diesen Schiedsrichter menschlich zum wiederholten Mal absolut fragwürdig.» Ein Gespräch mit Fähndrich nach dem Spiel? Scheinbar unmöglich, denn trotz mehrfachem Klopfen an der Tür des Schiedsrichterraums bleibt diese verschlossen.

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Kapitel 6, Juni 2023 «It’s a match»

Wir schreiben den 20. Juni 2023. Im Mediencenter des St.-Jakob-Park wird ein neuer FCB-Trainer vorgestellt. Wieder einmal. Und als Sportchef Heiko Vogel sein Plädoyer für Timo Schultz hielt, glich dieses fast dem Refrain einer US-amerikanischen Liebesschnulze.

«Es ist ein perfect match», schwärmt der bisherige Trainer, der nebenbei noch Sportchef ist. Doch wie wir mittlerweile wissen, war diese Liebesschnulze eher ein kurzes «Hello» von Lionel Richie als ein langanhaltendes «I Will Always Love You» von Whitney Houston: Timo Schultz wird nach nur 90 Tagen seinen Posten räumen müssen.

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Kapitel 7, Juli 2023: «Das Bier wird teurer»

Man stelle sich vor, man verliert in der zweiten Qualifikationsrunde der Conference League gegen Tobol Kostanay mit 1:3 im eigenen Stadion. Natürlich rein hypothetisch. Will man sich das Gesehene schöntrinken, muss man nun tiefer ins Portemonnaie greifen – auch das noch!

Keine Meistertitel, keine Cupfeier, kein Europapokal. Und jetzt muss man sogar 50 Rappen mehr für das Bier bezahlen. Zum Glück bleibt das Coca Cola Zero preislich unverändert. Was für ein Trost.

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Kapitel 8, August 2023: «Wenn nicht Schweizermeister, dann Transfermeister»

Neben 21 Abgängen verzeichnet der FC Basel im Sommertransferfenster 18 Neuzugänge. Weltweit nur zwei Teams hatten diesen Sommer mehr Zugänge. Berücksichtigt man allerdings die Anzahl der Spieler, die nicht ablösefrei gewechselt sind, ist der FCB sogar Weltmeister. Unglaublich!

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Kapitel 9, September 2023: «Wäre es mit Roger Eglin anders gekommen?»

Timo Schultz wird am 29. September entlassen. Zu unbefriedigend waren die sportlichen Resultate in jüngster Vergangenheit. Ein weiterer Schnellschuss? Nein!

Auch wenn Schultz zwar einen Schlüsselbund gehabt haben sollte, waren wohl die falschen Schlüssel dran. Ob man diesen Schlüssel nach nur drei Liga-Spielen mit dem kompletten Kader bereits haben muss, ist jedoch fraglich. Insgesamt 39 Mutationen im Kader musste Schultz über den Transfersommer hinnehmen. Viele davon erst im späten August. Das Kader war derweil so klein, dass im Training auch mal der Materialwart des FC Basel aushelfen musste – als Aussenverteidiger.

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Kapitel 10, Oktober 2023: «Bis auf Weiteres keine Tore»

4 Spiele, 0 Punkte, 0 Tore: Das ist die Horrorbilanz des FCB im Monat Oktober unter Heiko Vogel (Anm. der Redaktion: Die Deklassierung des Oberbaselbieter FC Bubendorf und des Zweitliga-Giganten FC Wallbach-Zeiningen wurde in der Statistik vernachlässigt).

Die Demütigung fand schlussendlich ihren Gipfel bei der 0:3-Niederlage gegen den Quartierverein Stade Lausanne-Ouchy: Gebührend wurden deren Spieler mit Applaus von der Muttenzerkurve nach der Partie verabschiedet.

Das «Nicht-Tor des Monats» blieb auch ausserhalb der Schweiz nicht unbemerkt. Neben den Blättern in Hongkong und Indonesien berichtete auch die englische «Sun» über den katastrophalen Monat des FC Basel.

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Kapitel 11, November 2023: «Einmal mit Alles, ohne Novartis»

Der Hauptsponsor des FCB ist weg. Ab der Saison 2024/25 wird das Logo des Pharmaunternehmens Novartis nicht länger auf dem Trikot zu sehen sein. Damit geht eine über 20-jährige Ehe zu Ende und die Einnahmen von rund zwei Millionen Franken pro Jahr müssen ersetzt werden. Kein Problem für den FCB-CEO Chris Kauffmann: «Wir finden sicher ein Äquivalent für die Leistung von Novartis», sagt er in einem Interview mit der Basler Zeitung.

Neben dem bitter benötigten Geld ist es für den FCB jedoch auch ein Beweis für den Verlust an Identifikation mit dem Klub. Welchen neuen Hauptsponsor man auf der Brust der FCB-Spieler in zwei Jahren sehen wird ist unklar. Der von manchen geforderte «Steinegrill» wird es wohl kaum sein.

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Kapitel 12, Dezember 2023: «Wir sind gegen Homophobie. Also fast immer.»

«Der FCB ist gegen Rassismus, Antisemitismus und Sexismus» lesen jene, die sich die FCB-Charta auf der klubeigenen Webseite zu Gemüte führen. Und genau deswegen äusserte sich der FC Basel auch mehrmals wegen wiederholter rassistischer Äusserungen im Netz und im Stadion. Diese widersprechen den unverhandelbaren Grundwerten des FCB, der jegliche Diskriminierung scharf verurteilt.

Doch dann verpflichtet man Benjamin Kololli. Selbst zwischen den Zeilen seines Interviews aus dem Jahr 2017 kann man nichts anderes heraushören als die reinste Form von Homophobie. Die Verpflichtung solch eines Spielers widerspricht mehr als nur den menschlichen Werten, die der FCB vertreten sollte. Gut, dass der FC Basel gleich bei der Verpflichtung den Spieler mit den Worten zitiert, dass er die Aussagen heute natürlich nicht mehr so machen würde.

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