«Ekelhaft!»: Schweizer Botschafterin trägt Kopftuch im Iran und löst Aufschrei aus
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«Ekelhaft!»: Schweizer Botschafterin trägt Kopftuch im Iran und löst Aufschrei aus

22.02.2023 20:40 - update 22.02.2023 22:33
David Frische

David Frische

Die Schweizer Botschafterin im Iran, Nadine Olivieri Lozano, war bei einem öffentlichen Auftritt mit Mullahs mit einem Tschador gekleidet. Die Gegner des Gewaltregimes sind empört und erheben schwere Vorwürfe.

Nadine Olivieri Lozano hat vor Kurzem in der iranischen Stadt Qom den Schrein von Fatima Masuma besucht, wie diverse Medien am Mittwoch berichten. Begleitet wurde sie von zwei Mullahs – Mitglieder der iranischen Regierung. Das iranische Regime schlägt die grossen Proteste, die seit Monaten im Land toben, gewaltsam nieder. Viele Menschen liessen bereits ihr Leben oder sind inhaftiert.

Die Protestwelle losgetreten hatte der Tod von Mahsa Jina Amini am 16. September 2022. Sie war festgenommen worden, weil sie kein Kopftuch trug.

«Du und deine ‹Neutralität› sind eine Schande»

Eben ein solches Kopftuch trug Nadine Olivieri Lozano bei ihrem öffentlichen Auftritt. Sie vertritt die Schweiz seit März 2022 im Iran. Die Bilder kursieren in den Sozialen Medien und lösen einen Sturm der Entrüstung aus. Regimegegner sind wütend und fühlen sich vor den Kopf gestossen. Und auch in der europäischen Politik hagelt es deutliche Reaktionen: «Ekelhaft!», schreibt die belgische Abgeordnete Darya Safai in einem Tweet, der gerade viral geht.

Der Tschador ist für die Protestbewegung seit dem Tod Aminis ein Symbol der Gewaltherrschaft im Iran. Viele werfen der Schweizer Botschafterin jetzt vor, sich mit dem Mullah-Regime zu solidarisieren. «Du bist eine Schande, deine ‹Neutralität› ist eine Schande», heisst es in einem anderen Tweet, der oft geteilt wird.

https://twitter.com/YaldaParsajoo/status/1628415909638336512

«Schande über Sie», schimpft eine andere Userin. Und eine andere Frau schreibt auf Twitter: «Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Iraner:innen, die gegen das aufgezwungene Kopftuch und die Brutalität des Regimes kämpfen. Ganz zu schweigen von all jenen, die getötet wurden.»

EDA nimmt Botschafterin in Schutz

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) verteidigt den Auftritt seiner Botschafterin: Der Zwischenstopp habe bei der religiösen Stätte am Rande eines Besuchs einer akademischen Institution stattgefunden und man habe die dort geltenden Bekleidungs-Protokolle für Frauen eingehalten, so das EDA gegenüber «20 Minuten». «Der interreligiöse Dialog ist im aktuellen Kontext von grosser Bedeutung», heisst es weiter.

Die Schweiz nutze alle zur Verfügung stehenden Kanäle, um den Dialog zu fördern, so das EDA. Gleichzeitig habe man wiederholt und klar Stellung zu den Menschenrechtsverletzungen im Iran bezogen. «Sie hat in den vergangenen Monaten die Anwendung von Gewalt gegen die Demonstrierenden auf verschiedenen Ebenen mehrfach und unmissverständlich verurteilt und rief die iranischen Behörden dazu auf, den Weg der Deeskalation zu wählen», erklärt das Aussendepartement zu seiner Botschafterin.

Erinnerungen an Calmy-Rey-Auftritt werden wach

Der Vorfall erinnert an einen Auftritt von Micheline Calmy-Rey 2008 im Iran: Die damalige Aussenministerin trat ebenfalls öffentlich mit einem Kopftuch auf und liess sich mit dem damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadineschad fotografieren. Calmy-Rey reiste für die Unterzeichnung eines Vertrags nach Teheran.

Politische Gegner waren ihr vor, dass sie sich vom iranischen Regime habe instrumentalisieren lassen. Calmy-Rey wehrte sich und konterte, dass sie vielmehr die Menschenrechtsposition der Schweiz zum Ausdruck gebracht habe. «Ich habe unsere Vorstellung der Menschenrechte im direkten Gespräch mit dem Präsidenten, mit dem Aussenminister und vor der Presse verteidigt», schrieb Calmy-Rey in einer Stellungnahmen zu einem Bericht in der «NZZ am Sonntag».

«Ekelhaft!»: Schweizer Botschafterin trägt Kopftuch im Iran und löst Aufschrei aus
Die damalige Aussenministerin Micheline Calmy-Rey im Jahr 2008 mit dem iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadineschad in Teheran. Archivbild: Keystone

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22.02.2023 22:33

Nestor1

Na dann, soll das Huhn auch gleich dort bleiben und braucht gar nicht mehr zurück zu kommen. Man sieht ja die Demos, was der Grossteil des Volkes will. Dass unsere glorreichen 7 (5 genau genommen) keine Eier haben und sie noch in Schutz nimmt, braucht auch niemanden zu wundern.

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