Engelberger zu einer möglichen Erhöhung um neun Prozent: «Das ist jenseits»
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Basel-Stadt

Engelberger zu einer möglichen Erhöhung um neun Prozent: «Das ist jenseits»

04.09.2023 12:57 - update 04.09.2023 13:25

Lars Franzelli

Seit Monaten wird diskutiert, wie die Kostenexplosion bei den Krankenkassen gebremst werden kann. Auch in Basel wird ausgiebig darüber diskutiert. Lukas Engelberger kritisiert dabei den Verband santésuisse.

Um rund sechs Prozent sollen die Krankenkassenprämien laut dem Vergleichsdienst Comparis im nächsten Jahr steigen. Vorschläge, was man gegen einen neuerlichen Prämienschock tun könnte, gibt es zuhauf – Einigkeit sucht man aber vergebens. Die Mitte fordert vom Bundesrat etwa eine Kostenbremse, die SP plant eine Initiative für eine Einheitskrankenkasse.

Den grossen Tabubruch wagte die Zürcher Gesundheitsdirektorin Nathalie Rickli. Man müsse über die Abschaffung der obligatorischen Krankenkasse diskutieren, erklärte sie im Interview mit der Sonntagszeitung. Der Vorschlag ist brisant: Kritiker:innen warnen vor amerikanischen Verhältnissen, in denen nur noch die zum Arzt gehen, die es sich leisten können.

Engelberger hält nichts von Abschaffung

Wenig vom Vorschlag seiner Zürcher Amtskollegin hält der baselstädtische Gesundheitsdirektor und Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, Lukas Engelberger, wie er im Sonntagstalk von Telebasel erklärt: «Ich muss auch sagen: Persönlich bin ich skeptisch.» Man müsse sich dies aus der Perspektive der betroffenen Menschen überlegen. Wenn jemand beispielsweise mit einer schweren Krebsdiagnose konfrontiert sei, garantiert die obligatorische Krankenkasse, dass die aufwändige und teure Behandlung finanziert wird – auch wenn sich dies die Person nicht leisten könne.

«Wenn es das Obligatorium nicht mehr gibt, muss man sich fragen: Wer zahlt, wenn die Person keine Krankenversicherung hat?» In dem Fall müsse dies dann wohl der Staat machen – solche neuen Programme zu schaffen, sei sehr aufwändig und unter dem Strich nicht günstiger.

Engelberger liest santésuisse die Leviten

Zu reden gab in der Diskussionsrunde auch eine Äusserung von Verena Nold, der Direktorin des Krankenkassenverbands santésuisse. Sie hatte gegenüber SRF erklärt, dass die Krankenkassen die Prämien im nächsten Jahr um bis zu neun Prozent erhöhen müssten, um die Kosten zu decken.

«Das finde ich nicht gut», sagt Engelberger im Talk. Es würden sehr hohe Zahlen von santésuisse genannt. Man wisse aber nicht, wie hoch der effektive Anstieg, den der Bund genehmige, ausfallen werde. «Wenn ich höre, dass es eine Erhöhung von neun Prozent geben soll. Dann muss ich sagen: Das ist jenseits.» Basel-Stadt sei «weit von neun Prozent entfernt». Auch die für dieses Jahr prognostizierten sechs Prozent seien höher als die vom Stadtkanton geschätzten Werte.

Er moniert auch das Vorgehen von santésuisse: «Es ist jedes Jahr das gleiche Ritual. Um Ostern beginnen sie und sagen es werde zu viel konsumiert. Gegen Herbst sagen sie, es gebe, was weiss ich, eine Erhöhung um zehn Prozent.» Im Kanton Basel-Stadt seien Leistungen und Prämien-Erhöhungen in den letzten fünf Jahren im Durchschnitt um 1,7 Prozent gestiegen: «Man kann nicht von einer Explosion reden. Ich muss das etwas entdramatisieren.»

Ist der Versicherungsgedanken verloren gegangen?

Engelberger räumt aber auch ein, dass Reformbedarf besteht: «Der eigentliche Versicherungsgedanke ist verloren gegangen.» Viele Leute sähen die Krankenkasse als Abo, das man ausnutzen müsse. Das sei falsch.

In diesem gesellschaftlichen Verständnis sieht auch Unternehmerin Miriam Baumann-Blocher ein Problem: «Ich kenne keine Versicherung wie eine Krankenkasse, bei der nicht jeder das Gefühl hat: Ich muss davon profitieren.»

Bei einer Versicherung könnten aber nicht alle profitieren. Viele würden denken: «Ich mache diese Untersuchung auch noch, denn ich zahle ja schon so viel.» Wenn alle so denken, dann funktioniere das Modell der Versicherung nicht mehr: «Sie muss solidarisch sein – und das ist überhaupt nicht in den Köpfen drin», sagt Baumann-Blocher.

Eine Lösung für die Krankenkassen-Prämien scheint nach wie vor in weiter Ferne. Tabus gibt es aber offenbar keine mehr.

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Kommentare

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04.09.2023 14:40

Hans_67

Einheitskasse, alle zahlen die gleiche Prämie in allen Kantonen. Da ist die Lösung. Es kann doch nicht sein, dass wir in Basel mit unseren hohen Prämien die halbe Schweiz unterstützen. So dass gewisse Kantone sehr tiefe Prämien haben.

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