«Erstmals besteht die reale Chance auf einen Machtwechsel»
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Wahlen Türkei
Basel-Stadt

«Erstmals besteht die reale Chance auf einen Machtwechsel»

19.04.2023 18:28
Leonie Fricker

Leonie Fricker

Am 14. Mai sind in der Türkei Wahlen. Die Ausgangslage für Präsident Erdogan ist denkbar schlecht. Angesichts der politischen Lage im Land hoffen Basler Politiker:innen, dass es zum Machtwechsel kommt.

In knapp einem Monat werden in der Türkei Parlament und Präsident neu gewählt. Für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der seit 20 Jahren an der Macht ist, könnte es jetzt eng werden. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hat gute Chancen, Erdogan an der Macht zu schlagen.

In der Frage um die Wiederwahl Erdogans können auch viele Türken und Türkinnen in der Schweiz mitentscheiden. Nämlich diejenigen, die in Besitz einer doppelten Staatsbürgerschaft sind. Im Basler Grossen Rat sitzen mehrere Politiker:innen, die bei den Wahlen ihre Stimme abgeben dürfen. Sie alle hoffen, dass es im Mai zum Machtwechsel kommt.

«Ich erwarte, dass es zu einem Systemwechsel kommen wird und die Opposition eine Mehrheit im Parlament erreicht. Mit etwas Glück kommt es auch zu einer Abwahl von Erdogan», sagt Grossratspräsident Bülent Pekerman (GLP). Ganz sicher sein könne man sich aber nicht. Bülent Pekerman rechnet damit, dass das Wahlergebnis knapp ausfallen wird. «Aber die Wahlbeteiligung wird voraussichtlich hoch sein.»

SP-Delegation reiste in die Türkei

Die SP-Schweiz Delegation war vor rund drei Wochen in der Türkei. Dort haben sich die Politiker:innen die Lage nach den schweren Erdbeben angesehen. In Ankara kam es dann zu einem Treffen und dem Austausch mit den Schwesterparteien im Land.

Diese seien optimistisch, was die Wahlen angeht, sagt Edibe Gölgeli. Die SP-Grossrätin hat aber auch ihre Zweifel. «Wenn man zurückblickt wird deutlich, dass sich die Türkei politisch in den vergangenen 20 Jahren in die Richtung eines autokratischen Systems bewegt hat. Deswegen bin ich ein wenig unsicher, ob die Opposition es schaffen kann.» Die SP-Grossrätin selbst wird nicht wählen können. «Ich bin keine Doppelbürgerin, lege aber all jenen, die es sind nahe, davon auch Gebrauch zu machen.»

In der Türkei habe sich deutlich gezeigt, wie unzufrieden die Menschen dort sind. Gerade das verheerende Erdbeben sei ein Beispiel dafür, wie instabil das Krisenmanagement der Regierung derzeit ist. Dazu kommen zahlreiche andere Probleme, sagt SP-Grossrat Mahir Kabakci. «Das Land ist in einer Wirtschaftskrise und die Inflation sehr hoch. Viele junge Menschen sind arbeitslos und ohne Perspektive», so Kabakci. Die Bevölkerung brauche nun «frische Luft» und eine Regierung, die ihnen Hoffnung gibt. «Es besteht seit 20 Jahren zum ersten Mal eine reale Chance auf einen Machtwechsel.»

Semseddin Yilmaz (SP) ist der Überzeugung, dass die Regierung nicht fähig ist, das Land zur Besserung zu bringen. «Das Erdbeben hat gezeigt, dass in der Regierung niemand weiss, was zu tun ist. Viele Menschen in den betroffenen Gebieten warten immer noch auf Hilfe. Es muss sich etwas ändern, so kann es nicht weitergehen», so Yilmaz. Angst davor, seine Meinung zu den Wahlen in der Türkei zu äussern hat der SP-Grossrat nicht. «In der Türkei gibt es Menschen, die wegen ihrer Meinung ins Gefängnis kommen. Dort muss man aufpassen, was man sagt. In Basel kann ich meine Meinung frei äussern.»

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19.04.2023 17:11

mil1977

Eigentlich dürfte R. Erdogan gar nicht ein drittes Mal antreten, da die Verfassung nur zwei Amtszeiten vorsieht, aber auch dieses Problem wurde ja schon zu seinem Gunsten gelöst. Egal, was die Türken wählen, am Ende wird R. Erdogan eine Mehrheit nach der Auszählung der Stimmen haben. Die Frage ist nur doch: Wie sehr muss die Wirtschaft noch einbrechen, bevor ein Bürgerkrieg droht und das Militär übernimmt? Alle Despoten enden normalerweise so.

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