
Europäische Journalisten: «In Basel kannst du den ESC überall spüren»
David Frische
Für den Eurovision Song Contest reisen nicht nur unzählige Musikfans nach Basel, sondern auch zig Medienschaffende aus ganz Europa. Das Mediencenter in der Eishalle St. Jakob wird dabei zum Schmelztiegel der Kulturen. Eine Reportage.
«Wuuuhu! Wir sind im Final!» Jenny kann es noch gar nicht richtig fassen. Griechenland ist soeben als letztes Land in den grossen ESC-Final am Samstagabend in der Basler St. Jakobshalle eingezogen. Jenny ist Griechin und berichtet für ihr Heimatland aus Basel. Mit einer Gruppe von Kolleginnen und Kollegen aus Griechenland jubelt die Journalistin. Denn Jenny ist, wie viele hier, nicht nur als Medienschaffende in der Eishalle St. Jakob, sondern auch als Eurovision-Fan.
1000 Medienschaffende in einem grossen Büro
Es ist Donnerstagabend kurz vor 21 Uhr, der zweite Halbfinal des ESC 2025 in Basel steht an. Nach der grossen Sicherheitskontrolle betreten wir das Media Center in der Eishalle, gleich neben der St. Jakobshalle. Hier sind die rund 1000 Medienschaffenden während der ganzen Woche untergebracht. Es wird getickert, gesendet, getippt und geknipst, was das Zeug hält. Content Creation lautet hier das grosse Motto.
Noch kurz eine Live-Schaltung am TV, dann geht es los. Der zweite Halbfinal beginnt. Wer schnappt sich die verbleibenden zehn Finaltickets? Wir treffen Jenny und Paris an einem der hunderten Tische. Sie haben ihre Ecke mit Griechenland-Flaggen gekennzeichnet. So machen das viele hier. Paris kennt das Prozedere eines Eurovision Song Contests, er ist bereits zum 29. Mal dabei. Er und Jenny berichten für eine griechische Fan-Plattform vom Musikwettbewerb in Basel. «Stockholm im Jahr 2000 war etwas ganz Besonderes», erinnert sich Paris zurück. «Es veränderte den Contest vollkommen, da diese Ausgabe wie ein Festival war.» Jenny ist zum dritten Mal an einem ESC dabei.
Beide zeigen sich von Basel sehr angetan. «Die Stadt ist sehr gut organisiert. Aber nicht so strikt, wie es letztes Jahr in Malmö der Fall war. Alles läuft glatter und freundlicher ab», so Paris.

Der Halbfinal ist währenddessen in vollem Gang. Auf vier Grossleinwänden wird die Show ins Mediencenter übertragen. Die Journalist:innen verfolgen die Beiträge aufmerksam mit. Manche singen die Songs stellenweise mit, manche sind ganz auf ihrem Laptop fokussiert. Am Ende der Showeinlagen gibt es jeweils Applaus, mal lauter, mal leiser, mal aus dieser Ecke der Halle, mal aus einer anderen.
«Wie eine grosse Familie in einer riesigen Bubble»
Einige Tische weiter treffen wir auf eine Gruppe mit einer tschechischen Flagge. Auf ihrem Tisch sind zwei grosse Chips-Packungen ausgebreitet, man hat es sich gemütlich gemacht. Schnell sind wir in einem Gespräch mit Kamran und Melissa. Beide sind ursprünglich aus Aserbaidschan, Kamran lebt in Prag und Melissa in London. Sie berichten für ein Webportal in Aserbaidschan vom ESC.
Das Motto des diesjährigen Eurovision Song Contests sei ja «United by Music», sagt Kamran. «Und in Basel kannst du den ESC überall spüren. Wir wurden hier sehr gut willkommen geheissen!» Man nehme den ESC überall wahr, vom Flughafen über die Mittlere Brücke bis zur St. Jakobshalle. «Auch hier im Media Center – es ist wie eine grosse Familie in einer riesigen Bubble.»
Tatsächlich fühlt man sich in der Eishalle St. Jakob in diesen Tagen wie in einer eigenen Welt. Abgekapselt von der Aussenwelt, könnte man überall in Europa sein. Hier drin erinnert nicht viel an Basel, man vergisst beinahe, in einem Eishockeystadion zu sein. Man ist in einem Schmelztiegel der Kulturen, geschaffen durch den europaweiten Gesangswettbewerb. Hier drin gilt der Fokus ganz der Show, nicht dem breit gefächerten Rahmenprogramm in der Stadt.

Wer macht denn nun das Rennen?
In einer anderen Ecke des Stadions treffen wir auf Joe aus London. Aufmerksam verfolgt er die Show auf der Grossleinwand mit. Seine Begeisterung ist förmlich greifbar. Natürlich drückt er Grossbritannien die Daumen. Seit seiner Kindheit ist er ein Fan des ESC. Heute berichtet er für den britischen Radiosender «Glitter Beam» über den Mega-Event. Als die grossen Favoriten auf den Sieg sieht er aber andere Länder. «Ich denke, Schweden und Malta gehören unter die Top 3.» Österreich traue er ebenfalls viel zu.

Gleich neben ihm sitzt Julie, eine junge Zeitungsjournalistin aus Kopenhagen. Sie berichtet zum ersten Mal vom ESC. Vergangenes Jahr besuchte sie den Wettbewerb aber als Fan in Malmö. «Die diesjährige Ausgabe ist friedlicher, alle können das spüren», sagt sie. Man könne frei seine Meinung äussern und Flagge zeigen. Das sei in Malmö zwar auch möglich gewesen, doch die Stimmung sei weniger gelöst gewesen, so Julie. «Die Bühne und die Show in Malmö waren aber etwas vom Besten, das ich je gesehen habe!» Hier in Basel sei dafür alles top organisiert, nicht zuletzt auch der Verkehr. Mit dem Tram komme man überall gut hin.
Für Julie ist Schweden der grosse Favorit auf den Titel. «Es schmerzt ein bisschen, das zu sagen, weil ich Dänin bin. Aber ich muss zugeben, dass unsere Nachbarn den besten Popsong haben.» Persönlich hofft sie, dass Albanien gut abschneidet. «Ich finde, dass Albaniens Song etwas Einzigartiges ist. Eine gute Performance, ein sehr schöner Text, aber auch einfach irgendwie anders.»

Jubel und Gratulationen
Gegen Ende des Halbfinals steigt nicht nur in der St. Jakobshalle und vor den TVs die Spannung, auch im Media Center ist das Klopfen hunderter Herzen aus ganz Europa beinahe hörbar. Und dann kommt die Bekanntgabe der Finalisten. Jedes Mal, wenn ESC-Moderatorin Hazel Brugger eines der Länder bekannt gibt, ertönt ein Jubel im weiten Stadionrund. Mal ist er lauter, mal etwas verhalten. Finnland, Österreich, Malta, Luxemburg, Dänemark, Litauen, Armenien, Israel, Lettland – sie alle haben es an diesem Abend in den Final geschafft. Ein Platz ist noch zu vergeben.
Und er geht schliesslich an Griechenland. Jubelschreie hallen durchs Media Center, eine Handvoll Medienschaffender hüpft, tanzt, feiert mit der Nationalflagge. Andere Journalisten kommen vorbei und gratulieren. Für Jenny und Paris aus Athen ist es definitiv das Highlight an diesem langen Abend. «Wir müssen noch arbeiten. Aber etwas Zeit zum Feiern bleibt sicher auch noch.»

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Nachdenken
Der ESC in Basel war toller Anlass und dazu noch dieses Traumwetter, ich hoffe, dass Basel als Destination ein wenig mehr auf der Weltkarte erscheint, da haben wir Basler im Vergleich zu Genf und Zürich noch etwas viel Nachholbedarf. Darüber hinaus gab es leider auch negative Vorberichte über Basel in einigen Medien (das Basel-Image ist noch immer eher schmuddelig, rauchende Schlotten etc.). Ich möchte noch den Schmuddel Flughafen Basel erwähnen, der mit denen in Genf und Zürich nicht vergleichbar ist. Immerhin wird der Basler Flughafen bald ein neues modernes Terminal bekommen, was einen Anfang zur Verbesserung darstellt.
Auch der EuroAirport und EasyJet haben zum großen Erfolg des ESC in Basel beigetragen. Ohne den Basler Flughafen und EasyJet wäre dieses Ereignis nie nach Basel gelangt.
pserratore
👏👍🥳