FCZ-Fan muss nach brutaler Schlägerei beim Joggeli ins Gefängnis
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Strafgericht
Basel-Stadt

FCZ-Fan muss nach brutaler Schlägerei beim Joggeli ins Gefängnis

20.10.2023 12:06 - update 20.10.2023 13:47
Larissa Bucher

Larissa Bucher

Am 1. Mai 2022 lieferten sich FCB- und FCZ-Fans in Basel eine Massenschlägerei. Ein Zürcher Fan wurde nun unter anderem wegen schwerer Körperverletzung zu einer Haftstrafe von über 2,5 Jahren verurteilt.

Das Basler Strafgericht hat im Fall eines angeklagten FCZ-Fans am Freitag ein Urteil gesprochen. Bei einer Massenschlägerei vor dem Spiel zwischen dem FC Basel und dem FC Zürich am 1. Mai 2022 soll er mehrere Personen bewusst verletzt haben. Der 26-Jährige wird zu einer 30-monatigen Haftstrafe verurteilt. Ein Jahr davon muss er in Haft absitzen, 18 Monate hat das Strafgericht bedingt ausgesprochen. Der Beschuldigte hat eine Probezeit von drei Jahren.

Der Zürcher Fussballfan stand wegen mehrfacher versuchter schwerer Körperverletzung, Raufhandel und Landfriedensbruch vor dem Basler Strafgericht. Für alle drei Tatbestände wurde er vom Richter schuldig gesprochen. Die Tatsache, dass er bereits mehrfach vorbestraft war, führe zu einer härteren Strafe, erklärte der Richter am Freitag. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, der Angeklagte kann in Berufung gehen.

Massenschlägerei beim Joggeli

Was ist geschehen? Der Nachmittag des 1. Mai 2022: 60 bis 70 vermummte FCB-Fans betreten vor dem Spiel gegen den FC Zürich das Perron des Bahnhofs St. Jakob, wo der Extrazug mit FCZ-Fans ankommt. Am Treppenabgang beim Tor 2 fordern sie rund 100 heruntergehende FCZ-Fans zu einer Schlägerei. Der Notausgang wird mit einer Metalkette abgesperrt, um der Polizei den Zutritt zu versperren. Die beiden Fangruppen gingen aufeinander los. Die Folge war eine Massenschlägerei mit mehreren Verletzten.

Knapp eineinhalb Jahre später sass nun ein FCZ-Fan auf der Anklagebank des Basler Strafgerichts. Angeklagt wurde er wegen mehrfacher versuchter schwere Körperverletzung, Raufhandel und Landfriedensbruch. So sei er «an vorderster Front und mit aller Härte» bei der Schlägerei am 1. Mai dabei gewesen, sagt die Staatsanwaltschaft. Er habe verschiedenen FCB-Fans mehrfach mit dem Fuss an den Kopf getreten und damit in Kauf genommen, sie lebensgefährlich zu verletzen. Auch als eines der Opfer bereits regungslos am Boden gelegen sei, habe der Beschuldigte weiter zugetreten. Dann suchte er sich laut Staatsanwaltschaft weitere Opfer: Er schlug einem FCB-Fan mehrfach gegen den Kopf und trat einer weiteren am Boden liegenden Person mit voller Kraft ebenfalls gegen den Kopf. Trotz Versuchen seiner Kollegen, ihn zurückzuhalten, habe er sich nicht stoppen lassen, heisst es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft weiter.

Beschuldigter spricht von «Notwehr»

Der 26-jährige Zürcher ist wegen ähnlicher Delikte bereits mehrfach vorbestraft. Dass er am Tag der Tat vor Ort und Teil der Massenschlägerei war, gibt der Beschuldigte vor Gericht zu. Er spricht jedoch von Notwehr. «Auf die FCB-Fans habe ich nur eingetreten, weil ich kurz zuvor auch auf dem Boden lag und auf mich eingetreten wurde», sagt er aus. Das sei zwar eine «schlechte und übertriebene Reaktion» gewesen, so der Angeklagte. Er habe jedoch aufgepasst, dass er seine Opfer nicht schwer verletzen würde, fügt er hinzu. Sein Ziel sei es nicht gewesen, jemanden schwer zu verletzen.

Die Verteidigung verweist immer wieder auf die langjährige Kampfsport-Erfahrung, die der Fan aufweist. «Der Beschuldigte weiss genau, wie er seine Kraft einzuteilen hat, um niemanden schwer zu verletzen», argumentiert die Anwältin. Das habe er bewusst getan. Der Beschuldigte beteuert, sichergestellt zu haben, dass seine Opfer nicht bewusstlos waren. Zudem habe er verletzten FCB-Fans geholfen und sie in Sicherheit gebracht.

Das Gericht und die Staatsanwaltschaft entgegnen, dass in den Videoaufnahmen von der Massenschlägerei nicht zu sehen sei, dass der Angeklagte verletzten Personen zur Hilfe eilt. Ebenfalls sei auch nicht erkennbar, wie der Beschuldigte getreten oder geschlagen wird. Das behauptet der Angeklagte in seinen Aussagen. Auf dem Video ist zu sehen, wie er kurzzeitig in der Menschenmenge verschwindet. Es soll dieser Moment gewesen sein, in dem er von FCB-Fans brutal getreten wurde, sagt der angeklagte FCZ-Fan. Das habe eine grosse Wut in ihm ausgelöst, die schliesslich zu seinen Tritten gegenüber Basler Fans geführt habe. Der Richter entgegnet ihm, dass in dieser Situation nicht von Notwehr gesprochen werden könne.

Gericht sieht keinen Beschützer in ihm

Der Beschuldigte rechtfertigt sein Verhalten ausserdem damit, dass er «unschuldige Familien und Kinder vor dem FCB-Mob beschützen wollte». So sei es keine Hass-Aktion gegen Basler Fans gewesen, sondern eine Handlung «aus dem Bauchgefühl» heraus. Er habe vor der Massenschlägerei noch andere Fans gewarnt gehabt und ihnen geraten, sie sollen zum Haupteingang gehen. Er hatte Angst, der Mob würde die Treppe herunterkommen und dort für Krawalle sorgen. «Ich ging dann die Treppe hoch, weil ich sichergehen wollte, dass die der FCB-Mob nicht runter kommt», sagt der 26- Jährige. Dann knallte es.

Das Gericht steht diesen Aussagen skeptisch gegenüber. Es sei dem Beschuldigten und seinen Kolleg:innen nur darum gegangen, eine Massenschlägerei zu haben, vermutet der Richter. Den Aufrufen des FCB-Mobs zu folgen, hätte keine Familien beschützt, sondern erst recht zu einer Eskalation geführt. Es habe keinerlei Anzeichen dafür gegeben, dass die Basler Fans die Treppe herunter gehen wollten, um Familien und unschuldige Fans anzugreifen, führt das Gericht aus. Der Mob habe die Schlägerei klar provoziert, aber der Angeklagte habe «die Einladung dankend angenommen», so der Richter. Der Angeklagte beteuert jedoch weiter, keinen Streit gesucht zu haben und dass er nur friedlich das Spiel im Stadion sehen wollte. «Rückblickend wünschte ich, ich wäre nie die Treppe rauf gegangen», sagt er abschliessend.

Staatsanwaltschaft fordert über zwei Jahre Gefängnis

Die Staatsanwaltschaft sah den Beschuldigten in allen drei Tatbeständen als schuldig an und forderte eine Haftstrafe von 33 Monaten. Grund dafür war unter anderem die extreme Brutalität, mit der der Beschuldigte vorgegangen sei.

Die Verteidigung forderte eine Freilassung und verwies darauf, dass der Beschuldigte nicht mit der Absicht einer Schlägerei nach Basel gefahren sei. Es sei weder vermummt gewesen, noch habe er Waffen oder Ähnliches dabei gehabt. Die Verteidigung spricht auch das «Versagen» der Polizei in diesem Moment an, die schneller hätte eingreifen müssen.

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