
Gehirntumor-Erkennung in wenigen Sekunden dank KI
Baseljetzt
Ein KI-gestütztes System ermöglicht es, Gewebeproben schon während einer Gehirntumor-Operation in sekundenschnelle zu analysieren.
«FastGlioma» stütze sich auf Künstliche Intelligenz (KI) und erlaube in wenigen Sekunden genaue Abschätzungen darüber, ob es sich bei eben entnommenem Gewebe um Tumorzellen eines Glioms oder bereits um gesundes Gewebe handle.
Die Abwägung, wo ein Tumor ende und gesundes Gewebe beginne, sei gerade im Bereich des Gehirns noch zentraler als in anderen Bereichen. Werde zu viel entnommen, könne das zentrale Prozesse wie etwa die Sprach- oder Bewegungsfähigkeit beeinträchtigen. Bleiben Krebszellen zurück, erhöht das die Wahrscheinlichkeit einer frühen Rückkehr der Erkrankung bei entsprechend verringerter Überlebensrate, wie es hiess. Auch die zunehmende Dauer einer Hirn-OP erhöhe das Risiko von Komplikationen für den Patienten. Hier schneller zu verlässlichen Einschätzungen zu kommen, sei dementsprechend entscheidend.
Zusammenarbeit von MedUni Wien und US-Partnern
An der Entwicklung eines solchen Ansatzes arbeitet seit Jahren ein Team unter Federführung von Todd Hollon von der University of Michigan zusammen mit Forschenden von der University of California in San Francisco, der New York University sowie von den Universitätskliniken für Neurochirurgie der Medizinischen Universität Wien und vom AKH Wien, inklusive der Klinischen Abteilung für Neuropathologie und Neurochemie.
In Wien blicke man seit dem Jahr 2020 bereits auf rund 500 Operationen mit KI-Histopathologie-Einsatz zurück. Statt rund einer halben Stunde, bis eine Probe auf herkömmlichem Weg analysiert werden könne, gehe es im Tandem Mensch-Machine-Learning-System an der Meduni Wien deutlich schneller.
In der aktuellen Studie wurden zahlreiche Proben von Gliomen mit der neuen Technik analysiert. Insgesamt trainierte die KI mit rund vier Millionen Bildern, wie die Forscher in ihrer Arbeit schreiben. Ebenso wurden von der Wiener Forschungsgruppe neuropathologische und molekularbiologische Analysen durchgeführt.
KI besser als Kontrastmittel
Das System kann nun innerhalb weniger Sekunden abschätzen, wie stark eine frisch chirurgisch entnommene Probe von Krebszellen durchdrungen ist – die Experten sprechen von «Infiltration» durch den Tumor. Laut den Forschungsergebnissen übertrifft «FastGlioma» die standardmässig bei Operationen eingesetzten Methoden, mit denen die Unterscheidung auf Basis von Bildern oder über fluoreszierende Kontrastmittel ermöglicht wird.
Was nun für den Bereich der Gliome demonstriert wurde, lasse sich in der Folge auch auf andere Hirntumordiagnosen bei Kindern und Erwachsenen übertragen, zeigen sich die Studienautoren überzeugt. Immerhin zählt man heute rund 120 verschiedene Tumorarten, die das Gehirn befallen können.
So unterstützt würden dementsprechend die Chancen steigen, ein Maximum des Tumors punktgenau zu entfernen: «Dadurch erwarten wir, dass die Patientenprognose bei Hirntumorpatienten in Zukunft verbessert werden kann», so die Wiener Co-Entwickler. Die neuen Erkenntnisse würden das grosse Potenzial zeigen, das KI in der Versorgung von Krebspatienten insgesamt hat, schreiben die Forscherinnen und Forscher in «Nature». (sda/alr)
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