Handel mit Foltermitteln wird schwieriger, die Lücke im Rechtssystem bleibt
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Gesetzesentwurf
Schweiz

Handel mit Foltermitteln wird schwieriger, die Lücke im Rechtssystem bleibt

26.01.2023 09:21
Lea Meister

Lea Meister

Der Handel mit Foltermitteln soll stärker kontrolliert und wenn immer möglich verhindert werden. Das will auch die Schweiz. Doch wie steht es eigentlich um den Folterbegriff im Schweizerischen Rechtssystem?

Was kurios klingt, ist eigentlich ein bitter ernstes Thema: Güter, die für die Vollstreckung von Todesstrafen oder zu Folterzwecken genutzt werden, sollen nicht mehr über Europäische Grenzen gelangen. Um die Kontrollen diesbezüglich noch mehr zu verstärken, legte der Bundesrat im Oktober vergangenen Jahres einen Gesetzentwurf zur Vernehmlassung vor. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hat den Entwurf grundsätzlich gut geheissen, wie den Regierungsmeldungen vom Dienstag zu entnehmen war. Mit dem neuen Bundesgesetzesentwurf folgt der Bundesrat der Empfehlung des Europarats.

Am 31. Oktober des vergangenen Jahres legte die Europäische Kommission einen Bericht an das Europäische Parlament vor. Das Ziel der Verordnung sei klar: Todesstrafe und Folter sowie andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Strafen in Ländern ausserhalb der EU sollen durch Beschränkung des Handels mit bestimmten Gütern verhindert werden.

Im Bericht wird zwischen zwei Arten von Gütern unterschieden: Solche, die grundsätzlich missbräuchlich sind und überhaupt nicht gehandelt werden sollten. Andererseits gibt es Güter, die rechtmässige Verwendungszwecke haben können, beispielsweise in der Strafverfolgungsausrüstung und für therapeutische Zwecke.

Technische Hilfe soll auch unterbunden werden

Der Kanton Basel-Stadt hat im Rahmen der Vernehmlassung zum neuen Bundesgesetz seine Stellungnahme abgegeben. Die Folge des neuen Gesetzes sollen strengere Kontrollen des grenzüberschreitenden Handels mit Foltergütern sein. Ein Teil der Europaratsempfehlung wurde in der Schweiz derweil bereits umgesetzt: Arzneimittel, die für die Hinrichtung von Menschen verwendet werden, sind im Heilmittelgesetz verankert. Neu sollen diese aber direkt im neuen Bundesgesetz untergebracht werden. So sollen auch die Einfuhr, die Ausfuhr und die Durchfuhr von Foltergütern verboten werden.

Auch technische Hilfe im Bereich der Todesstrafe oder Folter soll unterbunden werden, sowie auch deren Bewerbung und Präsentation auf Messen. Der Begriff Foltergüter soll Güter bezeichnen, die ausser zur Vollstreckung der Todesstrafe oder zum Zweck der Folter keine praktische Verwendung haben. Sprich: Produkte, die nur dazu da sind, Todesstrafen zu vollstrecken oder Folterungen durchzuführen.

Folter ist kein Straftatbestand

Das Problem: Obwohl die UN-Antifolterkonvention in der Schweiz bereits seit 1987 in Kraft ist, ist der Straftatbestand der Folter noch nicht im Strafgesetzbuch verankert. Die Organisation Humanrights kritisiert dies als Reaktion auf den Gesetzesentwurf des Bundesrats scharf. 2020 hatte eine parlamentarische Initiative gefordert Folter als eigenen Straftatbestand ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. Im März 2022 sprach sich auch die Rechtskommission des Ständerats dafür aus. Bis 2024 muss die nationalrätliche Kommission nun einen Gesetzesentwurf ausarbeiten.

Die momentanen gesetzlichen Grundlagen machen die strafrechtliche Verfolgung von Folter zu einer Monsteraufgabe. Die Behörden müssen auf bis zu 15 Tatbestände von Körperverletzung über Nötigung bis hin zu Beschimpfung zurückgreifen. Folter, die keine Spuren hinterlässt, ist in der Schweiz also kaum strafrechtlich verfolgbar.

Die Kontrollen im grenzübergreifenden Handel mit Foltermitteln werden also verstärkt. Dennoch droht der Schweiz theoretisch jederzeit eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. 2021 erinnerte dieser nämlich zuletzt daran, dass die Vertragsstaaten verpflichtet seien, einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der Menschen vor Angriffen auf ihre Unversehrtheit schützt.

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