
Hebräisches Heidi-Buch im neuen jüdischen Museum: «Es gab den Kindern in Israel Mut»
Giulia Ballmer
Das neue jüdische Museum feiert am 30. November die «Wiedereröffnung» in der Vesalgasse 5. Nach rund vier Monaten Bauzeit konnte das Museum einziehen. Es warten viele neue Ausstellungen.
Das Wichtigste in Kürze
- Das neue jüdische Museum liegt direkt neben dem mittelalterlichen jüdischen Friedhof
- Es bietet Führungen für Gross und Klein an: Rund ums Thema des Nahostkonflikts und der beiden Religionen Judentum und Islam
- Zurzeit findet die Sonderausstellung Jeziory statt, ein Werk des US-Künstlers Frank Stella
Im Sommer schloss das jüdische Museum in der Kornhausgasse 8 und bereitete sich auf den Umzug in die Vesalgasse, in der Nähe der Universität Basel, vor. Die Sammlung umfasst rund 7’000 Objekte, die viele aus Platzmangel im alten Gebäude nicht ausgestellt wurden. Bei Sonderausstellungen mussten separate Räume gemietet werden, der Wunsch für mehr Platz war da. Auch auf Seiten der Besucher stellte das Museum ein zunehmendes Interesse am Judentum fest.
Neues Museum auf jüdischem Boden
Der neue Standort für das Museum wurde auch nicht rein zufällig gewählt, sondern liegt direkt neben dem mittelalterlichen jüdischen Friedhof. «Wir haben Grabsteine aus diesem Friedhof in unserer Sammlung, die 800 Jahre alt sind», erklärt Naomi Lubrich, Direktorin des jüdischen Museums Basel. Nun erwidert die Direktorin mit einem Lächeln: «Wir sind sehr froh, können wir die Grabsteine an ihren Bestimmungsort zurückbringen.»
Das neue jüdische Museum bietet viermal so viel Platz wie vorher, mit rund 700 Quadratmetern Nutzfläche. Sonderausstellungen und Veranstaltungen seien jetzt alle am selben Ort machbar, erklärt Naomi Lubrich.
«Wir klären auf»
«Die Statistik zeigt, dass der Antisemitismus steigt», betont die Direktorin. Mit dem Museum erhofft sie sich einen Ort zu schaffen, der ein positives Gegengewicht bildet. «Wir klären auf und zeigen unterschiedliche Formen von Antisemitismus», erklärt Lubrich. In den letzten Jahren bot das Museum jüdische und muslimische Führungen für Gross und Klein an. «Bei den Kindern geht es dabei mehr um religiöse Unterschiede und Gemeinsamkeiten.» Für das ältere Publikum beleuchten sie die Geschichte der Nahostpolitik. Diese Art von Führung bleibt auch im neuen Museum erhalten.
Basels Rolle in der Geschichte des Judentums
Das jüdische Museum in Basel wird Schweizweit sehr geschätzt, aber wieso? Naomi Lubrich erklärt:
- Hier in Basel hat man das älteste Zeugnis einer jüdischen Präsenz, in der Römerkolonie Kaiseraugst: Der Menora Ring wurde in Kaiseraugst 2001 ausgegraben. Bild: Baseljetzt

- Es gibt hier wichtige mittelalterliche Objekte, wie der Friedhof, die man heutzutage nicht häufig findet.
- Die Zionistenkongresse fanden in Basel statt. In Israel erinnert man sich an Basel als einen Ort, wo die Idee eines jüdischen Staates aufkam.
- Basel ist für die Geschichte der Kriegszeit wichtig, da viele Flüchtlinge von Deutschland und Frankreich über Basel in die Schweiz kamen oder aufgrund der Flüchtlingspolitik abgelehnt wurden.
Der Präsident des «Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds» (SIG), Ralph Friedländer, betont auch die nationale Bedeutung des Museums: «Es schafft einen Begegnungsraum und ein Verständnis der jüdischen Kultur in der ganzen Schweiz.»
Das Judentum in der Gegenwart
Im neuen Museum wurden bestimmte thematische Schwerpunkte gesetzt. Laut der Direktorin zeige jede Generation das Judentum anders: «In der Nachkriegszeit wollte man vor allem die schönen Seiten des Judentums zeigen», heute stehe aber die Gegenwart im Fokus. «Die jüdischen Gemeinden sind hier sehr aktiv und lebendig, daher möchten wir das Judentum nicht als Geschichte erzählen, sondern die jüdischen Gemeinden heute aufzeigen.»
Heidi als Vorbild in Israel
In der Dauerausstellung im neuen Museum hat die Direktorin ein ganz besonderes Highlight: «Das Kinderbuch Heidi in der hebräischen Ausgabe». Die Heidi ist ein Waisenkind, die in den Bergen neuen Fuss fassen konnte. Lubrich erklärt, dass dieses Kinderbuch für Kinder in Israel eine besondere Bedeutung hatte. «Nach dem Holocaust gab es in Israel zahlreiche Waisenkinder, durch die ‘Heidi’ konnten die Kinder neue Lebensfreude gewinnen.»

Die Sonderausstellung
Im Erdgeschoss des Museums befindet sich eine Sonderausstellung, die bis Januar 2027 zusehen ist. Es handelt sich um das Werk Jeziory des US-Künstlers Frank Stella. Sein Werk widmet sich dem Dorf Jeziory im heutigen Belarus und dessen Holzsynagoge.
Geschichte der Synagogen
Die erste urkundlich erwähnte Synagoge in Basel-Stadt entstand etwa im Jahr 1200 in der heutigen Unteren Gerbergasse.
- Im Jahr 1866 erhielten die jüdischen Menschen in der Schweiz die Gleichberechtigung mit den übrigen Bürgern.
- Dadurch stieg die Zahl der jüdischen Menschen in der Schweiz, und damit entstand auch das Bedürfnis auf eine neue / zweite Synagoge, das ist die Vorlage der heutigen Basler Synagoge.
- Während des nationalsozialistischen Regimes in Deutschland zerstörten die nationalsozialistischen Truppen mehre tausende Synagogen, Geschäfte und jüdische Friedhöfe in Deutschland, dieser sogenannte «Novemberpogrom«.
- Im Ost-Europäischen Raum wurden zahlreiche Holzsynagogen gebaut, die grössten Teils bis zum Zweiten Weltkrieg überlebten.
- Das ist die Synagoge in Basel. Bild: Keystone

Die Dauerausstellung erstreckt sich über zwei Stockwerke, mit verschiedenen Objekte: von einem Betsaal bis hin zu einem Tisch der Liebe mit zwei Hochzeitsstühlen.
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spalen
da ist wohl ein museumsbesuch heute nachmittag auf dem programm