«Hier bin ich so, wie ich bin»: Angelas Weg zu sich selbst
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Transidentität
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«Hier bin ich so, wie ich bin»: Angelas Weg zu sich selbst

24.04.2025 06:06 - update 23.04.2025 23:31
Alessia Roppel

Alessia Roppel

Lange Zeit lebte Angela ein Leben im Verborgenen. Erst nach ihrer Pensionierung entschied sie sich für den Schritt, der ihr Leben grundlegend veränderte: die geschlechtsangleichende Operation. Ein Porträt.

Der Weg dorthin war alles andere als einfach. Jahrzehntelang trug Angela ihre wahre Identität nur im Innersten mit sich – aus Existenzsorgen. «Ich hätte die Operation gerne früher gemacht. Aber mit dem Wissen, wie die Operationstechnik von heute ist, bin ich auf eine Art auch froh, dass ich es jetzt gemacht habe», sagt sie. Erst mit dem sicheren Gefühl eines stabilen Einkommens nach der Pension wagte sie den mutigen Schritt.

Die angleichende Operation zum weiblichen Geschlecht fand im Universitätsspital Basel statt – ein Erlebnis, das Angela in guter Erinnerung behalten hat: «Das Personal ist eine absolut tolle Sache.» Auch mit dem Ergebnis ist sie überglücklich: «Heute gibt die Operation mir nicht nur die Möglichkeit, eine Frau zu sein, sondern es auch erleben zu dürfen, eine Frau zu sein.» Der Fotograf und Fotojournalist Thomas Rauch begleitete Angela über mehrere Monate hinweg. Baseljetzt hat sie bei sich zu Hause zum Gespräch getroffen.

«Hier bin ich so, wie ich bin»: Angelas Weg zu sich selbst
Den Tag startet Angela gerne mit einer Tasse Kaffee. Bild: Baseljetzt

«Sehr offen aufgenommen worden»

Angela lebt seit über drei Jahren in ihrer jetzigen Wohnung. Von Anfang an sei sie von Offenheit und Wärme umgeben gewesen: «Als ich hier einzog, wurde ich von allen sehr herzlich aufgenommen. Ich habe mich dann geoutet, und das ist sehr herzlich ausgegangen.»

Besonders berührte sie ein kleines Weihnachtsgeschenk ihrer Nachbarin: ein Duschmittel für Frauen. «Es geht um die Symbolik, die sie damit machen wollte. Das war sehr schön», freut sie sich.

«Hier bin ich so, wie ich bin»: Angelas Weg zu sich selbst
Angela liebt es, draussen vor ihrer Wohnung zu lesen. Bild: Baseljetzt

Angela hat die gesellschaftliche Entwicklung rund um das Thema Transidentität über viele Jahrzehnte miterlebt. «Zu meinen jungen Jahren war es ein Tabuthema.» Heute sieht Angela Fortschritte wie auch Rückschritte. «Ich denke, es ist viel passiert in der Gesellschaft. Die Toleranz oder Akzeptanz ist wesentlich grösser. Im Moment hat es aber leider durch gewisse politische Kreise ein bisschen einen Knick bekommen.» In Basel aber fühlt sie sich sicher: «Ich habe eigentlich nie etwas gespürt.» Kleinere Vorfälle gebe es aber immer wieder mal.

Solchen Momenten begegnet Angela mit Haltung: «Mit dem muss man leben. Mit dem muss man klarkommen. Ich sage immer: Wenn man Toleranz erwartet, muss man auch bereit sein, diese zu geben.» Ihre Sicht auf die Welt ist klar: «Es gibt nicht nur Schwarz-Weiss. Es gibt einen Haufen Farben. Aber es gibt Leute, die wollen diese Farben nicht unbedingt sehen.»

Langer Weg zu sich selbst

Schon als Kind wusste Angela, dass sie anders war. «Seit dem Kindergarten ist es für mich ein Thema», erinnert sie sich. Der Name Angela hat für sie eine besondere Bedeutung. «Angela ist in der Schule entstanden. Ich hatte ein Mädchen neben mir, die Angela hiess. Ich wollte immer ihr Kleidchen anziehen, sie hat das aber nie gewollt.»

Zwei Ehen lebte Angela als Mann. In der ersten Beziehung konnte sie sich zumindest im Privaten entfalten, in der zweiten unterstützte ihre Frau sie mit Kleidern für zu Hause. Doch in der Öffentlichkeit trat sie weiter als Mann auf.  Erst im Alter von 66 Jahren fühlte sie sich sicher genug, ganz sie selbst zu sein. Heute hat sie ihren Platz gefunden – als Frau, als Nachbarin, als Angela. «Hier bin ich so, wie ich bin.»

Angela Merz und Fotograf Thomas Rauch waren auch bei Telebasel in der Sendung «Punkt6 Thema» zu Gast. Du kannst sie hier anschauen.

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Kommentare

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24.04.2025 12:58

Sonnenliebe

Ein mutiger und wichtiger Schritt, es ist bewunderswert, dass sie so spät noch diesen Schritt gewagt hat.

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