Hochwertige Filme ohne Barrieren: Dieses Festival nimmt Behinderungen in den Fokus
©Bild: look&roll/ Montage: Baseljetzt
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Hochwertige Filme ohne Barrieren: Dieses Festival nimmt Behinderungen in den Fokus

19.03.2024 12:05 - update 20.03.2024 11:23
Lino Klein

Lino Klein

Der Regierungsrat hat für das Kurzfilmfestival look&roll einen Beitrag in Höhe von 30’000 Franken bewilligt. Das Festival zeigt seit 2006 Filme, die das Leben mit Behinderungen in den Fokus rücken.

Das Festival bietet durch Filme einen gezielten Einblick in die Lebensrealitäten und Erfahrungen von Menschen mit Behinderungen und Krankheiten. Als kleines, aber sehr beachtetes Nischenfestival, steht es nicht nur für einzigartige Filme, sondern auch dafür, dass diese qualitativ hochwertigen Werke inhaltlich und künstlerisch vielen Menschen mit und ohne Behinderungen zugänglich gemacht werden. Alle Filme sind mit deskriptiven Untertiteln und Audiodeskription versehen, um ihre Barrierefreiheit zu gewährleisten.

Nachdem Gründer Gerhard Protschka im vergangenen Jahr die Leitung an die 28-jährige Brianna Deeprose und Nicole Schmid abgegeben hat, stehen der noch jungen Leitung nun neue Aufgaben und Herausforderungen bevor. Die studierte Prozessgestalterin und Grafikerin Brianna hat mit Baseljetzt über das Festival und ihre persönlichen Anliegen gesprochen.

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Bild: look&rollBrianna Deeprose links und Nicole Schmid rechts im Bild an der letztjährigen Vorführung.

Baseljetzt: Welche Botschaft wollen Sie durch das look&roll Festival vermitteln und welche Ziele verfolgen Sie?

Brianna Deeprose: Wir wollen im Rahmen unseres Festivals qualitativ hochwertige Filme zeigen, welche verschiedenste Behinderungen auf eine respektvolle und authentische Art darstellen. Leider gibt es in der Filmbranche viele minderwertige Beispiele dafür.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Umsetzung von barrierefreien Vorführungen und wie werden diese bewältigt?

Eine grosse Herausforderung besteht darin, die Bereitschaft der Veranstaltungsorte zu erhöhen, die oft nicht ausreichend auf die spezifischen Bedürfnisse eingehen. Es ist generell äusserst schwierig, ein barrierefreies Kino für Rollstuhlfahrer*innen zu finden. Das kHaus ist für unser Festival dafür ein sehr geeigneter Ort.

Welche spezifischen Bedingungen machen das kHaus besonders geeignet für das Festival?

Das Gebäude ist neu errichtet und verfügt über eine moderne Infrastruktur. Die Räumlichkeiten sind grosszügig gestaltet und es sind barrierefreie Toiletten vorhanden. Die moderne Ausstattung trägt dazu bei, dass unser Festival optimal darauf ausgerichtet ist und die Menschen sich dort sehr wohl fühlen.

Hochwertige Filme ohne Barrieren: Dieses Festival nimmt Behinderungen in den Fokus
Bild: look&rollDas look&roll Festival im kHaus.

Sind die Hauptdarsteller:innen in den gezeigten Filmen auch tatsächlich von der dargestellten Krankheit betroffen?

Ja und Nein. Es gibt Filme, in denen es durchaus Sinn machen kann, dass die Rolle von einer nicht-behinderten Person gespielt wird. Dies kann aber oft zu schlechten oder unauthentischen Darstellungen führen. Ich finde es oft schwierig, besonders wenn solche Filme von Personen geschrieben werden, die keinen Bezug zu den dargestellten Behinderungen haben. Persönlich halte ich es für sehr wichtig, die Förderung von Schauspielern*innen mit Behinderungen zu unterstützen. Diese Menschen sind unterrepräsentiert und solche Filme bieten eine gute Plattform dafür.

Inwiefern hat das Festival dazu beigetragen, das Bewusstsein für die Bedeutung von Barrierefreiheit in der Filmindustrie und der Gesellschaft zu stärken?

Wir konnten bisher einigen Filmen bereits eine Plattform bieten. Dadurch wird die Community gestärkt und wir sorgen für Reichweite. Oft bekommt man diese Filme gar nicht gezeigt, weil sie bei anderen Festivals nicht in die Auswahl kommen.

Wie würden Sie die Reaktionen und das Feedback von Menschen mit Behinderungen auf das Festival und die präsentierten Filme beschreiben?

Die bisherigen Reaktionen waren durchwegs positiv und tief berührend. Selbstverständlich gab es auch einige Personen, die Kritik geäussert haben, was jedoch üblich ist und uns dabei helfen kann, uns zu verbessern. Zahlreiche Zuschauer*innen fühlen sich durch diese Filme bestärkt, wenn sie auf einer grossen Leinwand eine Person sehen, die ähnliche Herausforderungen durchlebt, wie sie selbst, und erkennen, dass sie nicht allein sind.

Hochwertige Filme ohne Barrieren: Dieses Festival nimmt Behinderungen in den Fokus
Bild: look&rollViele schöne Emotionen von Zuschauern nach der Vorführung 2023.

Nach welchen spezifischen Kriterien werden die Filme für das Festival ausgewählt?

Natürlich ist es wichtig, dass uns die filmische Qualität zusagt und dass die Darstellung authentisch wirkt. Ebenso legen wir grossen Wert darauf, den Entstehungsprozess des Films zu kennen und zu erfahren, welche Personen an dem Projekt beteiligt waren.

Können Sie uns ein Beispiel für einen Film geben, welcher auf dem Festival bereits gezeigt wurde und besonders gut angekommen ist?

Der Film Alive kam sehr gut an und gewann sogar den Publikumspreis. Der Film schafft es, sehr komplexe und ambivalente Themen mit einem gewissen Humor zu vermitteln.

Welche Veränderungen gab es aufgrund des Leitungswechsels vergangenes Jahr, bedingt durch die nun wesentlich jüngere Leitung?

Natürlich haben wir nicht von einem Tag auf den anderen alles umgekrempelt (lacht). Zunächst mussten wir uns alle in das Projekt einfinden und hineinwachsen. Unser Ziel ist es, mehr Workshopformate und Möglichkeiten zur Vernetzung innerhalb der Community zu schaffen. Ausserdem streben wir an, verstärkt Digitalisierung einzuführen, damit das Festival nicht mehr nur etwas Exklusives bleibt, sondern für alle zugänglich ist und spannend wird. Wir möchten eine breite Menschenmasse ansprechen und sie für diese Filme begeistern.

Wie stehen Sie zu Gerhard Protschka, dem Gründe des Festivals?

Wir haben grossen Respekt vor Gerhard Protschka und seiner Errungenschaften sowie dem, was er geschaffen und aufgebaut hat. Unser Ziel ist es, das Festival in seinem Sinne weiterzuführen und ihm gerecht zu werden, während wir gleichzeitig eine vielversprechende Zukunft für das Festival gestalten möchten.

Das Festival wird am 23 . und 24. November 2024 im kHaus Basel stattfinden. Genauere Infos findest du hier.

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Kommentare

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19.03.2024 13:38

Nordrampe

Sehr spannend , hoffentlich bleibt das erhalten.

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