
Intim-Behandlungen mit Laser: Medizinischer Fortschritt oder fragwürdiger Trend?
Pascal Kamber
Das Universitätsspital Basel wirbt für Schönheits-Behandlungen im Intimbereich bei Frauen. Damit fördere man den Trend zu fragwürdigen Eingriffen, sagt Christine Keller. Die SP-Grossrätin liebäugelt mit einem politischen Vorstoss.
«Entdecken Sie die innovative, sanfte und schmerzarme Behandlung mit dem Juliet-Laser für eine strahlende Gesundheit im Intimbereich.» Mit diesen Zeilen preist das Universitätsspital Basel in den Sozialen Medien ihre Frühlingsaktion für eine Laserbehandlung von Vagina und Vulva an. Der nicht-invasive Laser soll die Kollagenproduktion anregen, das Gewebe straffen und «kann ästhetische Anliegen wie Narben, Pigmentierung oder Erschlaffung verbessern», heisst es in der Anzeige. Wer bis Ende Juni eine solche Behandlung bucht, kommt gemäss Homepage des Universitätsspitals in den Genuss von 15 Prozent Rabatt.
Was auf den ersten Blick gut klingt, stösst Christine Keller sauer auf. Die Basler SP-Grossrätin stört sich daran, dass das Universitätsspital den Eingriff proaktiv mit explizitem Bezug auf ästhetische Anliegen anbietet. «Diese Art von Werbung richtet sich nicht in erster Linie an kranke Personen, sondern sie vermittelt den Eindruck, dass sich gesunde Frauen aus rein ästhetischen Gründen behandeln lassen können», sagt Keller. «Sehr eigenartig erscheint auch der Rabatt von 15 Prozent, der jedenfalls bei medizinisch indizierten Behandlungen nach Tarif kaum üblich wäre.»
Die frühere Nationalrätin betont, dass sie gegen Laserbehandlungen grundsätzlich nichts einzuwenden habe – solange der Eingriff aus medizinischer Sicht notwendig sei. «Betroffene haben sich bei mir gemeldet und erzählt, wie wichtig diese Laserbehandlung für sie ist. Das streite ich auch nicht ab», sagt Keller.
Bei der „strahlenden Gesundheit“ geht es u.a um die Straffung der Vulva u.ä. Angeboten werden auch Vulven“Korrekturen“ wie Verkleinerung der Labien etc. Warum wirbt unser Unispital BS für diesen Trend zu fragwürdigen Eingriffen? Ich überlege mir einen Vorstoss im Parlament. pic.twitter.com/0O7KrYxcCn
— Christine Keller (@chj_keller) May 16, 2024
Ihre Kritik richtet sich an die Vorgehensweise des Universitätsspitals. «Es gibt einen zunehmenden Trend hin zu Intim-Behandlungen bei jungen Frauen, die aber eine gesunde Vulva haben. Deshalb finde ich es fragwürdig, wenn das Universitätsspital auf diesen Zug aufspringt und ein Bedürfnis schafft, wo es eigentlich keines braucht», so Keller.
Aus diesem Grund liebäugelt die Politikerin mit einem Vorstoss im Grossen Rat. Mittels einer schriftlichen Anfrage möchte Keller erfahren, was die Regierung von dieser Sache hält. «Das Universitätsspital ist zwar eine unabhängige Institution, aber der Kanton Basel-Stadt ist Eigner. Ich möchte wissen, ob er auch der Ansicht ist, dass man diesen Trend mitgehen soll», sagt sie.
Behandlung deckt ein Bedürfnis
Beim Universitätsspital teilt man Kellers Ansicht nicht. «Viele Frauen jeden Alters leiden unter Beschwerden wie Belastungsinkontinenz, vaginaler Trockenheit und Juckreiz, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können», erklärt Mediensprecherin Caroline Johnson. Eine Umfrage vom Albert Einstein College of Medicine in New York (USA) mit 2’290 Frauen habe gezeigt, dass 45 Prozent der Frauen im Alter zwischen 45 und 89 Jahren Symptome im Zusammenhang mit vaginalem Gewebeschwund in den Wechseljahren erleiden.
Die vom Universitätsspital Basel durchgeführten vaginalen Laserbehandlungen seien dabei eine sichere, nicht-invasive und schmerzfreie Option, die sich als wirksam erwiesen hat. «Diese Behandlungen sind nicht als Modetrend zu verstehen, sondern als medizinischer Fortschritt, der vielen Patientinnen bereits eine signifikante Linderung ihrer Symptome gebracht hat», sagt Johnson.
Intime Beschwerden werden oft durch Scham oder Unwissenheit im Stillen erlitten. «Unseren Ärztinnen und Ärzten ist es ein Anliegen, sensible Gesundheitsthemen direkt zu adressieren und den Betroffenen wirksame Behandlungsoptionen zu bieten», so Johnson.
«Es ist kein Schönheitseingriff»
Die ästhetischen Behandlungen mit dem Juliet-Laser seien für das Unispital eine untergeordnete Indikation, wie Alexander Navarini, Chefarzt Dermatologie, gegenüber Baseljetzt sagt. Das Geschlechtsorgan sehe in diesen Fällen vor und nach der Behandlung genau gleich aus. «Es geht uns also um die medizinische Indikation.» Rein ästhetische Behandlungen würden keine durchgeführt. «Eine Regeneration vom Gewebe lässt dieses aber natürlich automatisch auch schöner aussehen», so Navarini.
Zur Kritik an der Werbung des Unispitals sagt er: «Das Unispital hat den Auftrag, auf die Behandlungsoptionen aufmerksam zu machen. Wir möchten keinen Bedarf schaffen, sondern Leute ansprechen, die genau diese Beschwerden haben». Dass Frauen die Werbung sehen und dann zu einem vielleicht unnötigen Eingriff verleitet werden könnten, glaub Navarini nicht und betont: «Wir glauben, dass es viele Frauen gibt, die still unter solchen Symptomen leiden und gar nicht wissen, dass es Behandlungsoptionen gibt».
Bei der Werbekampagne gehe es auch um die Enttabuisierung verschiedener Themen. Viele Frauen in der Menopause seien unterbehandelt, weil es sich noch um ein Tabuthema handle. Der angebotene Eingriff sei eine Behandlungsoption für von den oben erwähnten Symptomen betroffene Frauen.
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