Jetzt hängt Bundesrat Tschudi (wieder) im Rathaus – und Bundesrat Ernst Brenner?
Claude Bühler
Ernst Brenner könnte sich gemobbt fühlen – wenn er nicht schon tot wäre. Kein Konterfei des ersten Basler Bundesrates hängt im Basler Rathaus, dafür ab jetzt eines seines späteren Nachfolgers Hans-Peter Tschudi. Dahinter steckt «Hamatschu».
Wer ist «Hamatschu»? Nein, reden wir zuerst über seinen Onkel: Hans-Peter Tschudi (1913 – 2002) war ein schmächtiges Männchen – aber ein Titan der Schweizer Sozialpolitik ohne Allüren. Man stelle sich vor: Das heutige Altersvorsorgesystem und die Einführung der Ergänzungsleistungen in einem Bundesratsleben!
Ab jetzt defiliert die ganze Basler Regierung immer am Dienstag an ihm vorbei, wenn sie zur Wochensitzung eilt – oder zum Präsidenten Beat Jans. Ja, Tschudis Bild hängt nun an prominentester Stelle im ersten Stock – nicht öffentlich hinter Sicherheitsschranken – im Vorraum zum Regierungsratszimmer. Dank Jans’ Präsenz geriet die Einweihung des Tschudi-Porträts am Donnerstag zu einem kleinen Staatsakt.
Initiative von «Hamatschu»
Die Hängung habe nichts mit der gescheiterten Bundesratswahl im Dezember zu tun, hob er an vor der kleinen Runde. Das Ganze gehe nur auf eine Initiative von Hans-Martin Tschudi zurück. Das ist «Hamatschu», Basler Regierungsrat von 1994 bis 2005 – stadtbekannt als damaliges Lieblingsopfer in Schnitzelbänggen (was ihm aber nach eigener Aussage nichts ausmachte).
Tatsächlich lag das Triebmoment zur aktuellen Hängung des Tschudi-Porträts nicht beim «Staat». Hans-Martin Tschudi war aufgefallen, dass ein grosses Porträt seines berühmten Onkels aus den Gängen im dritten Stock des Rathauses entfernt worden war. Seine Recherche ergab: Das Tschudi-Porträt des Basler Malers Peter Baer war in den Keller des Kunstkredits verschwunden. Daraufhin setzte der Neffe in Gang, dass sein Onkel wieder gehängt werde – wobei er übrigens auf keinerlei Widerstände gestossen sei.
«Ein guter Input!»
Der neue Ort im ersten Stock war jedoch zu klein für Baers grosses Tschudi-Porträt. Also griff Hans-Martin Tschudi in den Nachlass und holte ein anderes, kleineres Baer’sches Tschudi-Porträt hervor. Dieses sei sowieso konkreter, fassbarer (aka besser) als die grössere Version, so «Hamatschu». Und so kam am Donnerstag das Rathaus zur «Leihgabe für alle Zeiten», wie vermerkt wurde, unter Anwesenheit des bereits 86-jährigen Künstlers Peter Baer, von Beat Jans, von «Hamatschu» und seiner Familie.
Aber was ist nun mit Ernst Brenner (1856 – 1911)? Die feierliche Hängung Tschudis’ machte bewusst, dass das Rathaus nun den zweiten (und seit 1973 letzten!) Baselstädtischen Bundesrat würdigt, nicht aber den ersten. Der im Übrigen mit 14 Jahren dieselbe Amtszeit bewältigte wie Tschudi. Auch er mit titanischer Leistung für ein Bundesratsleben: Die Einführung des vereinheitlichten Zivilgesetzbuches (ZGB), behauptet Wikipedia. Aber vielleicht wird (auch) dieser Ungleichbehandlung – diesmal staatlicherseits – zu Leibe gerückt. Beat Jans, darauf angesprochen, meinte jedenfalls: «Ein guter Input!»
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