
Kantonsärztin: «Man tut den Kollegen für ihr Immunsystem etwas Gutes, wenn man sie ansteckt»
Stefan Zischler
Überall hört man verschnupfte Nasen und hustende Arbeitskollegen. Viele liegen krank im Bett. Die Grippewelle hat ihren Höhepunkt erreicht. Die stellvertretende Kantonsärztin und das Rote Kreuz ordnen ein.
In der vergangenen Woche wurden schweizweit durchschnittlich 28 Influenza-Fälle pro 100’000 Einwohner registriert. Dies ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr, als der Spitzenwert bei durchschnittlich 26,5 Fällen pro 100’000 Einwohner lag. Die Zahl der gemeldeten Fälle variiert stark von Kanton zu Kanton. Der Kanton Basel-Stadt weist mit 60 gemeldeten Grippefällen die höchste Zahl auf, gefolgt vom Tessin mit 50 Fällen. In der letzten Januarwoche seien vor allem die Zahlen zu Arztbesuchen aufgrund von Grippesymptomen stark gestiegen, aus den Daten des Bundes ersichtlich werden.
Beängstigend sei das aber nicht, relativiert die stellvertretende Kantonsärztin Eva Würfel im Interview. In Ballungszentren wie den Grossstädten Basel und Zürich treten durch das enge Zusammenleben vermehrt Grippe-Fälle auf. In Basel werde zudem durch das Unispital viel mehr getestet und dadurch auch mehr Influenza-Fälle diagnostiziert werden. In anderen Kantonen sei die Dunkelziffer vergleichsweise höher, da weniger Tests durchgeführt werden.
Grippeerkrankung stärkt das Immunsystem
Besonders betroffen seien aber junge und ältere Altersgruppen, sagt die stellvertretende Kantonsärztin. Dass sich Kinder häufiger anstecken, sei nicht nur negativ, erklärt Würfel. Unser Körper, insbesondere derjenige von Kindern, muss lernen, mit Viren umzugehen. «Wie beim Militär müsse der Körper auch immer wieder trainiert werden, um Angriffen von Viren standhalten zu können.»
Nach der Coronavirus-Pandemie wurde festgestellt, dass viele Menschen schneller und schwerer an Grippeviren erkrankten, weil ihr Körper während der Pandemie nicht mehr mit ihnen in Kontakt kam. Deshalb sei es wichtig, dass sich der Körper auch mal ansteckt und so das Immunsystem stärkt. Eine der wichtigsten Lehren, die sie aus der Pandemie zog, war, dass es von Vorteil ist, mit den Viren zu leben, anstatt sie um jeden Preis zu vermeiden.
Mein Kind ist krank, was nun?
Wenn das Kind krank ist, stellt sich oft die Frage, wer sich um das Kind kümmern kann. In manchen Familien müssen beide Elternteile arbeiten und es ist schwierig, schnell eine geeignete Betreuung zu finden. Dort schafft das Schweizerische Rote Kreuz Abhilfe. Das Rote Kreuz Basel bietet Betreuung direkt bei den Familien zu Hause an. Die Betreuung sei sehr gefragt, erzählt Daniel Holler, Leiter Ressort Entlastung. «Die Zahlen haben im Januar stark zugenommen. Im Vergleich um letzten Jahr um 33 Prozent mehr Anfragen. Daran kann man sehen, dass wir sehr gefragt sind und dass der Dienst notwendig ist.»
Ein Einsatz könne während einem Arbeitstag innerhalb von vier Stunden organisiert werden, erklärt er weiter. Die Kosten für die Betreuung seien einkommensabhängig. So kostet die Stunde 7.50 Franken für ein Bruttoeinkommen von bis zu 3’500 Franken und 55 Franken von einem Bruttoeinkommen von über 11’000 Franken. Das sei bei weitem nicht kostendeckend, erklärt Holler. Das Ziel sei in ersten Linie die Betreuung für alle anbieten zu können, die sie benötigen. Zurzeit seien sie mit ihren zehn Kinderbetreuerinnen gut belegt, sind aber stets auf der Suche nach weiteren Betreuungspersonen.
Für das Gesundheitsdepartement Basel-Stadt gehört das Angebot des Roten Kreuzes zu ihrer Aufklärungskampagne «Mein Kind ist krank – Was tun?». Auf der Webseite werden die häufigsten Fragen der Eltern von kranken Kindern beantwortet. So wird erklärt, ab wann man mit dem Kind zum Arzt gehen sollte oder was eine Familie unternehmen kann, falls beide Elternteile arbeiten und das Kind nicht selber betreuen können.
Höhepunkt sei schon erreicht
Die stellvertretende Kantonsärztin Eva Würfel erklärt anhand einer Statistik, dass man z.B. im Abwasser messen kann, wie die Influenza-Viren phasenweise auftreten. Dieses Jahr sei die Grippewelle von Frankreich aus in die Schweiz getragen worden. Das Jahr 2025 sei im Vergleich bei Normwerten.
Die Spitäler seien zwar ausgelastet, sie hätten sich aber auf die Grippewelle vorbereitet und es sei keine Überbelastung zu erwarten. Würfel schätzt, dass der Höhepunkt der Welle mittlerweile erreicht sei und dass sich diese in den nächsten Wochen wieder abflachen sollte.
Die stellvertretende Kantonsärztin empfiehlt, dass die Meisten auch gut ohne ihre Hygiene-Maske klarkommen würden, auch wenn sie leichte Symptome vorweisen. Hygiene-Masken sollten vor allem Personen in den Risikogruppen tragen oder Menschen in ihrem Umfeld, die diese schützen wollen.
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