Kein einheitliches System: Das Problem beim Plastik-Recycling in der Region
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Umwelt
Basel-Stadt

Kein einheitliches System: Das Problem beim Plastik-Recycling in der Region

21.04.2024 09:03 - update 23.04.2024 09:22
Larissa Bucher

Larissa Bucher

Die Uneinheitlichkeit des Plastik-Recyclings in den beiden Basel stellt eine zunehmende Herausforderung dar. Verschiedene Gemeinden und neue Organisationen wecken jedoch Hoffnung auf eine nachhaltige Lösung.

Plastik ist zu einem zentralen Bestandteil unserer Gesellschaft geworden. Wie wir mit dem daraus entstehenden Abfall umgehen, stellt eine wachsende Herausforderung dar. Trotz der Bemühungen von Bund, Kantonen und anderen Organisationen, das Recycling zu fördern, steht die Schweiz vor einem Problem: dem Mangel an einheitlichen Recycling-Möglichkeiten für Plastik. Es ist nämlich nicht der Bund oder der Kanton, der über das Recyling entscheidet – es ist die einzelne Gemeinde. Das führt zu Verwirrung bei den Verbrauchern und dazu, dass ein umweltbewusster Umgang mit dem Abfall erschwert wird.

Kein Plastik-Recycling in Basel-Stadt?

So ist auch in Basel-Stadt immer wieder vom «fehlenden» Plastik-Recycling die Rede. Die Möglichkeit, den Plastik auf dem Haushalt in dafür vorgesehene Sammelsäcke zu packen und vor die Haustüre zu stellen, gibt es im Stadtkanton nämlich nicht. Das, obwohl dieses Angebot nur wenige Gehminuten weiter in der Baselbieter Gemeinde Allschwil bereits erfolgreich durchgeführt wird.

Basel-Stadt recycelt Plastik aber trotzdem – einfach etwas anders: «Die gemischte Sammlung von Kunststoffabfällen hat bei hohen Kosten nur einen geringen ökologischen Nutzen», erklärt Sonja Körkel, Mediensprecherin des Kantons Basel-Stadt. «Das Problem ist dabei nicht die Sammlung, sondern die Verwertung. In der Schweiz gibt es noch keine Anbieter, die gemischte Kunststoffe trennen und recyceln.» Laut Körkel würden die nationalen Verbände der kommunalen Abfallwirtschaft (SVKI und VBSA) sowie der Dachverband Swiss Recycling nämlich empfehlen, nur recyclingfähige Materialien zu sammeln – und zwar separat.

Pilotprojekt mit Coop

Trotzdem arbeitet der Kanton mit Hochtouren daran, eine bessere Lösung für den Plastikabfall zu finden. «Ziel des Kantons ist es, nicht nur Plastikabfall zu sammeln, sondern diesen auch fachgerecht zu verwerten und das nicht weit weg im Ausland, sondern möglichst in der Region Basel», sagt Körkel. So wurde vor einem Jahr ein Pilotprojekt mit Coop gestartet. «Verschiedene Coop-Filialen nehmen unterdessen Kunststoffsammelsäcke in Basel entgegen».

Das funktioniert so:

Gekauft und recycelt werden können die Säcke laut Website an den Standorten Gundeli, Hardstrasse, Hauenstein, Breite und Allschwilerstrasse. Da die Sammlung und Sortierung Geld kostet, kann Coop die Kunststoffsäcke nicht gratis anbieten. Sie werden ähnlich gehandhabt wie die «Bebbi-Sägg» und werden in Rollen mit jeweils zehn Säcken verkauft.

Das heisst konkret für die Verbraucher:innen:

  • Ein 17 Liter Kunststoffsammelsack kostet Fr. 0.90/Stk.
  • Ein 35 Liter Kunststoffsammelsack kostet Fr. 1.70/Stk.
  • Ein 60 Liter Kunststoffsammelsack kostet Fr. 2.50/Stk.

«Das Angebot wird von unseren Kund:innen rege genutzt», teilt Coop auf Anfrage von Baseljetzt mit. Mittlerweile wurde das Angebot auf Zürich ausgeweitet und man prüfe weitere mögliche Standorte in Basel-Stadt.

Allschwil als Vorreiter

Wie bereits erwähnt, nimmt eine Baselbieter Gemeinde eine Vorreiterrolle in Sachen Plastik-Recycling ein: Allschwil. Über 130 Tonnen Plastikabfall hat die Gemeinde mit rund 19’000 Einwohner:innen im Jahr 2023 in den gelben Recycling-Säcken gesammelt. Bei einer vergleichbar grossen Gemeinde – nehmen wir Muttenz (circa 17’000 Einwohner:innen) als Beispiel – waren es bloss knapp über 50 Tonnen. Kleine Gemeinden wie Ettingen (Knapp 5’000 Einwohner:innen) sammelten sogar nur 0,009 Tonnen Plastikabfall. Was macht Allschwil also anders als die anderen Baselbieter Gemeinden?

In Allschwil kann Plastikabfall aus dem Haushalt in gelben Säcken gesammelt werden. Diese können an verschiedenen Standorten für 1 Franken pro 35-Liter-Sack gekauft werden. Zuhause füllt man die Säcke und stellt sie dann bequem vor die Haustüre, wo sie zusammen mit dem normalen Abfallsack abgeholt werden. So muss also kein Sammelsack extra zu einer Sammelstelle gebracht werden. «Das Entsorgungsangebot ist bequem und günstig und wird entsprechend sehr geschätzt», sagt Andreas Dill, Umweltbeauftragter der Gemeinde. «An jedem Sammeltag stehen gegen 4’000 Säcke am Strassenrand.» Das Beste daran sei: Die Qualität des Sackinhalts sei vorbildlich. Es werde also nicht viel «falscher Abfall» darin entsorgt. Die Kunststoffsammlung gestaltet sich für Allschwil kostenneutral. «Die Kosten werden durch die Gebühreneinnahmen für die Sammelsäcke gedeckt», erklärt Dill. Andere Baselbieter Gemeinden sammeln Plastik nach dem selben Konzept.

Darüber, ob eine durchmischte Sammlung von Plastikabfall wirklich sinnvoll ist, oder, ob der Ansatz von Basel-Stadt der Richtige ist, ist man sich in Expertenkreisen jedoch weiterhin uneinig. Die Zahlen zeigen jedoch klar: Die gelben Kunststoffsäcke sorgen in Allschwil für eine grosse Menge eingesammeltem Plastik.

RecyPac als Branchenlösung gegründet

Die Dringlichkeit einer einheitlichen Lösung verdeutlicht sich in der Gründung von Organisationen wie RecyPac. Der nicht-gewinnorientierte Verein will ein schweizweit flächendeckendes Recyclingsystem für Kunststoff und Getränkekarton aufbauen. Es handelt sich dabei um eine Branchenlösung auf freiwilliger Basis. Die ganze Prozesskette von Verpackungshersteller über Brandowner, Detailhandel, Gemeinden bis hin zu Recyclern wird eingebunden. So soll ein effektives und effizientes Recycling ermöglicht werden. Gründungsmitglieder sind unter anderem Coop, Migros, Zweifel, Volg, Spar, Emmi, Denner und viele mehr.

Um die gesetzten Ziele zu erreichen, sind alle Akteure der Wertschöpfungskette gefragt, erklärt Geschäftsführerin Odile Inauen gegenüber Baseljetzt. Aber auch den Gemeinden und Kantonen würde eine wichtige Rolle zukommen. «Zum einem in ihrer rechtlichen Aufgaben als Inhaber des Abfallmonopols und zum anderen dann in ihrer Rolle als Sammelstelle und Schnittstellen-Funktion in der Kommunikation und Sensibilisierung der Bevölkerung.»

Noch in der Aufbauphase

Die Kantone Basel-Stadt und Baselland sind noch keine Mitglieder im Verein. «Es handelt sich dabei um eine privatwirtschafliche Branchenlösung und diese befindet sich nach wie vor in der Aufbauphase», sagt Andrea Tschopp, Mediensprecherin des Landkantons. Die Umsetzung sei demnach noch nicht geklärt. Aus diesem Grund sei eine Mitgliedschaft für den Kanton noch kein Thema. In Basel-Stadt klingt das ähnlich. Man sei mit RecyPac im Gespräch, sagt Körkel, Mediensprecherin des Kantons. «Der Verein ist aber noch nicht operativ tätig. Sobald es gute Lösungen gibt, wird Basel auch mitmachen.»

Konkret vorgenommen hat sich RecyPac laut Inauen folgendes:

  • RecyPac will ein schweizweit flächendeckendes Sammelsystem für Kunststoffverpackungen und Getränkekartons.
  • Weil RecyPac ein nationales System aufbaut, sollten die gesammelten Mengen rasch zunehmen. Damit werden die Grundlagen geschaffen, um das Schweizer Sammelgut möglichst bald in Schweizer Anlagen sortieren und verwerten zu können.
  • Als Branchenorganisation wird sich RecyPac um die Verbesserung der Rezyklierbarkeit von Verpackungen und den hochwertigen Wiedereinsatz des gewonnen Rezyklats kümmern. Ausserdem werden die Hersteller eingebunden, was ermöglicht, dass Verpackungen auch hergestellt werden, dass sie am Ende recycelbar sind.
  • Auch die transparente Information und Sensibilisierung der Öffentlichkeit ist ein wichtiger Punkt, der RecyPac schweizweit angeht.

Das alles seien Aspekte, die bis anhin nicht genügend beachtet worden seien.

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Kommentare

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23.04.2024 10:43

go4good

Bereits viel länger im Geschäft:
https://www.plasticrecycler.ch/
Liegt wie üblich bei der Politik, dass nichts in Basel geht! Bern ist drauf und viel andere auch wie Biel etc!!!

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22.04.2024 08:28

andreachrista

Das waren noch schöne Zeiten, als die Müllabfuhr zweimal wöchentlich kam und alles mitnahm. Von Gebührenmarken oder -säcken keine Spur.

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