Kein Verleih von Schneesportgeräten mehr an Juden in Davos: Polizei ermittelt
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Kein Verleih von Schneesportgeräten mehr an Juden in Davos: Polizei ermittelt

12.02.2024 13:25 - update 12.02.2024 19:00

Baseljetzt

Das Bergrestaurant Pischa im gleichnamigen Davoser Skigebiet vermietet keine Schneesportgeräte mehr an jüdische Gäste. Der Schweizerisch Israelitische Gemeindebund hat rechtliche Schritte angekündigt.

Das Restaurant bei der Bergstation Pischa vermietet keine Schlitten, Airboards, Skis und Schneeschuhe mehr an jüdische Gäste. Diese werden in einem vor Ort aufgehängten Schreiben in hebräischer Sprache darüber informiert und despektierlich als «unsere Brüder» angesprochen, wie das Onlineportal «20 Minuten» am Montag berichtete. Verschiedene «ärgerliche Vorfälle» hätten zum Vermietstop geführt, heisst es im Schreiben.

Die Medienstelle der Kantonspolizei Graubünden bestätigte der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage den Sachverhalt. Bei der Polizei sei dazu eine Mitteilung von einer Privatperson eingegangen. «Wir haben es als mögliches Offizialdelikt eingestuft und deshalb Ermittlungen aufgenommen», sagte Mediensprecher Roman Rüegg.

«Neues Level an Dreistigkeit»

Der Schweizerische Israelitische Gemeindebund (SIG) sprach auf Anfrage von einem neuen «Level an Dreistigkeit». «Eine ganze Gästegruppe wird kollektiv abgekanzelt, aufgrund des Aussehens und der Herkunft», schrieb SIG-Generalsekretär Jonathan Kreutner in einer Stellungnahme.

Damit sei nicht nur eine moralische und geschmackliche Grenze überschritten. «Wir werden rechtliche Schritte beziehungsweise eine Anzeige nach Verstoss gegen die Rassismusstrafnorm einreichen», kündigte Kreutner an.

Für den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund ist der Vermietstop kein Einzellfall. In Davos liege einiges im Argen. Es gebe Hotels, Restaurants und Läden, welche die jüdischen Gäste nicht herzlich willkommen heissen würden. «Erst letzten Sommer hat die lokale Tourismusorganisation die Zusammenarbeit mit uns und unserem Dialogprojekt auf Eis gelegt», schrieb der Generalsekretär.

«Ein Teil der Gäste tut sich schwer mit Regeln»

«Als Tourismusorganisation stehen wir mit allen Gruppen in Kontakt und versuchen, einen Dialog zu ermöglichen», sagte Reto Branschi, CEO der Tourismusorganisation Davos Klosters, zu Keystone-SDA. Gastfreundschaft und Zusammenleben könne nur funktionieren, wenn sich alle Seiten respektieren.

Der entsprechende Aushang stamme von einem einzelnen touristischen Anbieter und sei «sehr unglücklich formuliert» und nicht im Sinne der Destination Davos Klosters. «Wir distanzieren uns davon.»

Branschi sagte aber auch, der Umgang mit einem Teil der orthodoxen jüdischen Gäste sei schwierig. «Dieser Teil tut sich schwer damit, sich an die Regeln hier zu halten und verhält sich gegenüber Gastgebern und anderen Dienstleistern manchmal enorm respektlos.»

Pächter entschuldigt sich

Die Sportbahnen Pischa erklärten, beim Restaurant handle es sich um eine extern verpachtete Lokalität der Bergbahn. Das Unternehmen sei weder mit dem Sachverhalt vertraut noch involviert und distanziere sich in aller Form von dieser Handlung.

Am Montagnachmittag nahm der Pächter des Restaurants in einem von Blick.ch veröffentlichten Video Stellung zum Aushang, den er nicht selber geschrieben habe. «Es war sicher falsch formuliert, dafür entschuldige ich mich», sagte er. Das Schreiben sei inzwischen entfernt worden. Laut Aussagen des Pächters gegenüber Fernsehen SRF können ab Dienstag wieder alle Gäste Material mieten.

(sda/lab)

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13.02.2024 08:17

mil1977

Konflikte mit jüdischen Gästen? Ein neuer Trend ?Ausser mit Gil Ofarim hatte wohl seit Jahrzehnten niemand einen Konflikt mit jüdischen Menschen gehabt.

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13.02.2024 04:43

PJPM

Interessant ist, dass die Gründe, die zur Sperre geführt haben, lediglich pauschal mit
«Dieser Teil tut sich schwer damit, sich an die Regeln hier zu halten und verhält sich gegenüber Gastgebern und anderen Dienstleistern manchmal enorm respektlos.»
abgetan wird. Ein Artikel über Rassismus, Empörung, Distanzierung und EIN vager Satz über die Gründe…
Da ist Nachholbedarf. Der Pächter hat sicher das Material nicht zurückbehalten, weil Blümchen draufgelegt wurden.

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