Kinderkrebs-Forschung ist wenig lukrativ – mit fatalen Folgen für die Kleinen
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Internationaler Kinderkrebstag
Schweiz

Kinderkrebs-Forschung ist wenig lukrativ – mit fatalen Folgen für die Kleinen

15.02.2024 19:09 - update 16.02.2024 15:26
Nathalie Schaffner

Nathalie Schaffner

Weil mehr Erwachsene an Krebs erkranken, kommt die Kinderkrebs-Forschung zu kurz: Investitionen lohnen sich finanziell für die Pharma nicht. Diese Lücke in der Forschung kann fatale Folgen haben.

«Es ist wie ein Loch und man weiss nicht, wohin. Man möchte nur, dass er überlebt.» So beschreibt Camilla Adby das Gefühl, wenn das eigene Kind die Diagnose Krebs erhält. Ihr Sohn Oscar war erst sechs Monate alt, als die Diagnose Leberkrebs kam. Zwar gilt Oscar als Survivor, doch er leidet unter den Spätfolgen der Chemotherapie.

Laut Kinderkrebs Schweiz wurden Krebstherapien bei Kindern in den letzten Jahrzehnten revolutioniert. Gleichzeitig würden für junge Patient:innen kaum neue Medikamente entwickelt. Grund dafür sei, dass sich das Forschen in diesem Bereich wegen der tiefen Fallzahl weniger lohnt. Die Pharmaindustrie hat aufgrund der eher kleinen Fallzahlen kein grosses Interesse an der Kinderkrebs-Forschung. Jährlich erkranken rund 350 Kinder in der Schweiz an Krebs. Jedes fünfte stirbt an einer Krebserkrankung.

Nicolas von der Weid leitet die Onkologie am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB). Ihn schmerzt es jeweils, wenn er eine Therapie, die es für Erwachsene gibt, den Kindern nicht anbieten kann. Teilweise setzt man die risikoreichen Medikamente dann aber trotzdem ein, wenn es keine andere Möglichkeit gibt. «Es kann sein, dass dann die Dosis nicht stimmt, und dass es dann zu Nebenwirkungen kommt», so von der Weid.

Dies war auch bei Oscar der Fall. Er hat einen Teil seines Gehörs verloren und leidet unter einem sogenannten Chemobrain: Aufgrund der Krebstherapie kann sich das Gehirn nicht vollständig entwickeln. Die Folgen: intellektuelle Defizite wie Konzentrationsschwierigkeiten oder Probleme mit dem Gedächtnis. Dass nicht mehr in die Kinderkrebs-Forschung investiert wird, ist für Oscars Familie unverständlich: «Die Kinder sind unsere Zukunft und haben noch das ganze Leben vor sich. Dann müssen wir doch schauen, dass es innovative Behandlungsmöglichkeiten gibt – wie auch bei den Erwachsenen», erzählt Camilla Adby.

Politik muss handeln

Nicolas von der Weid sieht Handlungsbedarf in der nationalen und internationalen Politik. «Das Parlament hat die Möglichkeit, die Forschungsgelder zu bestimmen. Da kann man erwarten, dass mehr Geld fliesst – insbesondere für die Kinderkrebs-Forschung. Und wir brauchen eine nationale Strategie, die klar definiert, dass die Forschung auch im Kindesalter wichtig ist.» Ob es einen nationalen Krebsplan gibt, wird der Nationalrat Ende Februar entscheiden.

Auch die Familie von Oscar wünscht sich eine Veränderung: «Kinder, die den Kampf gegen Krebs gewonnen haben, sollen die Möglichkeit auf eine Zukunft haben wie alle anderen Kinder auch.» Oscar ist heute bald neun Jahre alt und in einer Sonderschule. Dort sei er glücklich. Seine Familie hofft, dass ihm die Welt offensteht.

Mitarbeit: Alex Kälin

Internationaler Kinderkrebstag

Der 14. Februar ist der internationale Kinderkrebstag. Die Organisation Kinderkrebs Schweiz macht darum an diesem Tag darauf aufmerksam, wie Kinder bei der Krebsforschung benachteiligt werden. Sie fordern einerseits mehr Mittel für die Kinderkrebs-Forschung, aber eine nationale Krebsstrategie, wie es sie in anderen europäischen Ländern gibt. (alk)

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