«Ein Pfusch»: Gegner von Hochwasserdamm in Riehen lancieren Referendum
©Visualisierung: Gemeinde Riehen
Hochwasserschutz
Basel-Stadt

«Ein Pfusch»: Gegner von Hochwasserdamm in Riehen lancieren Referendum

22.02.2023 05:00 - update 22.02.2023 14:28
Michel Schultheiss

Michel Schultheiss

Um den Bettinger- und Immenbach bei Starkregen zu bändigen, will Riehen Rückhaltebecken bauen. Aus Sicht der Gegner würden diese aber quer in der Landschaft stehen. Deshalb wollen sie eine Volksabstimmung.

Ein Schuhladen wird überschwemmt, die Strassen verwandeln sich in Bäche. Auch in die Fondation Beyeler dringt Wasser ein. Diese Szenen vom 17. August 2022 wird Riehen so schnell nicht vergessen. Ein Starkregen liess den Immenbach damals über die Ufer treten. Just einen Monat vor dem Unwetter hatte der Gemeinderat einen Antrag für mehr Hochwasserschutz beim Bettinger-, Immen- und Hungerbach vorgelegt.

Die markantesten Massnahmen sind dabei das bis zu 6,6 Meter hohe Rückhaltebecken oberhalb des Wenkenparks. Der Damm des Beckens im Moostal soll fünf Meter hoch werden. Als weniger aufwendig gestalten sich die Massnahmen für den Hungerbach. Beim Rotengrabenweg soll dafür ein 2,2 Meter hohes Rückhaltebecken entstehen.

Am 8. Februar hiess der Einwohnerrat den Kredit von insgesamt 3,86 Millionen Franken für Hochwasserschutzmassnahmen gut. Dabei übernimmt der Bund 35 Prozent, Kanton und Gemeinde je 32,5 Prozent. Mit Ausnahme der SVP, die sich mehrheitlich enthielt, stimmten alle Fraktionen dafür.

Riehen diskutiert wieder über «Mauern»

Gar nicht glücklich darüber ist alt Einwohnerrat Peter A. Vogt (SVP), der das Referendumskomitee leitet. «Wir wollen keine derart riesigen Rückhaltebecken», sagt Vogt gegenüber Baseljetzt. Die «hohen Mauern» seien «unsinnig» und ein «Pfusch». Unbestritten ist auch aus seiner Sicht, dass Riehen dringend Hochwasserschutzmassnahmen braucht. Die geplante Umsetzung ist in seinen Augen jedoch eine «Verschandelung von Riehens Umgebung». Stattdessen fordere er kleine und effektive Massnahmen, so etwa Hecken und kleinere Rückhaltebecken. Diese könne man zudem viel schneller umsetzen, um einem nächsten Starkregen wie im letzten August zuvorzukommen.

Der zuständige Gemeinderat Felix Wehrli (SVP) widerspricht. «Es ist unmöglich, dieses Problem mit kleineren Massnahmen zu beheben.» Würde man weiter oben am Bachverlauf mit mehreren kleinen Dämmen eingreifen, wären die Einschnitte in die Landschaft noch viel grösser, wie er gegenüber Baseljetzt erklärt. «Es gibt leider keine andere Variante», so Wehrli.

Eine Blumenwiese zur Begrünung

Zudem betont er, dass das geplante Rückhaltebecken für den Bettingerbach nur an der höchsten Stelle 6,6 Meter hoch sei. Der Damm sei dann flach abfallend und könne etwa mit einer Blumenwiese begrünt werden. «Man muss sich da keine Mauer vorstellen», sagt Wehrli.

Sein Parteikollege Peter A. Vogt ist anderer Meinung und erhält dabei Unterstützung von ehemaligen Einwohnerräten anderer Parteien. So sind unter anderem Andreas Tereh (Grüne) und Hans Rudolf Brenner (EVP) mit im Komitee. Ihre Referenden richtet sich gegen die Massnahmen beim Bettinger- und Immenbach, nicht aber gegen das deutlich kleinere und kostengünstigere Projekt beim Hungerbach.

Übrigens: Das Thema «Mauern» ist nicht neu in Riehen. Schon bei der Abstimmung zum Doppelkindergarten Siegwaldweg im November 2022 fiel dieses Wort oft.

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Kommentare

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22.02.2023 20:08

uschnurr

Wer kanalisiert und sammelt denn Hochwasser an der tiefsten Stelle! Lieblich sieht der visualisierte See der Gemeinde Riehen aus. Beim Unwetter im August 2023 kamen jedoch neben Wasser Unmengen an Schlamm, Geröll, Erde und Stroh den Berg herunter und hätten das geplante Rückhaltebecken gefüllt, das ja wiederum entleert werden müsste. Das vorliegende Projekt ist nicht nachhaltig und nicht ökologisch. Vielmehr müsste die bereits evaluierte Alternative weiter verfolgt werden: die Topographie ausnützen und bereits in den Hanglagen Schutzmassnahmen vorkehren. Zudem besteht auf dem gesamten Areal im Moostal ein Servitut, das nicht nur die Errichtung von Tief- und Hochbauten nicht zulässt, sondern explizit Abgrabungen und Aufschüttungen verbietet! Wir stimmen daher der Meinung von Peter A. Vogt zu und bitten alle Riehener Stimmbürger, das Referendum mit ihrer Unterschrift zu unterstützen.

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22.02.2023 15:37

ples

Es gibt Alternativen zum Rückhaltebecken
«Es gibt leider keine andere Variante», stimmt nicht. Was Herr Felix Wehrli in Ihrem Interview nicht erwähnt, ist, dass die zweite Variante Hochwasserschutz, die geprüft wurde, die sogenannte “Bachgerinne-Verbreiterung”, zumindest beim Immenbach ebenfalls die Hochwassersicherheit gewährleistet, wenn auch mit stärkerer Belastung des Siedlungsentwässerungsnetzes. Und, dass diese Variante bei den Kriterien “Natur und Landschaft”, “Hochwasserschutz” und “Soz.Ök” zusammen sogar etwas besser bewertet wurde als das Rückhaltebecken. Die Forderung an die Gemeinde, die Planungsunterlagen offenzulegen wurde bisher auf, “voraussichtlich nach den Fasnachtsferien” in Aussicht gestellt, da nur eine “sehr beschränkte Einsicht in Dokumente und Plangrundlagen gelte”. Öffentlichkeitsprinzip und Transparenz sieht anders aus.
Peter Lessing, 4125 Riehen

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