Lausanner Polizeichef kündigt frühzeitigen Abgang an
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Polizeiaffäre
Schweiz

Lausanner Polizeichef kündigt frühzeitigen Abgang an

16.09.2025 18:18 - update 16.09.2025 19:15

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Olivier Botteron, Kommandant der Stadtpolizei Lausanne, will per 1. Juli 2026 frühzeitig in den Ruhestand treten. Diese Ankündigung erfolgt vor dem Hintergrund wiederholter Skandale und anstehender Reformen.

«Die kommenden Monate werden es dem Polizeichef ermöglichen, die Weichen zu stellen, damit sein Nachfolger die langfristig geplanten Reformen fortsetzen kann», schreibt die Stadt Lausanne am Dienstag in einer Medienmitteilung. Der 59-jährige Botteron leitet die Polizei von Lausanne seit 2018.

Bevor er die Leitung der Lausanner Polizei übernahm, war Botteron Kommandant der Grenzwächterregion Genf beim Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (2015–2018) und Kommandant der Waadtländer Gendarmerie (2010–2015).

Der von Keystone-SDA kontaktierte Stadtrat Pierre-Antoine Hildbrand sagte, Botteron mache seine Rechte gemäss dem Lausanner Recht geltend, das eine Pensionierung mit 60 Jahren vorsieht. Es handle sich nicht um eine Vereinbarung, präzisiert Hildbrand, der für Sicherheit zuständig ist.

Er sagte, dass die Pensionierung erst für nächstes Jahr geplant sei und dass der Kommandant wegen des geplanten G7-Gipfels in dieser Zeit noch gebraucht werde. Der Stadtrat wies zurück, dass es einen Zusammenhang zwischen den Krisen der Lausanner Polizei und der bevorstehenden Pensionierung gebe. Reformbemühungen seien bereits im Gange. Sie werden mehrere Jahre dauern und nicht einfach sein, wie der Stadtrat weiter sagte.

Missstände innerhalb der Polizei

In den letzten Monaten musste sich der Kommandant mit mehreren Krisen innerhalb seines Korps auseinandersetzen. Ende August deckte die Stadtverwaltung von Lausanne die Existenz von zwei WhatsApp-Gruppen auf, in denen rassistische, sexistische, antisemitische oder diskriminierende Nachrichten zwischen Lausanner Polizisten ausgetauscht worden waren.

Die Stadtbehörden zeigten sich «zutiefst schockiert» und kündigten eine erste Serie von vier Suspendierungen an. Vier weitere folgten in der darauffolgenden Woche.

Die Stadtverwaltung erklärte, dass sie nicht nur bestrafen, sondern auch «eine tiefgreifende Reform» durchführen wolle. In diesem Zusammenhang sprach Stadtpräsident Grégoire Junod (SP) von einem «Problem der systemischen Diskriminierung, das angegangen werden muss».

Für die Reformen haben die Lausanner Behörden unter anderem André Duvillard, ehemaliger Delegierter des nationalen Sicherheitsnetzwerks und ehemaliger Kommandant der Neuenburger Polizei, hinzugezogen.

Unruhen von Jugendlichen

Zur gleichen Zeit kam es Ende August in Lausanne zu Ausschreitungen. An zwei Abenden in Folge randalierten zwischen 100 und 200 meist jugendliche Personen im Quartier Prélaz. Sie versammelten sich in der Nähe des Ortes, an dem kurz zuvor ein 17-jähriger Rollerfahrer auf der Flucht vor der Polizei tödlich verunfallt war.

Weniger als zwei Monate zuvor war eine 14-Jährige unter ähnlichen Umständen bei einem Rollerunfall ums Leben gekommen.

Todesfälle bei Festnahmen

In den letzten Monaten und Jahren stand die Polizei von Lausanne zudem wegen Todesfällen nach Polizeieinsätzen in der Kritik. Im Mai dieses Jahres starb ein 39-jähriger Nigerianer, in den Räumlichkeiten der Stadtpolizei, kurz nachdem er wegen des Verdachts auf Drogenhandel festgenommen worden war.

Im Jahr 2018 starb ein weiterer 39-jähriger Nigerianer, nach seiner Festnahme bei einer gewaltsamen Drogenrazzia in der Nähe des Bahnhofs von Lausanne. Die sechs beteiligten Polizisten, denen fahrlässige Tötung vorgeworfen wurde, wurden in erster und zweiter Instanz freigesprochen. Es wurde jedoch Berufung beim Bundesgericht eingelegt. Diese verschiedenen Fälle lösten zahlreiche Reaktionen aus, darunter mehrere Demonstrationen in der Stadt Lausanne.

Nachfolge in Ruhe regeln

Der Nachfolger Botterons muss sich mit dieser Vorgeschichte auseinandersetzen und den Blick auf die bevorstehenden Reformen richten. Die Stelle wird in Kürze ausgeschrieben, «um in aller Ruhe einen Nachfolger zu finden», schreibt die Stadt Lausanne im Communiqué weiter. (sda/kah)

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