Lehrlinge wollen mehr Ferien – sie könnten im Gymi gekürzt werden
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Politik
Schweiz

Lehrlinge wollen mehr Ferien – sie könnten im Gymi gekürzt werden

19.06.2025 17:08 - update 19.06.2025 18:52

Annina Amrein

«Wir wollen auch mal durchatmen!» – 140’000 Lehrlinge fordern mehr Ferien. Doch statt Entlastung droht nun ein Frontalangriff auf die langen Ferien der Gymischüler. Die SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger ist bei der Debatte vorne mit dabei.

Letzte Woche haben Lehrlinge einen Brief an den Bundesrat geschrieben. Darin fordern sie acht Wochen Ferien. Die bisherigen fünf Wochen reichten nicht aus, heisst es in dem Schreiben: «Lernende leisten viel – doch ihre Erholung kommt oft zu kurz.» Unterstützt wurde der Brief auch vom Lehrerverband und dem Gewerkschaftsbund. Fast 140’000 Menschen haben ihn unterzeichnet.

«Wenn man die Ferienfotos von Kollegen am Gymi auf Instagram sieht, während man am Arbeiten ist oder in der Schule sitzt, ist das nicht so cool», erklärt ein 16-jähriger Lehrling gegenüber 20 Minuten. Auch die 18-jährige Joy findet: «Es wird einem etwas geraubt, wo man Erlebnisse sammeln könnte. In dem Alter will man Sachen ausprobieren, vielleicht auch Sprachaufenthalte machen, die für die Schule hilfreich wären.»

Die Bürgerlichen kehren den Spiess um

Der Brief kam zwar im Bundeshaus an – die Reaktion darauf fiel jedoch ganz anders aus als erhofft: Die Bürgerlichen wollen den Spiess umkehren. Anstatt mehr Ferien für Lehrlinge zu gewähren, sollen die Ferien an Gymnasien und Mittelschulen gekürzt werden, wie 20 Minuten berichtet. Mit dabei ist die Baselbieter SVP-Nationalrätin Sandra Sollberger. Sie meint: «Mehr Ferien für Lernende ist der falsche Ansatz. Richtig wäre, die Ferien in der Mittelschule zu reduzieren!»

Lehrlinge wollen mehr Ferien – sie könnten im Gymi gekürzt werden
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Kommende Woche plant sie, eine entsprechende Interpellation einzureichen. Darin will sie vom Bundesrat wissen, wie dieser die «zunehmende faktische Ungleichbehandlung zwischen Berufsbildung und akademischer Bildung bei Freizeit, Pflichten und Förderung» beurteilt. Die Ferien an Mittelschulen sind in der Schweiz kantonal geregelt. Eine Stellungnahme des Bundesrats soll daher Druck auf die kantonalen Parlamente ausüben.

Auch Mitte-Ständerat Fabio Ragazzi (Tessin) teilt diese Meinung. Die langen Ferien für Gymnasiasten und Studierende würden die Attraktivität der Lehre schwächen. Wenn man daran nichts ändere, werde es der Schweiz in wenigen Jahren an gut ausgebildeten Fachkräften fehlen.

«Politische Spielchen auf dem Rücken von Mittelschülern»

Der Schweizerische Gewerkschaftsbund sieht das ganz anders: «Politische Spielchen auf dem Rücken von Mittelschülern sind eine reine Trotzreaktion und bringen den Lernenden gar nichts», sagt Kampagnenleiter Urban Hodel gegenüber 20 Minuten. Auch Dagmar Rösler, Präsidentin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer, unterstützt die Forderung der Lernenden: «Würde man die Ferien im Gymnasium reduzieren, würde dies in der Berufslehre nichts verändern.»

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Kommentare

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20.06.2025 08:32

Bettina

ich hatte damals in meiner Lehrer als Chemielaborantin 5 Wochen Ferien. Davon habe ich 3 in den Sommerferien, eine an Fasnacht und der Rest an Weihnachten. Viel Freizeit war das zwar nicht aber es war okay. Abgesehen davon mit meinem Lehrlings-Lohn hätte ich mir gar nicht mehr Ferien leisten können.

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20.06.2025 06:41

Juberli

Und das “liebe“ SVP, soll den Lernenden jetzt was genau bringen???
Schadenfreude?
Weniger Instagram-Posts?

So ein Schwachsinn.
Augen auf beim Wählen…

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