Lisa Mathys zum Rücktritt als SP-Präsidentin: «Ich spüre eine gewisse Müdigkeit»
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Lisa Mathys zum Rücktritt als SP-Präsidentin: «Ich spüre eine gewisse Müdigkeit»

07.01.2025 06:23 - update 06.01.2025 22:50

Baseljetzt

Die SP-Präsidentin Lisa Mathys gibt im Frühling ihr Amt ab. Im Interview erzählt sie, warum sie diese Entscheidung getroffen hat und schaut auf vergangene Zeiten zurück.

Die Geschäftsleitung der SP Basel-Stadt macht Platz für Neue: SP-Präsidentin Lisa Mathys, sowie die beiden Vizepräsidenten Marcel Colomb und Martin Leschhorn werden im Frühling gemeinsam zurücktreten. An der Delegiertenversammlung der Partei im Mai stellt sich die Parteileitung nicht mehr zur Wiederwahl.

Im Interview spricht die Noch-Parteipräsidentin Lisa Mathys über den Rücktritt.

Baseljetzt: Wie kam es zu diesem Entscheid?

Lisa Mathys: Diesen Entscheid habe ich nicht alleine gefällt. Er wurde zusammen mit den beiden Vizepräsidenten Marcel Colomb und Martin Leschhorn gefällt. Wir kamen zum Schluss, dass es jetzt nach den Gesamterneuerungswahlen der richtige Zeitpunkt ist, die Parteileitung in frische Hände weiterzugeben. So hat die Nachfolge von uns auch genug Zeit, um sich vorzubereiten, bevor die nächsten grossen Wahljahre kommen.

Warum wollen Sie nicht noch vier Jahre weitermachen? Vier Jahre in einem Präsidium ist ja doch nicht so lange…

(lacht) Es klingt vielleicht nicht lange, aber ich muss sagen, gerade die letzten zwei Jahre waren wirklich sehr, sehr intensiv. Ich merke jetzt, wo alles vorbei ist, auch, dass ich doch eine gewisse Müdigkeit spüre. Darum finde ich auch, dass es der richtige Entscheid ist, zu sagen: «Okay, dann soll jemand Neues übernehmen.» Es ist nicht so ungewöhnlich, dass man eine Legislatur macht.

Sie treten mit ihren beiden Vizepräsidenten zurück. Warum machen Sie diesen Rücktritt gemeinsam?

Wir haben uns als Team verstanden. Wir haben auch sehr eng und gut zusammengearbeitet. Wir haben uns quasi blind vertreten, wenn es sein musste. Wir wussten immer, wer was macht. Weil wir uns so sehr als Team verstanden, war für die beiden auch klar, dass wir zusammen das so machen.

Ist das auch eine Gefahr für die Partei, dass sie nun ohne Parteileitung dasteht? Sie haben ja sehr viel Know-How mitgebracht.

Wir haben sehr viel Leute in unserer Partei mit sehr viel Erfahrung. Sei das in der Partei oder auch Führungserfahrung. Wir haben zum Glück eine Grösse, wo es immer genug Leute für solche Aufgaben hat. Ich glaube, es ist vor allem auch wichtig, dass man als Team gut funktioniert, einander blind vertraut. Entsprechend soll sich ein neues Team aufstellen, welches das genau so fühlt. Das wird ganz sicher sehr kompetent und gut herauskommen.

Die ersten zwei Jahre haben Sie das Präsidium mit Jessica Brandenburger geteilt. Was hat besser funktioniert: Sie alleine oder mit ihr zusammen?

Ich würde eigentlich immer noch sagen, dass es vom Amt her besser ist, dies in einem Co-Präsidium zu machen. Zusammen in einem Team, das damals vier Leute hatte. Es ist doch sehr viel Arbeit. Man macht das im Ehrenamt. Es ist sehr hilfreich, wenn die Arbeit auf mehrere Schultern verteilt werden kann. Als Jessica Brandenburger sich entschlossen hat, sich nicht mehr zur Wiederwahl zu stellen, war nicht der richtige Zeitpunkt, ein neues Gefüge zu formieren. Darum habe ich entschieden, dies alleine zu machen. Das ging auch gut. Aber ich würde nach wie vor sagen, ein Co-Präsidium ist für solche Ämter eine sehr gute Lösung.

Als Sie alleine waren, ging es auch richtig los. Die letzten zwei Jahre waren sehr anstrengend. Es gab viele Wahlen, viele Abstimmungen. Was bleibt Ihnen am meisten in Erinnerung?

Man muss immer ein wenig unterscheiden: Zum einen sind es politische Errungenschaften, die, so glaube ich, sind die allerwichtigsten und die bleiben auch am längsten. Dort, wo wir etwas in unserem Kanton verändern konnten. Sei das der Entscheid für ein sehr ambitioniertes Nette-Null-Ziel, sei das die Einführung eines Mindestlohns, seien das Verbesserungen im Bereich der Kitas, sowohl für die Eltern, als auch für die Angestellten. Das sind alles Kernthemen der SP, für die man jahrelang arbeitete. Wenn man dort wirklich etwas erreicht und etwas umsetzen kann, bleibt das sehr lange erhalten – das ist schön. Gleichzeitig gibt es auch emotionale Höhepunkte, die ich nie im Leben vergessen werde. Ich habe nie gedacht, dass ich je an einer Bundesratswahl dabei sein werde. Jetzt durfte ich zweimal eine begleiten. Wir hatten die Wahl von Mustafa Atici bei der Ersatzwahl in die Regierung. Das war sehr emotional. Wir hatten den Sitzgewinn im Grossen Rat. Auch dieser Moment, als die Folie eingeblendet wurde, ist unvergesslich. Das alles sind auch Höhepunkte.

Wie waren Sie involviert in die Wahl von Beat Jans in den Bundesrat?

Ich war im Kernteam seiner Kampagne. Man muss aber klar festhalten, dass ich als Kantonal-Parlamentarierin keinen direkten Zugang zum Bundeshaus habe. Fürs Lobbyieren im Bundeshaus brauchte es andere Leute. Mein Job war es, dafür zu sorgen, dass das vorhanden war, was es von Seiten der Kantonal-Partei brauchte. Ich glaube, wir haben auch in diesem Team gut zusammengearbeitet.

Bei den Nationalratswahlen 2023 hat die SP einen Sitz verloren – eine der wenigen Niederlagen, die Sie während Ihrer Präsidentschaft erfahren haben. Mustafa Atici wurde nicht wiedergewählt. Tragen Sie da eine Mitschuld als Parteipräsidentin?

Dort war es so, dass der Kanton Basel-Stadt einen Sitz weniger zur Verfügung hatte. Alle Bisherigen sind wieder angetreten. Das heisst, es war von Anfang an klar, dass es jemand Bisheriges treffen würde. Es war auch nicht unwahrscheinlich, dass es ein Sitz von uns wird. In diesem Sinne mussten wir uns darauf gefasst machen, aber mich traf es wahnsinnig, als es so herauskam. Insbesondere, weil Mustafa Atici ein Spitzenresultat machte. Sarah Wyss hatte 22’000 Stimmen, Mustafa Atici 20’000. Dass man mit diesem Resultat einen Sitz verliert, ist brutal. Ich habe schon auch die individuellen Resultate angeschaut und mich über diese gefreut. Eva Herzog schwang dort auch weit oben heraus. Daran konnten wir uns erfreuen. Aber natürlich, ich lehne daran keine Verantwortung ab.

Mit Blick in die Zukunft: Was sind die grossen Herausforderungen für das künftige SP-Präsidium?

Ich glaube, grosse Herausforderungen gibt es momentan im Bereich der sozialen Errungenschaften, die stark unter Druck sind. Gerade bei uns im städtischen Kontext ist da sicher der Mietschutz zu nenne. 85 Prozent der Bevölkerung sind Mieterinnen und Mieter. Für sie ist es schwierig, bezahlbaren Wohnraum zu finden und ihre Rechte zu schützen. Dafür zu sorgen, dass wir bezahlbaren Wohnraum in unserem urbanen Raum haben, ist eine wichtige Aufgabe. Wir haben eine eigene Initiative, die hängig ist. Es geht um den Direktabzug der Steuern vom Lohn. Es geht inhaltlich darum, Schuldenkarrieren zu verhindern – auch das, sicher eine schöne und lustvolle Aufgabe. Die Umsetzung der Netto-Null-Ziele, dass diese sozial gerecht werden, ist auch kein Spaziergang. Von daher gibt es ganz tolle Aufgaben für die SP in den nächsten Jahren.

Nun noch zu Ihnen persönlich: Worauf freuen Sie sich am meisten nach Ihrer Amtszeit? Worauf möchten Sie nun den Fokus legen?

Die Frage ist immer ein wenig: ich als Privatperson oder ich als Politikerin? Als Privatperson freue ich mich sicher darauf, dass ich bei weniger Familien-Abendessen und Wochenend-Ausflügen meiner Familie fehlen werde. Es ist ganz klar so, wenn meine Familie nicht mitgetragen hätte, was ich die letzten vier Jahre gemacht habe, wäre alles gar nicht möglich gewesen. Als Politikerin freue ich mich darauf, dass ich auch wieder mehr Kapazität habe, mich auf Grossrats-Arbeiten zu fokussieren, mich wirklich in Details der Geschäfte hineinknien kann. Das bleibt manchmal auch ein wenig auf der Strecke, wenn man als Präsidentin ein breites Themenspektrum abdecken muss.

Bleiben Sie der Basler Politik also erhalten?

Mit grosser Freude und grosser Motivation bleibe ich Grossrätin.

Das ganz Interview kannst du dir hier ansehen.

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Kommentare

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07.01.2025 20:42

Sonnenliebe

👏👏

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07.01.2025 10:15

Sonnenliebe

Frau Mathys hat einen sehr guten Job gemacht, vielen Dank.

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