Martin Schenkels Bandkollegen: «Er war einer von uns»
©Bild: Keystone
25-jähriges Jubiläum
Kultur

Martin Schenkels Bandkollegen: «Er war einer von uns»

04.07.2025 17:11 - update 04.07.2025 20:14
Tim Meyer

Tim Meyer

Als Flip in der Fernseh-Komödie «Fascht e Familie» wurde er schweizweit berühmt. Doch Martin Schenkel war eigentlich lieber Musiker. Heute vor einem Vierteljahrhundert veröffentlichte der Basler seinen Song «Day Off».

«Wir vermissen Martin heute noch», sagt Eddie Walker im Interview zusammen mit Pim Nieuwlands und Jean-Pierre von Dach. Die drei haben mit Martin Schenkel den Song «Day Off» aufgenommen – vor über 25 Jahren in Köln. Dass das schon so lange her ist, sei verrückt, sagt Walker: «Day Off habe ich kürzlich wieder gehört. Irgendwie ist er zeitlos geblieben. Es fühlt sich nicht so an, dass er vor einem Vierteljahrhundert aufgenommen wurde».

Im Lied reflektiert Martin Schenkel auf poetische Weise das Bedürfnis nach einer Auszeit vom hektischen Alltag. Eine Pause nicht als Flucht, sondern als bewusste Entscheidung zur Selbstfürsorge. Ein Thema, das in der heutigen, schnelllebigen Zeit aktueller scheint denn je, vor allem bei vielen jungen Menschen.

Das spüren auch Schenkels Bandmitglieder von damals: «Der Song passt heute genauso wie damals – für junge Menschen heute sogar noch eher. Der Trend geht doch hin zu weniger arbeiten und mehr Freizeit geniessen», so Eddie Walker, der für den Song das Schlagzeug, die Perkussion, sowie den Hintergrundgesang einspielte.

Day Off erreichte im Jahr 2000 Platz 31 der Schweizer Charts und blieb dort 18 Wochen. Der Song war Teil von «My Own Way» – dem letzten Album von Martin Schenkel. Dieses schaffte es in der Schweiz sogar in die Top Ten.

Im Fernsehen Flip – auf der Bühne Martin

«Kei Detail!». Mit diesen zwei Worten spielte sich Martin Schenkel in die Herzen des Schweizer Fernsehpublikums. In seiner Rolle als Flip verkörperte er in «Fascht e Familie» von 1994 bis 1998 den chaotischen Lebenskünstler, der seine eigenen T-Shirts bemalte. Doch der lustige Taugenichts verfolgte Schenkel auch privat auf Schritt und Tritt. Er wurde nur noch als Flip angesprochen, das ärgerte den Basler.

Schenkel wollte eigentlich, dass man ihn als Musiker in Erinnerung behält. So wie das seine alten Bandkollegen heute tun: «Für mich war Martin ein Kumpel, Vollblutmusiker und begnadeter Frontmann», so Pim Nieuwlands, der für Day Off die Tasteninstrumente, Perkussion und den Hintergrundgesang einspielte.

Bereits als Jugendlicher interessierte sich Martin Schenkel für Musik, spielte Cello, Klavier, Gitarre und Schlagzeug. Sein musikalisches Können und Talent sei ausser Frage gestanden, so Jean-Pierre von Dach, der bei Day Off zusammen mit Ewi Heusser die Gitarren, sowie den Bass gezupft hat: «Es war krass, wie schnell er Songs und Melodien schreiben konnte. Martin hatte ein sehr gutes Englisch, was damals noch aussergewöhnlich war».

Mit Martin Schenkel auf der Bühne zu stehen, sei aber nicht immer einfach gewesen. Bei einem Auftritt stürmte der Basler einmal nach fünf Liedern von der Bühne und wollte das Konzert abbrechen, da das Publikum nicht richtig mitmachte: «Er war erfolgsverwöhnt und es passte ihm nicht, wenn es mal schlecht lief. Wir konnten Martin aber überreden, weiterzuspielen. Dann haben wir einfach acht Zugaben gegeben».

Für die Bandmitglieder ist aber klar: Martin Schenkels Herz schlug eindeutig für die Musik: «Ich kann Martins Fähigkeiten als Schauspieler nicht beurteilen, da ich ihn als solchen kaum kannte, aber als Musiker sprach er definitiv unsere Sprache. Er war einer von uns», so Pim Nieuwlands. Schenkel sagte im Gespräch zu seiner CD «My Own Way» im August 2000 selbst, dass ihm die Musik näher liege als das Schauspiel.

Vom Schicksal ausgebremst

Mitten im beruflichen Höhenflug kommt der Schock: Im Mai 1998 erleidet Martin Schenkel einen epileptischen Anfall. Die anschliessende Diagnose: Hirntumor. Nach dem Schicksalsschlag nimmt der Basler das Album «My Own Way» und damit auch den Song «Day Off» auf und kämpft sich zurück. Die Bandmitglieder erinnern sich an die schwierige Zeit: «Martin war irgendwie immer schnell unterwegs und die Diagnose krachte mitten in die Albumvorbereitungen rein. Es war eine sehr schwierige Zeit, hin und her zwischen Hoffnung und Rückschlägen, aber ich glaube ihm hat die Arbeit an den Songs damals die nötige Kraft gegeben», so Jean Pierre von Dach.

Schenkel selbst redete in der Talkshow Aeschbacher über seine Diagnose: «Tätsch bum und die Welt ist eine andere». Um mit der Angst vor dem Tod umzugehen, wendete sich der Basler an den Glauben.

Bei Eddie Walker hängt heute noch ein Bild von Martin Schenkel an der Wand. Eines, das der Basler aus jener Zeit mit der Hilfe seines Glaubens gemalt hat: «Vor seinem Tod hat Martin zurück zum Glauben gefunden. Er malte ein grosses Bild, das sich aus einzelnen kleinen Bildern zusammensetzte, die nachher eingerahmt wurden. So habe ich auch eins dieser Bilder erhalten. Es erinnert mich stets an die schöne, aber auch sehr intensive Zeit, die wir als Freunde und Musiker zusammen erlebt haben».

Schenkel hörte auch in der schwierigsten Zeit seines Lebens nie auf zu träumen. So konnte sich das Multitalent auch seinen Wunsch erfüllen, mit einer eigenen Trommel an der Basler Fasnacht durch die Gassen zu ziehen.

Für den Basler war klar: Die Zeit sei das Wertvollste, was man als Mensch haben kann. Die Zeit, sie blieb Martin Schenkel aber verwehrt.

Das frühe Ende

Am 27. März 2003 verstarb Martin Schenkel an den Folgen des Hirntumors. Er wurde nur 34 Jahre alt. Dort, wo er jetzt sei, geniesse er immer einen «Day Off», sagt Eddie Walker: «Ich habe ihn wenige Stunden vor seinem Tod noch gesehen. Es ging ihm nicht gut. Ich denke, dort, wo er jetzt ist, geht es ihm nun besser. Das haben wir alle gespürt».

Zwischen lachenden Erzählungen und nostalgischem Erinnern gibt es während des Telefonates unter den Bandmitgliedern auch immer wieder einen Moment der Stille. Die Schwere, einen engen Freund so jung zu verlieren, dringt auch heute noch durch: «Die Zeit mit Martin war aufwühlend und intensiv. Ich bin froh, dass wir uns kurz vor seinem Tod noch einmal sehen konnten», sagt Pim Nieuwlands.

Die drei Musiker haben jahrelang mit Martin Schenkel Musik gespielt. Und so auch an seiner Beerdigung. Das sei schwer gewesen, sagt von Dach: «Ich habe dieses Bild nie vergessen, wie wir um die Urne standen und mit klammernden Händen und zittriger Stimme ein paar Songs spielten, während Martins damals 4-jähriger Sohn pfeifend um die Urne tanzte. Zum Glück sehen Kinder die Tragik solcher Momente noch nicht».

Auch wenn die Stimme von Schenkel für immer verstummt ist. Was bleibt, sind seine Witze als Flip – und seine Lieder als Martin. Oder wie es Charles Lewinsky, Autor von «Fascht e Familie», in seinem Nachruf schreibt: «Wer früh stirbt, lebt länger».

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

05.07.2025 06:33

Jerk_Vomit

“Nil nisi bene…” 😉

0 1
05.07.2025 04:40

spalen

schenkel stand mit von dach auch bei fögi vor der kamera. ein super film mit dem brillanten schenkel in einer überraschenden rolle. er war wirklich sehr viel mehr als nur der flip! er fehlt bis heute

3 1

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.