McCarthy will Ermittlung für Amtsenthebungsverfahren gegen Biden
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McCarthy will Ermittlung für Amtsenthebungsverfahren gegen Biden

12.09.2023 21:04 - update 12.09.2023 21:06

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Die Republikaner rund um Kevin McCarthy stossen Ermittlungen zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen Biden an. Es geht dabei um Finanzgeschäfte der Biden-Familie. Die Erfolgschancen sind gering.

Die Republikaner im US-Repräsentantenhaus haben erste konkrete Schritte für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Joe Biden eingeleitet. Der republikanische Vorsitzende der Kongresskammer, Kevin McCarthy, verkündete am Dienstag, er habe Ermittlungen für ein Impeachment-Verfahren angeordnet.

Es gebe glaubhafte Anschuldigungen, dass Biden an illegalen Geschäften seines Sohnes Hunter beteiligt gewesen sei. Dazu seien genauere Nachforschungen nötig. Ob nach Ermittlungen tatsächlich ein Amtsenthebungsverfahren eröffnet werden könnte, ist offen. Nach aktuellem Stand haben die Republikaner ohnehin keine reelle Chance, Biden damit am Ende aus dem Amt zu drängen.

Untersuchungen gegen Finanzgeschäfte der Biden-Familie

Die Republikaner haben derzeit die Mehrheit im Repräsentantenhaus und treiben seit Monaten Untersuchungen rund um Finanzgeschäfte der Biden-Familie voran. «Es geht um Vorwürfe des Machtmissbrauchs, der Verschleierung und der Korruption und sie rechtfertigen weitere Ermittlungen», erklärte McCarthy. «Deshalb weise ich heute unseren Ausschuss des Hauses an, formelle Ermittlungen gegen Joe Biden zu einem Amtsenthebungsverfahren aufzunehmen.»

Der rechte Flügel der Partei hatte McCarthy seit längerem gedrängt, ein solches Prozedere anzustossen. Bisher hatte er erklärt, nur nach einem formalen Votum im Repräsentantenhaus Ermittlungen aufnehmen zu wollen. Dass McCarthy nun im Alleingang ohne vorherige Abstimmung Ermittlungen anordnete, stiess auf Kritik aus dem Weissen Haus. Ein Sprecher der Regierungszentrale erklärte, der Vorstoss zeige, dass McCarthy in seiner Partei keine Unterstützung für seine eigentlich geplante Abstimmung gefunden habe. «Extreme Politik der schlimmsten Sorte», kommentierte der Sprecher Ian Sams auf der Plattform X.

Mehrheit für Impeachment-Verfahren nötig

Um nach Ermittlungen am Ende tatsächlich ein Impeachment-Verfahren gegen Biden zu eröffnen, wäre eine Mehrheit im Repräsentantenhaus nötig. Die Republikaner haben zwar eine knappe Mehrheit und stellen 222 der 435 Parlamentarier. Doch die Fraktion ist extrem zersplittert und mehrere moderate Republikaner äusserten sich zuletzt kritisch zu einem solchen Vorstoss.

Selbst bei einem Erfolg im Repräsentantenhaus hätte über eine Amtsenthebung des Präsidenten danach die andere Kongresskammer, der Senat, zu entscheiden. Dort haben Bidens Demokraten eine knappe Mehrheit. Dass der Präsident am Ende schuldig gesprochen und des Amtes enthoben werden könnte, gilt daher bislang als ausgeschlossen.

McCarthy vermittelt zwischen Parteiflügeln

Seitdem McCarthy im Januar erst im 15. Wahlgang zum Vorsitzenden des Repräsentantenhauses gewählt wurde, muss er bei vielen Themen immer wieder Kompromisse zwischen den Flügeln seiner Partei verhandeln. Er steht unter grossem Druck. Einige Parteirechte drohen auch damit, anstehende Haushaltsabstimmungen zu sabotieren, was womöglich zu einem Stillstand der Regierungsgeschäfte führen könnte.

Der frühere US-Präsident Donald Trump fordert seine Parteikollegen seit Monaten auf, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Biden anzustossen. Ende August schrieb der Republikaner auf der Plattform Truth Social: «Entweder klagt ihr den Penner an oder ihr werdet in der Bedeutungslosigkeit verschwinden. Sie haben es uns auch angetan!»

Zwei Verfahren gegen Trump

Während Trumps Amtszeit hatten die Demokraten im Kongress gleich zwei Amtsenthebungsverfahren gegen ihn angestossen. Der Republikaner war der erste Präsident der US-Geschichte, der sich zwei solcher Impeachment-Verfahren im Senat stellen musste – eines wegen Vorwürfen des Machtmissbrauches, eines wegen des gewaltsamen Sturmes seiner Anhänger auf das US-Kapitol. Er wurde damals in beiden Fällen vom Senat freigesprochen, wo zu der Zeit seine Partei noch das Sagen hatte. Nun sind die Machtverhältnisse genau umgekehrt.

Inzwischen läuft ausserdem der Wahlkampf für die nächste Präsidentenwahl 2024, bei der Biden und Trump antreten wollen. Trump ist mitten im Wahlkampf mit vier Anklagen in Strafverfahren konfrontiert – zwei davon im Zusammenhang mit seinen Versuchen, den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 nachträglich umzukehren.

Vorwurf der politischen Rache

All das bringt den Republikanern den Vorwurf ein, es gehe ihnen allein um politische Rache. Es sei der Versuch, Biden nach aussen hin auf die gleiche moralische Stufe wie Trump zu stellen und ihn ebenfalls illegaler Machenschaften zu beschuldigen. Der oberste Demokrat im Repräsentantenhaus, Hakeem Jeffries, schrieb auf der Plattform X, die eingeleiteten Ermittlungen seien «illegitim» und verwerflich. «Es ist eine politische Rachetour, die jeder sachlichen oder verfassungsrechtlichen Grundlage entbehrt.»

Unklar ist ohnehin, wie sich ein mögliches langwieriges Amtsenthebungsverfahren auf die Wahlchancen der Republikaner im kommenden Jahr auswirken könnte. Als die Partei Ende der 1990er Jahre gegen den damaligen Präsidenten Bill Clinton wegen seiner Affäre mit Monica Lewinsky ein Impeachment-Verfahren ansetzte, empfanden das viele Wähler als ungerechtfertigt – und sie verhalfen dem Demokraten bei den Zwischenwahlen 1998 zu einem Überraschungssieg. (sda/fra)

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