#meCHtoo: Die neuen Stimmen der «Überlebenden»
©Bild: #meCHtoo
Sexualisierte Gewalt
Review

#meCHtoo: Die neuen Stimmen der «Überlebenden»

21.02.2023 12:28 - update 24.07.2023 09:53
Michael Kempf

Michael Kempf

Sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen: Im Podcast #meChtoo erzählen Betroffene von ihren Erlebnissen mit sexualisierter Gewalt.

Wut, Trauer, Unverständnis und Sprachlosigkeit: Das sind die Gefühle und Gedanken, die einem während des Hörens des Podcasts #meCHtoo durch den Kopf gehen. Dort sprechen 13 Frauen über ihre Schicksale und Erlebnisse zum Thema sexualisierte Gewalt.

Ob Jugendliebe, Cousin oder Zugkontrolleur, ob Kindsmissbrauch, Vergewaltigung oder Trauma-Verarbeitung, die Folgen könnten unterschiedlicher nicht sein. Und doch haben sie alle eine Gemeinsamkeit: die Scham und die Schwierigkeit, über das Erlebte zu reden.

Idee hinter dem Projekt

Die freie Journalistin Jeannine Borer (40) und die Unternehmerin Alexandra Bisaz (52) haben den Podcast ins Leben gerufen. Auf die Idee kamen sie in den Kommentaren eines Instagram-Beitrags von SP-Nationalrätin Tamara Funiciello, als diese sich kritisch über die «Nur Ja heisst Ja»-Ablehnung des Ständerats äusserte.

Via Social Media riefen sie Frauen dazu auf, ihre Geschichte im Rahmen des Podcasts zu erzählen. Daraus entstanden 13 Geschichten, die im September 2022 veröffentlicht wurden.

Warum ein «Nein» nicht ausreicht

Die Geschichten helfen Betroffenen dabei, zu erkennen, dass sie nicht alleine sind. Sie Geschichten helfen aber auch Unbeteiligten, das Thema sexualisierte Gewalt besser zu verstehen und auch den Grundsatz zu überdenken, warum es in gewissen Situationen nicht möglich ist, «Nein» zu sagen.

«Wie können Menschen, die noch nie einen solchen Übergriff erlebt haben, eine solche Entscheidung treffen dürfen?», sagte Jeannine Borer im Oktober 2022 gegenüber «20 Minuten». Damit bezog sie sich auf den Entscheid des Ständerats im Juni 2022, als dieser sich für die «Nein heisst Nein» Lösung aussprach. Der Nationalrat sprach sich wiederum für die «Nur Ja heisst Ja Lösung» aus.

Die Stimmen der Betroffenen

Die Besonderheit des Podcasts #meCHtoo sind die ehrlichen Stimmen der betroffenen Frauen. Selten hört man jemanden so offen über die eigenen Erlebnisse von sexualisierter Gewalt reden. Dabei ist genau dies so wichtig in der ganzen Thematik. Erst, wenn wir lernen, über Gewalt und Übergriffe zu sprechen, können diese auch benannt und verarbeitet werden.

Im Februar 2023 veröffentlichten die beiden Initiantinnen eine weitere Folge – gut fünf Monate nach der Veröffentlichung des Podcasts. Sie fragten bei den Frauen nach, wie sich ihre Situation seitdem verändert hat.

Was thematisiert wird, kann verändert werden

Wer schweigt, kann nichts verändern. Genau diesem Ansatz möchte der Podcast #meChtoo entgegenwirken. Über sexualisierte Gewalt soll gesprochen werden. Übergriffe müssen beim Namen genannt und Betroffenen soll Gehör geschenkt werden. Nur so kann sich das Denken in der Gesellschaft ändern.

Auf Ebene der Politik herrscht Uneinigkeit zwischen «Nein heisst Nein» und «Nur Ja heisst Ja» und über Themen wie sexualisierte Gewalt gegenüber Kindern oder auch Männern wird sogar noch weiniger diskutiert. Gerade deshalb leistet der Podcast #meCHtoo einen wichtigen Beitrag zur Debatte.

Betroffenen, bzw. Überlebenden von sexualisierter Gewalt – unabhängig davon, welchem Geschlecht zugehörig – soll zugehört werden. Aus dem Schatten der Scham zu treten erfordert Mut. Doch Mut fasst sich immer einfacher, wenn man nicht alleine ist.

Bist du selbst betroffen von sexualisierter Gewalt? Dann melde dich bei der Opferhilfe Basel.

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