
Mit 18 Jahren von Berlin nach Basel: Anton Kade im Interview
Rotblau
Rotblau wirft mit Anton Kade einen Blick auf seine Laufbahn, insbesondere auf seine Ankunft in Basel und das Team. Wir fragen ihn, wie seine Karriereplanung aussieht und was ihm an der Schweiz gefällt.
Rotblau: Wie geht es Ihnen?
Anton Kade: Sehr gut, ich habe im Cup ein bisschen einen Schlag abbekommen, den ich auskurieren musste, aber jetzt ist wieder alles gut.
Sie sind jetzt seit zwei Jahren in Basel. Haben sich Ihre Erwartungen bisher erfüllt?
Absolut erfüllt. Mein Berater (Anm. der Red.: Kade wird von Michael Ballack betreut) und ich hatten das Ziel, einen Club für mich zu finden, wo ich regelmässig spielen kann. Das habe ich geschafft und das soll auch weiterhin so bleiben.
Sie sind damit schon länger dabei als viele Teamkollegen.
Ich hoffe, dass wir die Mannschaft festigen können, weil wir das Ziel haben, wieder international zu spielen. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg.
Wie ist eigentlich der allererste Kontakt mit Basel entstanden?
Ich hatte als U19-Spieler bei Hertha einen Vertrag und gab bereits mein Debüt bei den Profis. Nach Gesprächen mit dem Verein stellte sich jedoch heraus, dass ich keine guten Chancen auf Spielzeit gehabt hätte. Für meinen Berater und mich war aber entscheidend, dass ich spielen kann.
Basel kannte meine Situation und wollte mich verpflichten. Eine Delegation ist extra nach Berlin gekommen, um uns ihren Plan mit mir vorzustellen. Die Entscheidung fiel mir deshalb leicht, zum FC Basel zu wechseln. Auch weil Basel eine coole Adresse ist.
Wer genau besuchte Sie in Berlin?
Das waren David Degen, Philipp Kaufmann und Max Legath. Und sie haben das echt cool gemacht, das muss ich sagen. Ich habe mich direkt wohl gefühlt.
Wer hatte eigentlich den Lead bei diesen Gesprächen?
Sie haben sich eigentlich gut aufgeteilt. Man merkte aber schon, dass Dave wohl das Zünglein an der Waage ist.
Was war Ihr erster Eindruck, als Sie gehört haben, dass gerade Basel angerufen hat?
Ich kannte den FC Basel aus der Champions League und mein Vater hat mir vom Verein erzählt. Diese «Internationalität» war natürlich auch ein Grund, warum ich hierher gekommen bin. Und Basel ist nach wie vor der grösste Verein in der Schweiz.
Das hat sich in letzter Zeit geändert.
Ich denke, von den Fans, dem Interesse und den Strukturen her sind wir immer noch der grösste Verein in der Schweiz. Natürlich zeigt die Tabelle vom letzten Jahr ein anderes Bild in Bezug auf die Leistung. Unser Ziel ist es, wieder an die Spitze zu gelangen und international zu spielen. Ich finde, wir sind auf einem guten Weg dorthin.
Nach den letzten Siegen und dem Shaqiri-Transfer entstand in Basel wieder etwas Euphorie. Sehen Sie da Gefahren?
Ich persönlich lese wenig Kommentare und bekomme nicht viel mit. Es ist schön, wenn die Fans wieder eine Euphorie entfachen. Innerhalb der Mannschaft schauen wir aber von Spiel zu Spiel und probieren einfach, unser Bestes zu geben.
In den letzten zwei Heimspielen war das Stadion ziemlich voll. Das bekommen Sie doch sicher mit?
Gegen Yverdon war ich wegen einer Lebensmittelvergiftung leider nicht dabei, aber ich habe das Spiel auf dem iPad geschaut und das sah schon richtig krass aus. Die Stimmung war unglaublich, das merkt man vor allem, wenn man ins Stadion einläuft.
Werden Sie dann auch ein wenig nervös?
Am Anfang bin ich immer nervös. Aber sobald das Spiel beginnt, blende ich das Stadion aus. Ich bekomme höchstens mal ein Klatschen oder ein Raunen mit.
Haben Sie denn ein bestimmtes Ritual vor einem Spiel?
Im Bus hören wir eigentlich alle Musik, und ich auch – meistens «gechillte» Musik.
Wie gefällt Ihnen Ihr Leben ausserhalb des Stadions?
Basel und die Schweiz haben mich wirklich überzeugt. Man kommt überall schnell hin, vor allem in der Stadt mit dem Tram. Ich habe bereits einige Lieblingsorte, wo ich mit Familie und Freunde Zeit verbringe. Diesen Sommer konnte ich auch das erste Mal im Rhein schwimmen.
Was machen Sie gerne neben dem Fussball?
Ich spiele richtig gerne und gut Tischtennis. Auch Minigolf spiele ich sehr gerne in der Grün 80. Da gehe ich regelmässig mit meinem Vater und meiner Freundin hin. Ab und zu gehe ich auch in die Stadt essen.
Wir erkunden aber auch gerne neue Städte wie Zürich oder Luzern. Für mich ist das etwas Besonderes, da ich nicht aus der Schweiz komme. Aber ich muss sagen, dass mir Basel sehr gut gefällt und ich deshalb gerne in der Stadt bin.
Wie fühlt es sich an, als junger Spieler alleine ins Ausland zu gehen?
Ich habe guten Kontakt zu meinen Freunden. Wenn ich Berlin bin und es bei allen passt, dann treffen wir uns. Zum Glück besuchen mich meine Eltern oft und meine Freundin kommt häufig vorbei.
Dennoch war es ein grosser Schritt, zum ersten Mal alleine zu leben, selbst zu kochen und zu putzen. Ich denke aber, dass ich mittlerweile alles gut hinbekomme dank der Unterstützung des Clubs und der Familie.
Wurden Sie von Ihrer Familie beim Transfer unterstützt?
Auch wenn es für meine Eltern sicher nicht leicht war, dass ihr Kind ins Ausland geht und alleine lebt, haben sie mich voll unterstützt. Sie helfen mir sehr, meinen Traum zu verwirklichen.
Wie wurden Sie seitens des FCB unterstützt?
Bashkim Selmani betreut jeweils die neuen Spieler und hat mir beispielsweise geholfen, eine Wohnung zu finden. Und auch für andere Dinge kann man immer auf Bashkim zählen. Mein Vater ist aber mit mir nach Basel gekommen und hat mich ebenfalls unterstützt.
War es schon immer Ihr Traum, Fussballprofi zu werden?
Ja, in gewisser Weise schon. Mit vier Jahren hatte ich mein erstes Training und wollte danach eigentlich nicht weitermachen (lacht). Aber durch meinen Bruder habe ich dann doch weitergemacht. Wir haben beide bei SF Kladow angefangen und sind später zu Hertha BSC gewechselt. Da habe ich gemerkt, dass ich eine Chance habe – und so wurde die Fussballkarriere zu meinem Traum.
Ab wann wurde der Traum zum Ziel?
Nachdem ich mit etwa 14 Jahren als Junior vom Kleinfeld auf das Grossfeld gewechselt habe, wurde es für mich das Ziel. Ab da fokussierte ich mich nur noch darauf, Fussballprofi zu werden.
Ich wollte dabei so weit wie möglich kommen. Deshalb gab es auch keine Zweifel – auch nicht in meinem Umfeld.
Haben Sie Idole, an denen Sie sich orientierten?
Früher habe ich Mohamed Salah bewundert. Irgendwann auch Marco Reus und Toni Kroos. Ich bewundere diese Spieler nicht nur für ihr spielerisches Können, sondern auch für ihre menschlichen Eigenschaften.
Sind Sie also wegen Mohamed Salah nach Basel gekommen?
(lacht) Das war ein schöner Aspekt. Ich muss aber nicht genau zu den Vereinen gehen, wo meine Idole gespielt haben. Es ist auf jeden Fall cool zu sehen, was er für eine Karriere gemacht hat. Das würde ich gerne nachahmen!
Haben Sie ihn denn schon einmal gesprochen oder getroffen?
Nein, noch nie. Da muss ich mal Shaqiri fragen (lacht).
Welche konkreten Ziele haben Sie denn für Ihre Karriere?
Mein persönliches Ziel ist es, mich weiter zu entwickeln und der beste Spieler zu werden, der ich sein kann.
Wo ich mich in fünf Jahren sehe? Eigentlich lebe ich im Hier und Jetzt. Wenn ich dann noch beim FC Basel bin, ist das doch super. Ich habe im Moment keinen Grund wegzugehen und solange es keinen gibt, werde ich gerne hier bleiben.
Es gibt also nicht einen bestimmten Verein, bei dem Sie gerne spielen würden?
Also, einen Traumverein habe ich definitiv: Liverpool ist für mich einfach unglaublich. Generell finde ich sowohl die Bundesliga als auch die Premier League sehr attraktiv. Aber wie gesagt, wenn ich in fünf Jahren immer noch bei Basel spiele, bin ich damit auch voll zufrieden.
Sie sind nicht nur für Basel, sondern auch für die Nationalmannschaft im Einsatz.
Das stimmt, ich wurde in der letzten Nationalmannschaftspause für die U20 von Deutschland aufgeboten. Wir haben zuerst gegen Rumänien gespielt und gewonnen. Bei diesem Spiel war ich zwischenzeitlich Kapitän – das erste Mal in meinem Leben. Anschliessend sind wir nach Italien geflogen und haben Italien 3:0 geschlagen. Da war ich mit einem Tor und einer Vorlage beteiligt.
Ich finde es besonders schön, mit gleichaltrigen Kollegen zu spielen. Man kennt sich halt von früher, als man miteinander oder gegeneinander gespielt hat. Auch das Trainerteam trägt dazu bei, dass es mir immer viel Spass in der Nationalmannschaft macht.
Welche Ihrer bisherigen Spiele fanden Sie richtig gut?
Ich finde eigentlich immer etwas im Spiel, das mich stört. Aber wenn man ein Tor schiesst, ist das immer ein Grund zur Freude. Es fällt mir gerade ein Spiel ein, nach welchem ich zu 100 Prozent glücklich war: Das Auswärtsspiel gegen Pyunik, in dem ich das 0:2 geschossen habe.
Gibt es noch ein anderes Spiel, das Ihnen immer in guter Erinnerung bleiben wird?
Die deutsche U19-Meisterschaft oder mein Debüt mit Hertha BSC gegen RB Leipzig werden mir lange in Erinnerung bleiben. Gegen Leipzig verloren wir zwar hoch, aber es war etwas Besonderes, im Olympiastadion einzulaufen.
Was war das grösste Hindernis, das Sie bisher überwinden mussten?
Ich hatte als Jugendlicher grosses Glück, dass mich mein Umfeld viel unterstützt hat. Meine grössten Hindernisse waren deshalb meine Verletzungen.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Dass ich verletzt nach Basel gekommen bin, war schon frustrierend, weil ich mich nicht gleich von Anfang an zeigen konnte. Die erste Verletzung war deshalb die schwierigste.
Mit der Zeit entwickelt man ein besseres Gefühl für den eigenen Körper. Man lernt auch, wie man Verletzungen besser vermeiden kann. Die Physios haben in Basel gute Arbeit geleistet, sodass ich jeweils schnell wieder auf den Platz konnte.
Neben den Verletzungen waren sicher die vielen Trainerwechsel auch nicht hilfreich?
Alex Frei und Heiko Vogel habe ich viel zu verdanken, sie haben mich in den Männerfussball gebracht. Es war für mich eine grosse Wertschätzung, dass sie mich verpflichten wollten, obwohl ich damals verletzt war.
Timo Schultz hat leider nicht wirklich auf mich gesetzt und mir das auch so mitgeteilt. Glücklicherweise setzt Fabio Celestini auf mich und ich versuche, das Vertrauen zurückzugeben, indem ich alles gebe.
Ich gebe zu, die Trainerwechsel sind schwierig für einen jungen Spieler wie mich. Die erfahrenen Spieler helfen uns aber unglaublich.
Wer hat Ihnen da besonders geholfen?
Besonders Spieler wie Fabian Frei, Michael Lang, Taulant Xhaka und Marwin Hitz helfen uns sehr. Sie können uns Tipps geben, weil sie schon lange dabei sind und ähnliche Situationen bereits in Ihrer Karriere erlebt haben. Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich mit solchen Spieler zusammen spielen durfte.
Wie haben Sie die Nachricht aufgenommen, dass Frei und Lang nicht mehr für den FCB spielen werden?
Wir waren sehr gute Freunde; ich vermisse sie. Ich war traurig, als ich die Videos gesehen habe. Aber ich weiss auch, dass das ein Stück weit das Geschäft ist.
War es für Sie also überraschend, dass es dazu gekommen ist?
Bei Freis Abschied war ich gerade mit der Nationalmannschaft unterwegs und habe die Instagram-App geöffnet. Dann sehe ich ein Video, wo Fabian Frei im Stadion sitzt… Das war schon emotional.
Hat sich Frei nie etwas anmerken lassen?
«Fabi» ist ein sehr positiver Mensch und sorgt immer für gute Stimmung. Natürlich habe ich auch gemerkt, dass er plötzlich weniger spielte und dass das einem Spieler mit seiner Qualität nicht gefallen kann.
Mit wem sind Sie sonst noch gut befreundet?
Mit Bradley Fink, Leon Avdullahu, Adrian Barisic und Finn van Breemen verstehe ich mich wirklich gut. Es gibt viele Spieler, mit denen ich Spass haben kann, und ich glaube, dass wir eine Mannschaft sind, in die man sich leicht integrieren kann. Für neue Spieler ist es wirklich einfach und auch für mich war die Integration problemlos.
Unternehmen Sie auch etwas, um neue Spieler zu integrieren?
Gelegentlich gibt es Mannschaftsabende. Ich denke, das Wichtigste ist eine gute Stimmung im Training und in der Kabine. Wir sind eine Mannschaft, die es neuen Spielern leicht macht, sich einzufügen.
Wie gehen Sie damit um, dass Ihre Freunde schlussendlich Konkurrenten sind?
Im Fussball gibt es eigentlich immer Konkurrenz; es gibt immer einen weiteren Spieler auf deiner Position. Deshalb musst du einfach versuchen, im Training und im Spiel immer dein Bestes zu geben. Dann ist dein Trainer zufrieden und du meistens auch.
In den letzten Monaten haben Sie die Position gewechselt. Ist diese neu für Sie?
In meiner Jugend habe ich eigentlich immer auf dem linken Flügel vorne gespielt.
In Basel habe ich zunächst ebenfalls offensiv gespielt, aber Fabio Celestini sieht halt meine Qualitäten auf der rechten «Schiene». Heiko Vogel hat mich manchmal auch dort eingesetzt, deshalb ist es nicht ganz neu für mich.
Weshalb haben Sie die Seiten gewechselt?
In der U19 habe ich meist links vorne gespielt, damit ich in die Mitte ziehen und mit rechts schiessen konnte. Jetzt spiele ich rechts über aussen und nutze meine Schnelligkeit, um gefährlich zu werden und Flanken zu schlagen. Der Trainer hat sich das sicher gut überlegt und ich bin damit einverstanden.
Spüren Sie, dass Sie mehr defensiv arbeiten müssen?
Ja, das merke ich auf jeden Fall. Ich muss noch daran arbeiten, diese Defensivarbeit im Kopf einzuschalten.
Ich spielte mein ganzes Leben offensiv, deswegen sieht es vielleicht manchmal ein bisschen komisch aus, wenn ich defensiv in die Zweikämpfe gehe. Wenn ich einen Zweikampf gewinne, freut mich das dafür umso mehr.
Die Position auf der rechten Aussenseite erfordert definitiv viel Laufarbeit. Es macht mir aber Spass, wenn ich der Mannschaft helfen kann.
Stimmt es, dass Sie die neuen Personen im Trainerstab auch sehr viel auf Disziplin schauen?
Neue Personen bringen immer neue Ideen mit. Die Trainings sind auf jeden Fall sehr anstrengend, was uns aber auch guttut. Neu ist beispielsweise auch, dass José Blesa (Anm. der Red.: Ernährungsberater beim FCB) beim Essen dabei ist und sehr genau schaut, was wir essen.
Was hat sich beim Essen geändert?
Es gibt beim Frühstück keine Butter und keinen Honig mehr. Ansonsten essen wir viel Reis, Fleisch und Gemüse.
Was würden Sie eigentlich machen, wenn Sie nicht Fussball spielten?
Ich glaube, ich wäre Polizist. Oder ich würde auch gerne etwas mit anderen Menschen machen. In der Schule oder im Kindergarten.
Nichts mit Fussball?
Als Spielerberater würde ich mich vielleicht auch sehen, das finde ich interessant. Aber Trainer irgendwie nicht. Da würde ich zu viel Druck verspüren.
Warum Polizist?
Ich glaube, ich sehe mich da einfach. Ich habe viele Freunde, die es auch werden wollten oder geworden sind. Das ist ganz cool.
Also sorgen Sie gerne für Ordnung in der Kabine?
Nein, das nicht, aber ich bin schon ein ordentlicher Mensch.
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